Hamburg. Die Covid-19-Fälle am Wochenende. Streit um Massentests in Pflegeheimen. Viele Freiwillige melden sich für Blutplasma-Studie.

Licht und Schatten bei der Verbreitung des neuartigen Coronavirus in Hamburg: Am Sonnabend sind 31 neue Fälle in der Hansestadt bestätigt worden, am Sonntag waren es 47 Fälle. Damit lag der Anstieg am Wochenende bei nur 0,8 Prozent, und der positive Trend hält trotz der Lockerungen im öffentlichen Leben an. Insgesamt sind nun 4636 Covid-19-Fälle in der Hansestadt bekannt – und mit 3200 Menschen nach Schätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) bereits mehr als zwei Drittel der Betroffenen inzwischen wieder genesen.

Die Zahl der Todesfälle steigt jedoch weiterhin schnell. Am Sonntag waren nach Untersuchungen des Instituts für Rechtsmedizin in Hamburg bereits 133 Personen direkt an den Folgen einer Covid-19-Infektion verstorben. Erst am Donnerstag war die Marke von 100 Todesopfern überschritten worden. Weiterhin sollen alle Betroffenen jedoch an Vorerkrankungen gelitten haben. Sowohl infolge erfolgreicher Behandlung als auch der Todesfälle ist die Zahl der im Krankenhaus behandelten Coronapatienten weiterhin rückläufig. Am Sonntag waren es noch 180 Menschen, 59 davon lagen auf einer Intensivstation.

Corona-Maskenpflicht tritt in Hamburg in Kraft

Um den Anstieg der Fallzahlen gering zu halten, tritt am heutigen Montag die neue Maskenpflicht in Hamburg in Kraft. Alle Menschen ab sieben Jahren müssen im Regelfall einen Mund-Nasen-Schutz im Einzelhandel, auf Wochenmärkten und im öffentlichen Nahverkehr tragen. Ausgenommen sind nur „Personen, die aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder einer Behinderung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können“.

Laut Innensenator Andy Grote (SPD) stehen vor allem Einzelhändler, aber auch die Verkehrsbetriebe in der Pflicht, auf die Einhaltung der Maskenpflicht zu achten. Die Polizei will zunächst bei Kontrollen „mit Augenmaß“ vorgehen. Einen Bußgeldkatalog für Verstöße gibt es nur für die Geschäftsinhaber: Ihnen droht laut Behörde ein Bußgeld von 500 bis 1000 Euro, wenn sie die Maskenpflicht nicht durchsetzen. Der Senator sagte, dass man die Umsetzung der Pflicht auch anhand von Überwachungsbildern aus Bahnhöfen und Zügen beobachten werde.

Ausbau der Kapazitäten bei Coronatests

Parallel treibt der Senat den Ausbau der Kapazitäten bei den Coronatests voran. Derzeit können laut Gesundheitsbehörde in Hamburg 7000 Menschen täglich auf den Erreger untersucht werden – doppelt so viel wie noch zu Beginn der Krise. Für Diskussionsstoff sorgen aber die geplanten Massentests in Pflege­heime. Nach Abendblatt-Informationen fürchten mehrere Heimbetreiber Probleme bei der Übernahme der Laborkosten.

Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hat den Pflege­heimen nur zugesichert, dass man die Kosten für die Organisation und den Abstrich übernehmen werde. Auf Anfrage erklärte die Behörde, dass die Kostenträgerschaft für die Laborkosten „noch nicht abschließend geklärt“ sei. Denkbar sei eine Übernahme durch Pflege- oder Krankenkassen. Die Krankenkassen sehen auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei symptomunabhängigen Tests in der Pflicht.

Behandlung von Pflegeheimbewohnern im Fokus

Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, weist diesen Vorstoß zurück. Den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland sagte er, die Krankenkassen seien keine „allgemeinen Infektionsschutzbehörden“, dies sei Ländersache. Die gemeinnützigen Träger von stationärer Pflege befürchten nun, dass sie in Vorleistung gehen müssten, was wiederum ihre Liquidität gefährdet. In Rede stehen Laborkosten von 150 Euro pro Test. Diese Zahl hält die Gesundheitsbehörde allerdings für deutlich überhöht.

Coronavirus: UKE-Pressekonferenz mit Prof. Dr. Marylyn Addo

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    Die Tests und Behandlung von Pflegeheimbewohnern steht besonders im Fokus, nachdem bereits in mehr als jedem fünften Hamburger Pflegeheim ein Covid-19-Fall bestätigt wurde – insgesamt sind mehr als 320 Bewohner betroffen. Das „ganze Augenmerk“ ihrer Behörde liege derzeit auf der Situation vor Ort, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) in der vergangenen Woche. Inzwischen sind auch 52 Soldaten der Bundeswehr als Helfer in den Pflegeeinrichtungen im Einsatz.

    Wissenschaftliches Vorhaben gegen das Coronavirus

    Hilfsbereitschaft zeigen unterdessen auch die Hamburger bei einem wissenschaftlichen Vorhaben gegen das Virus: Bereits mehr als 300 Menschen haben sich für eine Blutspende nach einer Covid-19-Erkrankung auf der Internetseite www.blutsgeschwister.net registriert, die das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) betreibt. Wie berichtet, will sich das UKE an einer klinischen Studie mit sogenanntem Rekonvaleszenten-Plasma beteiligen. Dabei geht es um die Frage, ob Blutplasma von Menschen, die Covid-19 durchgemacht und wohl eine Immunität gegen das neuartige Coronavirus entwickelt haben, zur Therapie bei schweren Verläufen der Lungenerkrankung eingesetzt werden könnte. Plasma ist ein Bestandteil unseres Blutes.

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      Das für die Genehmigung zuständige Paul-Ehrlich-Institut hat die geplante Untersuchung unter der Federführung des Deutschen Roten Kreuzes bereits erlaubt. Das UKE bittet die zu einer Spende bereiten Menschen um Verständnis, falls sie noch keine Rückmeldung erhalten haben. „Wir sind überwältigt von der Unterstützung der Hamburgerinnen und Hamburger, brauchen derzeit aufgrund der hohen Registrierungszahl jedoch ein wenig mehr Zeit, um uns bei allen melden zu können“, teilte das Klinikum auf Anfrage mit. Südkoreanische Ärzte hatten berichtet, dass sich zwei mit Blutplasma behandelte Covid-19-Patienten von ihren Lungenentzündungen erholt hätten. Es seien aber umfassende Tests nötig, um die Wirksamkeit zu beweisen, sagt Sven Peine, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin am UKE.

      Remdesivir-Bericht sorgte für Wirbel

      Bereits am UKE gestartet sind Therapiestudien mit dem gegen Ebola entwickelten Mittel Remdesivir und mit dem Mittel Hydroxychloroquin, das bisher gegen Malaria eingesetzt wird. Allerdings sorgte ein Bericht der Zeitung „Financial Times“ (FT) für Wirbel, wonach Remdesivir bei einer klinischen Studie in China durchgefallen sei. Die FT berief sich auf eine Zusammenfassung der Studie, die offenbar aus Versehen kurzzeitig auf der Website der Weltgesundheitsorganisation zu sehen war. Der Pharmakonzern Gilead Sciences, der Remdesivir entwickelt hatte, wies die Darstellung zurück.

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      Das UKE gehört zu einer Gruppe von weltweit etwa 50 Kliniken, die an etwa 2000 Patienten untersuchen will, ob Remdesivir gegen das neuartige Coronavirus wirkt. Diese Studie sei „in einem sehr frühen Stadium“, sagt die UKE-Infektiologin Marylyn Addo. Erst im Mai sei mit „ersten Ergebnissen“ zu rechnen.

      Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

      • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
      • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
      • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
      • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
      • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden