Hamburg. Infektiologin: Substanzen werden von Patienten „sehr gut vertragen“. Genesene können Blutplasma für künftige Studien spenden.

Seit ihrem Start in der vergangenen Woche sind die beiden ersten Studien mit zwei potenziellen Wirkstoffen gegen das neuartige Coronavirus am Uniklinikum Eppendorf (UKE) zufriedenstellend verlaufen. Das gegen Ebola entwickelte Mittel Remdesivir werde von damit behandelten Covid-19-Patienten „sehr gut vertragen“ und habe bisher „gute Ergebnisse“ gezeigt, so wie es sich bereits in anderen Studien angedeutet habe, sagte Prof. Marylyn Addo, Leiterin der Infektiologie am UKE, am Mittwoch. Der zweite erprobte Wirkstoff, das etwa gegen Malaria eingesetzte Mittel Hydroxychloroquin, erweise sich bisher als ähnlich gut verträglich. Auch hier sei ihr Team bisher „mit dem Behandlungslauf zufrieden“, sagte Addo.

Ob die beiden Substanzen wirklich gegen die Atemwegserkrankung Covid-19 helfen, werde sich aber frühestens in sechs bis acht Wochen genauer einschätzen lassen, weil dann die ersten Zwischenanalysen auch von anderen Forscherteams vorliegen könnten, sagte Addo­. Das UKE gehört zu einer Gruppe von weltweit etwa 50 Kliniken, die an insgesamt etwa 2000 Patienten untersuchen will, ob Remdesivir gegen das neuartige Coronavirus wirkt. Bei der Studie mit dem Malaria-Medikament Hydroxychloroquin arbeitet das UKE mit der Uniklinik Tübingen zusammen.

UKE plant Studie zu einem weiteren Therapieansatz bei Corona

Getestet werden die beiden potenziellen Wirkstoffe am UKE an stationär behandelten Covid-19-Patienten mit moderaten bis schweren Krankheitsverläufen. Zur Zahl der Studienteilnehmer wollte Addo keine Angaben machen. Womöglich könnten bald klinische Studien mit weiteren potenziellen Wirkstoffen beginnen, sagte die Infektiologin.

Wie die Universitätskliniken in Hannover und Münster plant auch das UKE eine Studie zu einem weiteren Therapieansatz. Dabei geht es um sogenanntes Rekonvaleszenten-Plasma, also einen Bestandteil des Blutes von Menschen, die Covid-19 durchgemacht haben und als geheilt gelten (siehe auch Seite 16). Vor Kurzem berichteten südkoreanische Ärzte, dass sich zwei mit solchem Blutplasma behandelte Covid-19-Patienten von ihren Lungenentzündungen erholt hätten. Es seien aber noch umfassende Tests nötig, um die Wirksamkeit zu beweisen, sagte Dr. Sven Peine, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin am UKE. Käme es in Deutschland zu einer prekären Versorgungslage, könnte Rekonvaleszenten-Plasma allerdings auch hierzulande kurzfristig in individuellen Heilversuchen eingesetzt werden.

Spender können sich registrieren lassen

Eher möglich sei ein zweites Szenario: Gelänge es, aus dem Blutplasma von Genesenen Antikörper und Immunzellen zu extrahieren und erwiesen sich diese in klinischen Studien als wirksam bei der Therapie, könnten diese Stoffe mittel- bis langfristig ein Teil der Behandlung von Covid-19 werden. Peine zufolge engagiert sich das UKE in zwei Konsortien, die über klinische Studien mit Rekonvaleszenten-Plasma nachdenken. Federführend sind das Deutsche Rote Kreuz und die Uniklinik Tübingen.

Coronavirus: UKE-Pressekonferenz mit Prof. Dr. Marylyn Addo

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    Wer Covid-19 überstanden hat und mit einer Blutplasma-Spende mögliche Studien am UKE unterstützen will, kann sich als Spender registrieren unter: www.blutsgeschwister.net. Eine Spende sei aber erst sinnvoll acht bis zwölf Wochen nach einer Covid-19-Erkrankung, sagte Sven Peine. Bei Bedarf werde sich das UKE dann bei den registrierten Freiwilligen melden.

    Tests sind nicht absolut verlässlich

    Antikörper stehen nicht nur als Therapieoption im Fokus der Forschung. Sie sollen auch zeigen, wie viele Menschen eine Coronainfektion schon unbemerkt überstanden haben. Wie die Lage diesbezüglich in Hamburg aussehen könnte, wollen UKE-Forscher von Mai an anhand von aktuellen Blutspenden in einer Studie mit zwei verschiedenen Antikörpertests untersuchen.

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      Für einzelne Bürger hätten Antikörpertests, wie sie von einigen Arztpraxen angeboten werden, keinen Nutzen, sagte Sven Peine. Denn ein Großteil der Hamburger sei bisher ohnehin wohl nicht infiziert. Zudem seien die Tests nicht absolut verlässlich: In zwei Prozent der Fälle komme fälschlicherweise ein positives Ergebnis heraus.

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      Die Lage am UKE beschrieb Marylyn Addo am Mittwoch als „stabil und kon­trolliert“. Derzeit behandelt das Klinikum 24 Covid-19-Erkrankte stationär, 26 liegen auf der Intensivstation. Von 140 Intensivbetten seien 30 frei. Es gebe derzeit genügend Beatmungsgeräte, sagte Prof. Stefan Kluge, Leiter der Klinik für Intensivmedizin. Er hält eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen in Hamburg ab Ende April für denkbar. Allerdings müsse man „langsam damit anfangen“.

      Unterdessen hat die Universität Hamburg einen Podcast gestartet, in dem es auch um Infektionsforschung geht. Nachzuhören unter: www.uni-hamburg.de/newsroom/podcast