Hamburg. Seit Montag sind die Schulen teilweise wieder geöffnet. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Schulstart.
Der letzte reguläre Schultag war in Hamburg der 28. Februar – in keinem anderen Bundesland dauert die coronabedingte Pause des gemeinsamen Unterrichts in Klassen- und Fachräumen so lang wie an Alster und Elbe. Nachdem bereits am Dienstag vergangener Woche die Abiturienten mit ihren schriftlichen Prüfungen begonnen haben, wurde die schrittweise Schulöffnung in Hamburg am Montag fortgesetzt. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Schulstart.
Wie viele Schüler aus welchen Klassenstufen starten am Montag?
Mit den Schülern der Abschlussklassen, also der Klassen 9, 10 und 13 der Stadtteilschulen sowie 10 und 12 des Gymnasiums geht es los. Allerdings geht es hier nicht um regulären Unterricht, sondern um die Vorbereitung auf die Prüfungen, Treffen von Tutorengruppen und letzte Absprachen für den Prüfungsablauf. Präsenzangebote in der Schule wird es nur in sehr begrenzter Form geben. Neben dem Abitur stehen auch der erste und der mittlere Schulabschluss an. Insgesamt sind rund 17.000 Schüler der Klassen 9 und 10 sowie gut 3600 Abiturienten an staatlichen und privaten Stadtteilschulen sowie 6900 Zehntklässler und 5800 Abiturienten an Gymnasien betroffen.
Wer folgt eine Woche später, am 4. Mai?
Mit den rund 16.000 Viertklässlern, 8100 Sechstklässlern des Gymnasiums, 6400 Schülern der elften Klasse und 4000 Schülern der zwölften Klasse der Stadtteilschulen kommen erstmals wieder größere Zahlen von Kindern und Jugendlichen in die Schulen. Allerdings sind es zeitgleich wegen des Infektionsschutzes immer nur kleine Teilgruppen.
Was ist mit den übrigen Schülern?
Noch nicht berücksichtigt sind die Erst-, Zweit- und Drittklässler sowie die Schüler der fünften, siebten und achten Klassen an Stadtteilschulen und Gymnasien sowie die Sechstklässler an Stadtteilschulen. Darüber, wann diese Schüler wieder zur Schule gehen sollen, beraten die Ministerpräsidentenkonferenz und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Das nächste Treffen ist am 30. April.
Wie werden die Lerngruppen aufgeteilt?
Um die Abstandsregeln (mindestens 1,5 Meter, auch in den Klassenräumen) einzuhalten, sollen die Klassen in Lerngruppen mit höchstens 15 Schülern aufgeteilt werden. In der Regel bedeutet das, dass auch in einer Klasse zwei Lerngruppen gebildet werden. Die Zusammensetzung der Gruppen soll unverändert bleiben, die Lehrer nach Möglichkeit beide Gruppen einer Klasse unterrichten. Zu keinem Zeitpunkt dürfen sich mehr als 25 Prozent der Schüler in der Schule aufhalten. Die Folge der Aufteilung: Die Schüler werden in „Schichten“, also zu unterschiedlichen Zeiten, unterrichtet.
Wie wird der „Schichtunterricht“ organisiert?
Die Schulbehörde schlägt vier Modelle vor, die Schulen entscheiden, welches für sie passend ist:
- wöchentlicher Wechsel (eine Woche Präsenzunterricht, eine Woche Fernunterricht)
- täglicher Wechsel (an jedem zweiten Tag Präsenzunterricht)
- Blocktage (montags und dienstags und jede zweite Woche mittwochs, bzw. spiegelbildlich)
- Vormittags- und Nachmittagsschicht
Welche Fächer werden in der Schule unterrichtet?
Die Schulen sollen den Präsenzunterricht schrittweise ausbauen. Dafür erstellen sie Stundenpläne, die vom 25. Mai an verbindlich sein sollen. Bei Aufteilung einer Klasse in zwei Lerngruppen sollen die Stundenpläne die Hälfte der regulären Unterrichtsstunden umfassen. In der Grundschule sollen mindestens je drei Wochenstunden Deutsch, Mathematik und Sachunterricht in der Schule gegeben werden. In den weiterführenden Schulen sind es mindestens je drei Wochenstunden Deutsch, Mathematik und Englisch. Die restlichen Stunden stehen für andere Fächer sowie Reflexion, dem Erteilen von Aufgaben und der Kontrolle des Fernunterrichts zur Verfügung.
Dürfen auch Lehrer, die Risikogruppen angehören, unterrichten?
Ja, sie können aber auf eigenen Wunsch durch ein ärztliches Attest oder eine plausible Begründung im Homeoffice bleiben. Ausgeschlossen vom Unterricht in der Schule sind erkrankte Lehrer, Rückkehrer aus dem Ausland und Lehrer in häuslicher Quarantäne.
Kann ein Lehrer sich weigern, in der Schule zu unterrichten?
„Die Angst vor einer eigenen Erkrankung oder persönliche Bedenken … können ein Fernbleiben vom Dienst nicht rechtfertigen“, heißt es in den „Durchführungshinweisen für die Prüfungen“ der Schulbehörde. Das gilt auch für den Präsenzunterricht.
Können Eltern sich aus Angst vor einer Ansteckung weigern, ihr Kind in die Schule zu schicken?
Eltern haben die Möglichkeit, ihr Kind von der Schule abzumelden, wenn sie eine ernsthafte und nachvollziehbare Gefahr sehen.
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Gibt es genug Lehrer und Räume, um den Unterricht in kleinen Gruppen stattfinden zu lassen?
Laut Schulbehörde ja: „Da nur ein Bruchteil der Schülerschaft in den Schulen sein wird, nämlich maximal 20 Prozent an den Grundschulen und maximal 45 Prozent an den weiterführenden Schulen, und davon wiederum nur die Hälfte zeitgleich, gehen wir davon aus, dass ausreichend Räume zur Verfügung stehen werden“, sagt Sprecher Peter Albrecht. Die Anzahl der vor allem ab dem 4. Mai zur Verfügung stehenden Lehrkräfte lasse sich aktuell zwar noch nicht sicher prognostizieren, die Behörde gehe aber von einer ausreichenden Anzahl aus. Zurzeit seien nur sehr wenige Lehrkräfte an Covid-19 erkrankt oder infiziert, so Albrecht, auch der Anteil der Lehrer über 60 Jahre sei gering.
Wie soll der Infektionsschutz während des Unterrichts eingehalten werden?
Die Tische werden so angeordnet, dass zwischen allen Schülern ein Abstand von mindestens 1,5 Metern gewährleistet wird. Jeder Schüler soll immer nur an einem Platz sitzen. Ein Raum kann nacheinander von zwei Lerngruppen genutzt werden, wenn dazwischen alle Tische und „Handkontaktflächen“ gereinigt werden. Zudem muss regelmäßig – mindestens in jeder Pause – gelüftet werden. Die Lehrer sollen darauf achten, dass Schüler keine Bücher oder Stifte teilen. Und es gibt keine Gruppenarbeit mehr.
Ist es ein Problem, dass parallel noch das schriftliche Abitur stattfindet?
„Die Überlappung mit den Abiturprüfungen betrifft ja nur die drei Tage zwischen dem 4. und 6. Mai mit den Fächern Philosophie, Mathematik und am 6.5. diverse Kleinstfächer“, sagt Behördensprecher Albrecht. „Außerdem haben die Schulen ausreichend Flexibilität in der Schaffung der neuen Unterrichtsangebote bekommen, sodass wir von keinen erheblichen Problemen ausgehen.“
Wie soll gewährleistet werden, dass die Schüler beim Ankommen und Verlassen der Schule und in den Pausen nicht in großen Gruppen zusammen sind?
Wenn möglich, sollen immer nur die Schüler einer Lerngruppe gemeinsam in die Pause gehen. Ansonsten sollte das Schulgelände in entsprechende Areale für jeweils eine Gruppe eingeteilt werden. Die Schulen sind aufgefordert, darauf zu achten, dass nicht alle Schüler gleichzeitig über die Flure in die Klassen gelangen, dafür können beispielsweise Markierungen auf dem Boden angebracht werden. „Die Schulen müssen hier in Abhängigkeit von den räumlichen Gegebenheiten vor Ort gute Lösungen finden“, sagt Albrecht. Zudem soll durch „Aufsichtsmaßnahmen“ darauf geachtet werden, dass Schüler an den schulnahen Bushaltestellen den Abstand einhalten.
Welche Hygieneregeln müssen die Schüler noch einhalten – und was passiert, wenn sie dagegen verstoßen?
Die wichtigste Regel lautet: Wer krank ist, bleibt zu Hause. Die zweitwichtigste: Alle Personen müssen zu jeder Zeit den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Jeder ist angehalten, die Husten- und Niesetikette einzuhalten, sich nicht mit den Händen ins Gesicht zu fassen und keine Türklinken anzufassen, sondern besser den Ellenbogen zu benutzen. Hat man doch etwas angefasst, sich die Nase geputzt oder war auf Toilette, müssen die Hände 20 bis 30 Sekunden mit Seife gewaschen werden. Zudem darf, je nach Größe des Raumes, jeweils nur eine bestimmte Anzahl von Schülern gleichzeitig auf Toilette. Hält sich ein Schüler nicht an diese Regeln, gibt es laut Schulbehörde erst einmal ein „ermahnendes Gespräch“. „Wir sehen zunächst von Sanktionen ab und werden das Verhalten der Schüler im Blick haben“, sagt Behördensprecher Albrecht.
Müssen Schüler und Lehrer einen Mundschutz tragen?
Es wird empfohlen, beispielsweise in den Pausen einen Mundschutz zu tragen, es besteht aber keine Pflicht. Im Unterricht sei das Tragen laut Behörde nicht erforderlich, da in den Klassenräumen der Sicherheitsabstand gewährleistet werde.
Wird weiter Mittagessen angeboten?
Kantinen können genutzt werden, wenn bei der Ausgabe sowie beim Essen die Abstandsregel eingehalten und die Essenszeiten entzerrt werden können.
Wie und wie oft werden Klassenräume und Toiletten gereinigt?
Die Klassenräume werden täglich, die Toiletten zweimal täglich gereinigt. Zudem werden mindestens täglich alle „Kontaktflächen“ wie Türklinken, Treppengeländer und Lichtschalter sauber gemacht. In den Toiletten muss sichergestellt werden, dass es ausreichend Seife und Einmalhandtücher gibt.
Welche Kritik gibt es an den Plänen?
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hamburg hält den Ansatz, bestimmte Klassenstufen zuerst in die Schulen zu holen, für falsch. „Jetzt muss die Stunde der Pädagogik sein!“, sagt die Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze. „Die Schulen wissen am besten, welche Schüler Präsenzunterricht derzeit am dringendsten brauchen. Zuerst sollten diejenigen Schüler in die Schule kommen, die in den letzten Wochen Schwierigkeiten beim Lernen hatten. Das wäre jetzt geboten, damit die soziale Schere nicht weiter auseinandergeht.“
Weiterhin fordert die GEW, jeden Präsenzunterricht an den allgemeinbildenden Schulen bis zum Ende der Abiturprüfungen auszusetzen, da die Schulen nicht genug Zeit hätten, um den Hygieneplan der Behörde umzusetzen. Zudem müsse die Behörde allen Schülern Gesichtsmasken zur Verfügung stellen: „Die Räume sind vielfach zu klein für die vorgeschlagene Gruppengröße, die Abstandsregeln können nicht eingehalten werden“, sagt Bensinger-Stolze. „Wenn die Schulöffnung am 4. Mai in der geplanten Form kommt, wird grob fahrlässig mit der Gesundheit von Schülern und Beschäftigten gespielt.“
Auch die Elternkammer spricht sich dafür aus, Schüler aus schwierigen Verhältnissen zuerst wieder in die Schulen zu holen. Zudem hätten die Eltern vor allem der Grundschüler Bedenken. „Wir glauben nicht, dass Grundschüler die Abstandsregeln wirklich einhalten werden“, sagt der Vorsitzende Marc Keynejad.