Hamburg. Hinweise auf deutlich höhere Durchseuchung. Bislang wurde vor allem medizinisches Personal untersucht. Das UKE erprobt eine Therapie.

Das neuartige Coronavirus könnte sich bereits deutlich stärker in Hamburg verbreitet haben als bislang bekannt – das geht aus Ergebnissen einer der ersten Antikörper-Testreihen hervor, die dem Abendblatt vorliegen. In dem Labor Dr. Fenner und Kollegen in der Altstadt wurden Blutseren von rund 2000 Menschen untersucht und eine „Durchseuchung“ von mindestens 4,7 Prozent festgestellt.

Nach diesen nicht repräsentativen Daten hätten sich bereits 23-mal so viele Hamburger wie bislang bekannt mit dem Coronavirus infiziert. Denn laut dem Senat liegt der Anteil der infizierten Menschen an der Gesamtbevölkerung mit 4347 bestätigen Fällen bei etwa 0,2 Prozent. Inzwischen haben laut Dr. Fenner und Kollegen alle Hamburger die Möglichkeit, ihr Blut auf Antikörper untersuchen zu lassen.

Wie aussagekräftig ist die Corona-Studie?

Der Facharzt Prof. Dr. Jörg Steinmann aus dem Labor an der Bergstraße sagte, dass es sich nicht um repräsentative Daten handele, aber die Ergebnisse auf eine große Zahl unentdeckter Infektionen hindeuteten. Bislang seien in der Mehrzahl die Blutseren von Mitarbeitern in von der Pandemie stark gefährdeten Berufsgruppen getestet worden, etwa Personal aus Arztpraxen.

„Die tatsächliche Durchseuchung in der Bevölkerung dürfte geringer sein“, sagte Steinmann. Erst sechs Wochen nach einer Covid-19-Infektion ließen sich die gesuchten Antikörper andererseits mit Sicherheit nachweisen. Die tatsächliche Durchseuchung in der untersuchten Gruppe dürfte deshalb höher liegen als 4,7 Prozent.

So kommen Sie an Antikörper-Tests

Mehrere weitere Labore messen Antikörper gegen Sars-CoV-2. Das UKE erprobt, sie auch zur Therapie einzusetzen. Nach Angaben des Labors Dr. Fenner und Kollegen sollten sich Hamburger, die ihr Blut untersuchen lassen wollten, an ihre Hausarztpraxis wenden. „Wenn dort eine Indikation – also etwa eine Erkrankung mit Symptomen oder Kontakt zu bestätigten Infizierten – bejaht wird, ist die Untersuchung für den Patienten kostenfrei“.

Andernfalls müssten die Kosten von etwa 15 Euro selbst getragen werden. Wichtig sei, dass die Antikörpertests überstandene Infektionen nachweisen – und sich möglicherweise akut Infizierte an den Arztruf 116117 wenden sollen.

Die Laborärzte gehen davon aus, dass sie bald belastbarere Aussagen treffen können. International zeigte zuletzt bereits etwa eine Studie der Universität Stanford, dass die Infektionszahlen im US-Bundesstaat Kalifornien bis zu 50-mal höher liegen als zuvor vermutet.

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UKE startet Testreihe zu Antikörpern

Die Nutzung von Antikörpern gilt als hoffnungsvoller Ansatz, um die Coronapandemie besser erfassen und möglicherweise auch besser behandeln zu können. Nach Abendblatt-Informationen sind die ersten Erfahrungen des UKE mit zwei entsprechenden Testverfahren positiv. In dieser Woche will das Universitätsklinikum einen Zwischenstand zu seiner Testreihe geben. Bislang wurden mit den Verfahren ältere Blutkonserven analysiert. In einem nächsten Schritt sollen ab Mai auch Tests an dem Blut von eingetragenen Blutspendern erfolgen.

Bundesweit laufen Testreihen, um die tatsächliche „Durchseuchung“ der Bevölkerung mit dem neuartigen Coronavirus näher zu ergründen. Auch in Hamburg sind mehrere Labore in die Analyse eingestiegen. Vermehrt stellt das Labor Dr. Fenner und Kollegen in der Neustadt fest, dass Unternehmen auf ihre Kosten Mitarbeiter auf Antikörper testen zu lassen – um anhand der Ergebnisse etwa besser abschätzen zu können, welche und wie viele Mitarbeiter in den Firmenräumen vor Ort zusammenarbeiten können, ohne ein Infektionsrisiko darzustellen.

Elementar wichtig ist laut dem Laborzentrum Dr. Fenner und Kollegen, dass die Antikörpertests nicht von Menschen in Anspruch genommen werden, die möglicherweise akut an Covid-19 erkrankt sind. In diesen Verdachtsfällen sollten sich Betroffene unbedingt an den Arztruf 116 117 oder zunächst telefonisch an ihren Hausarzt wenden.

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden