Hamburg. Krematorium stellt Betrieb ein, Verstorbene werden nur in Öjendorf angenommen, die meisten Leichen in die Gerichtsmedizin gebracht.

Hamburgs Hochzeiten ohne Publikum, Taufen, abgesagte Konfirmationen – und Hamburgs Friedhöfe im Stresstest: Die Pandemie setzt private Pläne außer Kraft und verändert die Bestattungskultur. Die Friedhöfe bereiten sich auf den Pandemie-Ernstfall vor: Sie aktivieren nach Abendblatt-Informationen die Kapazitäten auf dem Öjendorfer Friedhof, der für Katastrophenfälle und eine Vielzahl von Leichen gerüstet ist.

Das Krematorium auf dem Ohlsdorfer Friedhof stellt ab Mittwoch seinen Betrieb ein. Die Verstorbenen werden nur noch auf dem Öjendorfer Friedhof angenommen. „Die Aufnahme von Verstorbenen auf dem Öjendorfer Friedhof ist seit der Sturmflut von 1962 auf Katastrophenfälle vorbereitet, die Aufbewahrung von Verstorbenen in großer Zahl kann dort gewährleistet werden“, sagte Lutz Rehkopf, Sprecher der Hamburger Friedhöfe, am Dienstag dem Abendblatt. Wer im Krematorium Ohlsdorf und der dortigen Verstorbenenhalle arbeitet, wird in Reserve gehalten und bleibt ohne weiteren Verdacht auf Co­rona zu Hause. Die Mitarbeiter werden dann eingesetzt, sollten sich Erkrankungsfälle im aktiven Team zeigen.

Trauerfeiern sind vorerst ausgesetzt

Bestattungsunternehmer berichten unterdessen, dass der Ärztliche Notdienst keine Totenscheine mehr ausstellt, wenn ein Mensch im Heim oder zu Hause verstorben ist. Die Leichen würden erst einmal zur Feststellung der Todesursache in die Gerichtsmedizin gebracht. Wie der Rahlstedter Bestatter Lars Schmidt-Peil berichtet, werde versucht, für die Mitarbeiter von Bestattungsfirmen hygienische Artikel wie Mundschutz und Desinfektionsmittel zu bekommen.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland hat unterdessen entschieden, dass kirchliche Bestattungen bis auf Weiteres nur noch unter freiem Himmel am Grab und im engsten Familienkreis stattfinden dürfen. Trauerfeiern in geschlossenen Räumen wie Kirchen, Kapellen oder Trauerhallen sind vorerst ausgesetzt. Das gelte für Urnen- und Erdbestattungen. Zum Schutz der Hinterbliebenen werden Trauergespräche möglichst per Telefon oder auf digitalen Wegen geführt. „Die derzeitige Situation ist gerade für Trauernde sehr schmerzhaft“, sagte Stefan Döbler, Sprecher der Nordkirche. Am Dienstag hat die evangelische Kirche auch alle Konfirmationen bis auf Weiteres abgesagt.

Taufen und Hochzeiten werden verschoben

Darüber hinaus werden Feiern wie Taufen, Hochzeiten und Konfirmationen verschoben. Im Standesamt Altona finden zwar nach wie vor Trauungen statt. „Das Paar kommt allerdings allein. Es gibt keine Gäste, keine Trauzeugen und keine Fotografen“, sagte Martin Roehl, Sprecher des Bezirksamtes Altona.

Friedhofssprecher Lutz Rehkopf: Die Hamburger Bestattungskultur steht vor einer enormen Herausforderung.
Friedhofssprecher Lutz Rehkopf: Die Hamburger Bestattungskultur steht vor einer enormen Herausforderung. © Andreas Laible | Andreas Laible

Im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein beginnt die Hochzeitssaison im Mai. Wie Sprecherin Monika Rulfs sagt, hätten Paare von sich aus die Trauung in einer der Hochzeitskirchen storniert – „aus Rücksicht auf Ältere oder Gefährdete und weil sie sich nicht vorstellen können, in so einer Situation fröhlich feiern zu können“. Außerdem seien die Restaurants nicht mehr verfügbar. Im Zollenspieker Fährhaus wurden nach Angaben von Geschäftsführerin Karoline Pospiech bis Mitte April rund zehn private Veranstaltungen abgesagt, das seien vor allem Hochzeiten. Dennoch hat das Restaurant, den gegenwärtigen Regelungen entsprechend, geöffnet – und zwar bis 18 Uhr.

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Beim „Bauernhaus am Volkspark“, das viele Hochzeiten und Konfirma­tionen veranstaltet, wurden bislang noch keine Veranstaltungen abgesagt. „Wir haben aber viele Anfragen von Brautpaaren, die beunruhigt sind, ob ihre Hochzeit im Mai oder Juni stattfinden kann. Aber das können wir ja noch nicht sagen“, betont Jannik Wächter vom „Bauernhaus am Volkspark“.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen