Hamburg. Nach Absage des Volksfestes fehlen Einnahmen. Reserven haben viele zum Saisonstart nicht. Auch Hafengeburtstag fällt aus.

Selbst wenn alles normal liefe, würde es für viele Schausteller wohl so langsam eng werden. Die meisten haben ihre letzten Einnahmen im Dezember auf dem Weihnachtsmarkt gemacht und so kalkuliert, dass sie bis zum Frühlingsdom damit auskommen.

Aber derzeit läuft leider nichts mehr normal. Wie nahezu alle anderen Veranstaltungen auch, fällt der Frühlingsdom in diesem Jahr wegen Corona aus. Für die meisten Hamburger Bürgerinnen und Bürger mag es vielleicht nicht das dringlichste Problem sein, dass sie in den kommenden Wochen kein Karussell fahren und kein frisches Schmalzgebäck essen können. Für viele der etwa 2000 Menschen aber, die auf dem Dom arbeiten, ist die Situation existenzbedrohend. Für einige traditionsreiche Schaustellerfamilien steht außerdem eine oft jahrzehntelange Familientradition auf dem Spiel.

Betroffen sind auch Symon und Jenny Veldkamp, die im Familienbetrieb den Süßwarenstand „Rasch’s Zuckerhütte“ gegenüber vom Riesenrad auf dem Dom betreiben. 20 weiteren Mitgliedern ihrer Familie geht es ebenso: Onkel Jerome­ vom Kinderkarussell, Cousine Tanja vom Laufhaus „Happy Family“, Onkel Dieter schräg gegenüber am Nüsse-Stand ...

„Wie in jedem Jahr haben wir die Zeit seit Januar in unserem Winterquartier nahe Bremen verbracht. Und jetzt sollte es eigentlich losgehen“, erzählt Symon Veldkamp. „Die Nachricht, dass der Dom ausfällt, hat uns und alle anderen Schausteller hart getroffen. Seit Wochen schon haben wir keine Einnahmen mehr, wobei die Mietkosten und andere laufende Posten wie Strom, Wasser und Versicherungen ja weiterbezahlt werden müssen.“

Das sei normalerweise auch kein Problem, da alle so kalkulieren, dass man bis Ende März hinkommt. „Der Frühlingsdom markiert traditionell den Start ins neue Geschäftsjahr, und viele sind zu dem Zeitpunkt dringend auf neues Einkommen angewiesen.“

Viele hatten auch einen Stand auf dem Hafengeburtstag

Auch der Schaustellerverband Hamburg ist in Sorge: „Für die Schausteller geht es nicht um Umsatzeinbußen, sondern um einen Totalausfall“, so Vizepräsident Christian Müller. Der Verband habe bereits einen Handlungskatalog mit möglichen Maßnahmen an die Schausteller verschickt, mit denen die nächsten Wochen etwas erleichtert werden könnten.

Fahrgeschäfte und Buden stehen in Lagerhallen.
Fahrgeschäfte und Buden stehen in Lagerhallen. © Schaustellerverband Hamburg | Schaustellerverband Hamburg

„Da geht es zum Beispiel darum, dass Vorauszahlungen an das Finanzamt und Krankenkassenbeiträge gesenkt oder auf null gesetzt werden, dass Handelskammer-Beiträge reduziert werden oder, wenn es nicht anders geht, Sozialleistungen beantragt werden müssen.“ Gerade die Schausteller, die in der jüngeren Vergangenheit Investitionen getätigt hätten, würden jetzt vor einer existenzbedrohenden Situation stehen.

Schausteller sind alle selbstständig

Dass nun auch der Hafengeburtstag abgesagt wurde, bereite vielen besonders große Sorgen, da dieser ja noch Wochen hin ist. „Wir müssen offenbar damit rechnen, dass diese Situation noch langer anhält“, so Müller weiter. Symon Veldkamp ist zwar nicht vom Ausfall des Hafenfestes betroffen, dafür aber seine Eltern mit ihrem Stand und schätzungsweise 75 Prozent aller Frühlingsdom-Schausteller. Veldkamp, der vergangenes Jahr zum vierten Mal Vater geworden ist, betont: „Es ist nicht so, dass wir die Maßnahmen nicht verstehen könnten. Im Gegenteil. Es ist richtig und wichtig, dass jetzt konsequent gehandelt wird.“

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

Die Schausteller seien jedoch in besonderem Maße von der nahezu kompletten Einstellung des öffentlichen Lebens betroffen. „Wir Schausteller sind ja alle selbstständig. Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Homeoffice greifen bei uns nicht“, so Veldkamp. Klar sei: „Für viele Schausteller kann die Situation existenzbedrohend werden.“

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Die Veldkamps, die seit Generationen in der Branche tätig sind, hätten einen derart harten Einschnitt in all den Jahrzehnten noch nie erlebt. Symon Veldkamp glaubt: „Ohne Unterstützung werden es viele nicht schaffen. Wenn die Ausnahmeregelung noch länger gilt, werden wir auf finanzielle Hilfen vom Staat angewiesen sein, damit wir irgendwie über die Runden kommen.“ Einen großen Vorteil gebe es aber immerhin in der Schaustellerbranche: „Wir sind wie eine große Familie, halten zusammen und helfen uns, wo es geht.“