Hamburg. Hamburger Kassenärzte kommen an ihre Grenzen: Der Arztruf ist überlastet, der Vorrat an Mundschutz, Brillen, Handschuhen geht zu Ende.
Mit einem eindringlichen Appell, den "Arztruf Hamburg" mit der Telefonnummer 116117 nur in medizinisch begründeten Fällen zu kontaktieren, hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) am Dienstag an die Bevölkerung der Hansestadt gewandt. Aufgrund der Corona-Krise ist die Rufnummer seit Tagen überlastet. "Wir erhielten in den vergangenen Tagen bis zu 20.000 Anrufe am Tag, das ist 25 mal so viel wie in normalen Zeiten", sagt der KVH-Vorsitzender Walter Plassmann. Nach seinen Schätzungen sind das 4000 bis 4500 Anrufer am Tag.
Ein großer Teil der Anrufenden sei symptomfrei und gehöre damit nicht in die KV-Versorgung. Plassmann: "Die Nummer 116117 ist denjenigen vorbehalten, die aus einem Risikogebiet kommen oder Kontakt mit einem nachweislich positiv getesteten Menschen hatten und Erkältungssymptome aufweisen."
Schutzausrüstung weltweit eingekauft, Lieferung ist fraglich
"Wir schaffen derzeit täglich 1000 Anrufer zu bearbeiten", so Plassmann weiter. Dabei wären die Hälfte eine medizinische Beratung am Telefon, die andere Hälfte seien Hausbesuche. In der Spitze seien 20 Rettungswagen im Einsatz. "Wir sind dabei, unsere Kapazitäten auszubauen."
Ein großes Problem seien Engpässe bei der Schutzausrüstung wie Mundschutz, Brillen, Kittel und Handschuhe für Ärzte und Arzthelfer: "Die Schutzausrüstung reicht noch bis zum Wochenende, falls keine nachgeliefert wird." Zwar habe man weltweit Bestellungen aufgegeben "fraglich ist, wann die bestellten Artikel geliefert werden", so Plassmann weiter. Das liegt auch daran, dass Flugzeuge nur begrenzt landen dürften.
"Wenn die Schutzausrüstung ausgeht, sind wir am Ende." Bereits vor Wochen hätte ihnen die Bundesregierung versprochen zu helfen, bisher jedoch ohne Ergebnis. "Wir fühlen uns mit diesem Problem allein gelassen."
Die KV Hamburg baue ihre Kapazitäten nahezu täglich aus, aber nur wenn sich die Anrufer auf diesen Personenkreis beschränken, sei die Herausforderung zu bewältigen. Zudem, so Plassmann weiter, gebe es auch nach wie vor eine hohe Zahl von Patienten, die wegen anderer Beschwerden oder chronischer Erkrankungen über den "Arztruf" versorgt werden müssten: "Auch deren Versorgung wird gefährdet, wenn die 116117 unberechtigterweise in Anspruch genommen wird."
Labore erreichen ihre Kapazitätsgrenzen
Plassmann verwies die übrigen Personen auf die von der Behörde nun angebotenen weiteren Testeinrichtungen. Menschen, die nicht aus einem Risikogebiet gekommen sind, keinen Kontakt zu einem positiv getesteten Menschen hatten und symptomfrei sind, sollten überhaupt keine Testung in Anspruch nehmen: "Wir erreichen die Kapazitätsgrenze unserer Labore." Hamburg habe eins der besten Gesundheitssysteme in Deutschland, aber auch das kann man überfordern.
So verhalten Sie sich richtig:
- 1. Patienten, die aus einem Risikogebiet kommen oder Kontakt hatten mit einem positiv auf das Corona-Virus getesteten Menschen und bei denen Erkältungs-Symptome aufgetreten sind, kontaktieren telefonisch den Hausarzt oder den Arztruf Hamburg (116117). Alles Weitere wird von dort veranlasst. Unter keinen Umständen soll eine Praxis, eine Notfallpraxis oder ein Krankenhaus aufgesucht werden.
- 2. Personen, die keine Erkältungs-Symptome aufweisen, sich aber testen lassen möchten, können sich in von Testzentren testen lassen, welche die BGV an sieben Hamburger Krankenhäusern einrichten werden.
- 3. Menschen, die sich allgemein über Corona informieren möchten, können sich über die Website der BGV informieren sowie über die BGV-Hotline 040/428 284 000.
"Das ambulante Versorgungssystem muss geschützt werden", sagt Dr. Dirk Heinrich, HNO-Arzt aus Hamburg-Horn und Vorsitzender der Vertreterversammlung der KVH. Er appelliert an alle Hamburger, in weniger dringenden Fällen wie beispielsweise Hautausschlag nicht sofort eine Arztpraxis aufzusuchen und sich selbst zu hinterfragen. Er selbst trenne die Patienten mit Erkältungssymptomen von den anderen zeitlich.
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