Hamburg. Es begann mit einem Urlaub im Corona-Risikogebiet – und endete als Familien-Quarantäne. Ein Redaktionsmitglied berichtet.
Noch am Sonntag schien das Coronavirus weit weg zu sein. Ja, ich war erst tags zuvor aus einem sogenannten Risikogebiet zurückgekehrt, das wiederum erst einen Tag zuvor vom Robert-Koch-Institut dazu erklärt worden war. Aber hätte ich meinen Urlaub nur drei Kilometer weiter nördlich verbracht, in einem Covid-19-sicheren Drittland, ich wäre nie zum Corona-Zeugen geworden. Überhaupt fühlte ich mich, wie man sich nach einem schönen Aktivurlaub eben fühlt: prächtig und bestens erholt.
Zur Sicherheit wähle ich die 116117, den Arztruf der Kassenärztlichen Vereinigung. Dort höre ich, was ich hören will: ob ich irgendwelche Symptome wie Husten, Schnupfen, Halsschmerzen oder Fieber hätte. Nein? Dann könne ich eigentlich ganz beruhigt sein, für einen Test gebe es keinen Anlass.
Coronavirus? Redaktion verordnet Homeoffice
Aber dann kommt das Virus näher. Die Redaktion ruft an, ich sitze gerade mit einer Kollegin beim Kaffee: Meine Anwesenheit sei erst einmal unerwünscht, ich möge mir für die nächsten 14 Tage doch bitte ein Homeoffice einrichten. Die notwendige Technik werde bereitgestellt, ein zusätzlicher Monitor nach Hause geliefert. Wenig später bekommt auch die Kollegin einen besorgten Anruf: Die Redaktion will wissen, wie nahe sie mir gekommen sei.
Jetzt beginne ich mich wirklich schlecht zu fühlen.
Als dann noch am Montag sämtliche Gastronomiebetriebe schließen müssen, in denen ich mich vorgestern noch aufgehalten habe, kommen die ersten Zweifel: Was, wenn es mich doch erwischt hat? Und ist da nicht auch schon ein leichtes Kratzen im Hals zu spüren?
So verbreitet sich das Coronavirus aktuell in Deutschland
Arbeiten als Aussätziger
Am Nachmittag beginnt meine erste Schicht als Telearbeiter. Die Technik funktioniert (jedenfalls nicht schlechter als im Büro), was fehlt, ist der persönliche Kontakt. Was die anderen wohl gerade so über mich reden? Am Abend kommt der erste Spruch im Chat: Du sitzt doch sowieso gerade gemütlich auf deinem Sofa, Smiley, hö, hö! Ich frage mich, weshalb ich plötzlich niesen muss.
Am nächsten Tag melde ich mich in der Arztpraxis und schildere den Fall. Der Doktor ruft kurz darauf zurück und weist mich generalstabsmäßig an, was zu tun ist. Auf keinen Fall dürfe ich die Praxis betreten. Stattdessen solle ich mit dem Auto vorfahren, das Fenster, möglichst Beifahrerseite, einen Spalt breit öffnen und mich noch einmal telefonisch melden. Er werde dann herunterkommen und mir ein Röhrchen hindurchreichen. Den Abstrich müsse ich dann selbst durchführen, wobei ich darauf achten müsse, das Stäbchen möglichst weit in den Rachen zu führen und nicht mit den Schleimhäuten auf Zunge und Gaumen in Kontakt zu kommen.
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Abstrich im McDrive-Verfahren
15 Minuten später stehe ich vor der Praxis, lasse die Scheibe einen Spalt breit herunter und rufe an. Ich sehe mich unwillkürlich um, ob ich beobachtet werde.
Kurz darauf kommt der Doktor. Er trägt dicke Gummihandschuhe. Neben dem Röhrchen reicht er mir mit ausgestrecktem Arm eine Krankschreibung für die gesamte Woche. Steht die Diagnose etwa schon fest? Ich stecke mir das Stäbchen in den Hals und gebe das Röhrchen zurück. Ein Abstrich im McDrive-Verfahren.
Einen Tag werde es schon dauern, bis der Laborbericht da sei, sagt der Arzt, und dass er meinen Fall der Gesundheitsbehörde melden müsse. Ich sehe mich schon zwei Tage später in die Redaktion zurückkehren, freudig mit dem negativen Testergebnis wedelnd wie mit einem Einser-Examen.
Familie muss für 14 Tage in Quarantäne
Eine halbe Stunde später ruft der Arzt erneut an. Die Gesundheitsbehörde verlange, dass sich meine gesamte Familie für 14 Tage in Isolation begibt. Das gelte unabhängig davon, wie der Test ausfalle, schließlich könne das Virus unter Umständen erst zwei Tage vor Ausbruch der Krankheit überhaupt nachgewiesen werden.
Ich rufe bei der Gesundheitsbehörde an und vergewissere mich. Am Mittag folgt die offizielle Bestätigung: Die Kinder sollen vorerst nicht zur Schule, wir Eltern nicht zur Arbeit.
Das Gute ist: Wir werden jetzt als Familie ganz viel Zeit miteinander verbringen. Das Schlechte ist: Wir werden uns dabei sicher fürchterlich auf die Nerven gehen.
Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen
- Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
- Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
- Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
- Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
- Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen