Hamburg. Am Sonntag wählt Hamburg aus 733 Kandidaten eine neue Bürgerschaft. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
An diesem Sonntag schaut Deutschland auf Hamburg: Bei der einzigen (geplanten) Landtagswahl in diesem Jahr geht es einerseits darum, wer den Stadtstaat die kommenden fünf Jahre regiert – was je nach Ergebnis auch Auswirkungen auf die Bundesebene haben könnte. Anderseits geht es auch um die Lebenswege von 733 Hamburgern: So viele kandidieren nämlich für die Bürgerschaft, aber nur 121 können am Ende das Ticket ins Rathaus lösen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen:
Was wird gewählt?
Die Hamburgische Bürgerschaft ist das Landesparlament und damit das höchste Vertretungs- und Entscheidungsgremium der Hansestadt. Die 121 Abgeordneten, die in der Regel nur Teilzeit-Politiker sind, wählen den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin, kontrollieren den Senat (also die Regierung) und beschließen Gesetze und den Haushalt. Die Bürgerschaft wird für fünf Jahre gewählt, also bis Anfang 2025.
Wer ist wahlberechtigt?
Alle deutschen Staatsbürger, die mindestens 16 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monaten in Hamburg haben. Übrigens: 44 Jugendliche werden am Wahltag 16 Jahre alt.
Wieviel Wahlberechtigte gibt es?
Exakt 1.317.603 Personen – das sind 18.192 mehr als vor fünf Jahren. 689.631 oder gut 52 Prozent von ihnen sind weiblich. 71.404 Wahlberechtigte sind jünger als 21 und dürfen somit erstmals die Bürgerschaft wählen. Unter ihnen sind 27.114 Jugendliche, die 16 oder 17 Jahre alt sind.
Wie gebe ich meine Stimmen richtig ab?
Jeder Wähler hat zehn Stimmen: fünf für das gelbe Stimmzettel-Heft (Landesliste) und fünf für das rote Heft (Wahlkreis). Wichtig: Weniger als fünf Kreuze (oder gar keine) in einem Heft zu machen, ist erlaubt, mehr nicht! Sind mehr als fünf Kreuze in einem Stimmheft, ist dieses ungültig.
Wofür ist das gelbe Stimmheft da?
Mit Ihren fünf Stimmen in dem gelben Stimmheft bestimmen Sie die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft – also, welche Parteien überhaupt ins Parlament einziehen und wie viele Sitze sie dort erhalten. Sie können die fünf Kreuze alle einer Partei oder Person geben (kumulieren) oder beliebig auf Parteien und Personen verteilen (panaschieren). Dieses einst per Volksinitiative durchgesetzte Wahlrecht soll den Einfluss der Bürger stärken: Durch die Möglichkeit, Ihre Stimme(n) direkt an Kandidaten zu vergeben, können Sie die von den Parteien aufgestellte Reihenfolge verändern. So haben die Bürger nicht nur Einfluss darauf, welche Partei wie stark wird, sondern auch darauf, welche Kandidaten ins Parlament einziehen. Insgesamt werden 50 Mandate über die Landeslisten der Parteien vergeben.
Wofür ist das rote Stimmheft da?
Mit Ihren fünf Stimmen in dem roten Stimmheft können Sie mitentscheiden, wer Ihren Wahlkreis in der Bürgerschaft vertreten soll. Hamburg ist in 17 Wahlkreise eingeteilt, aus denen je nach Einwohnerzahl drei bis fünf Abgeordnete ins Parlament einziehen. Insgesamt gibt es 71 „Wahlkreis-Abgeordnete“, die die gleichen Rechte und Pflichten haben wie die Abgeordneten, die über die Landeslisten ein Mandat erringen. Auch im roten Stimmheft gilt: Man kann die fünf Stimmen (nicht mehr!) alle einer Person geben oder sie beliebig verteilen – auch parteiübergreifend. Listen kann man auf dem Wahlkreis-Zettel allerdings nicht ankreuzen.
Warum haben die gelben Stimmzettel ein Loch?
Der Landeslisten-Stimmzettel ist rechts unten gelocht, und der Wahlkreislisten-Stimmzettel hat links unten eine perforierte Linie. Diese fühlbaren Merkmale ermöglichen es blinden und sehbehinderten Menschen, ohne fremde Hilfe zu wählen. Stimmzettelschablonen und eine Audio-CD mit Informationen zur Bürgerschaftswahl können beim Blinden- und Sehbehindertenverein unter Telefon 040 / 209 40 40 oder per Mail an info@bsvh.org kostenfrei angefordert werden.
Wo und wann kann ich wählen?
Es gibt 1283 Wahllokale, darunter allein 905 in Schulen, sieben in Feuerwehrhäusern, zwei in Waschhäusern und eines in der Windmühle Johanna in Wilhelmsburg. Sie sind alle am Sonntag in der Zeit von 8 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.
Was muss ich ins Wahllokal mitbringen?
Normalerweise nur Ihre Wahlbenachrichtigungskarte. Da es aber im Ermessen der Wahlvorstände steht, sich den Personalausweis oder Reisepass zeigen zu lassen, sollten Sie sicherheitshalber eines von beiden Dokumenten dabei haben.
Ich habe die Wahlbenachrichtigung verlegt, kann ich trotzdem wählen gehen?
Ja. Sie können notfalls auch ohne Wahlbenachrichtigungskarte in Ihrem Wahllokal wählen. Voraussetzung ist aber, dass Sie im Wahlberechtigtenverzeichnis stehen. Wenn der Wahlvorstand Sie in dieser Liste findet, müssen Sie sich nur noch ausweisen, zum Beispiel mit dem Personalausweis oder dem Reisepass. Ihr Wahllokal können Sie über den „Wahllokalfinder“ im Internet ermitteln, oder Sie erfragen es beim Telefonischen Hamburg Service unter Telefon 115.
Kann ich noch Briefwahl machen?
Ja, aber im Normalfall nur, wenn Sie das bereits beantragt haben. Damit Ihre Wahl zählt, müssen Sie den roten Wahlbrief mit den ausgefüllten Stimmzetteln bis spätestens Sonntag, 18 Uhr, bei der Bezirkswahlleitung abgeben. Im Zweifel geben Sie den Brief im Bezirksamt ab.
Was mache ich, wenn ich krank bin und das Wahllokal nicht aufsuchen kann?
In diesem Fall können Sie noch bis Sonntag, 15 Uhr, Briefwahl beantragen. Dazu müssen Sie den Briefwahl-Antrag, den Sie zusammen mit den Wahlunterlagen bekommen haben, ausfüllen, unterschreiben und eine andere Person bevollmächtigen, die Briefwahlunterlagen abzuholen. Außerdem müssen Sie Ihre Krankheit glaubhaft machen, etwa durch ein ärztliches Attest. Auch hier gilt: Der Wahlbrief mit den Stimmheften muss bis spätestens 18 Uhr bei Ihrem Bezirksamt eingehen (Adresse auf dem roten Wahlbrief).
Wie viele Briefwähler haben schon abgestimmt?
Bis Freitagabend haben laut Landeswahlamt bereits 304.684 Wähler per Brief abgestimmt – das waren 23,1 Prozent der Wahlberechtigten. 2015 hatten nur 17,3 Prozent der Wahlberechtigten (30 Prozent der Wähler) die Briefwahl genutzt. Möglicherweise ist das ein Indiz für eine steigende Wahlbeteiligung. 2015 war diese auf den historischen Tiefstwert von 56,5 Prozent gesunken.
Wann und wo wird ausgezählt?
Unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr beginnt dort auch die Auszählung. Diese ist öffentlich – wer möchte, darf also zuschauen. Zunächst werden die gelben Landeslisten-Hefte ausgezählt, um die Mehrheitsverhältnisse zu ermitteln. Die Wahlkreis-Stimmen werden erst am Montag ausgezählt.
Wann steht das Wahlergebnis fest?
Erste Hochrechnungen liefern die TV-Sender ab 18 Uhr, das Landeswahlamt ab 19.15 Uhr. Die Ergebnisse aus den Wahlbezirken werden fortlaufend unter www.wahlen-hamburg.de aktualisiert. Mit einem vorläufigen Endergebnis wird nicht vor 22 Uhr gerechnet. Welche Kandidaten ins Parlament einziehen, wird erst am Montagabend feststehen.
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Wie war das Ergebnis 2015?
Damals kam die SPD auf 45,6 Prozent, die CDU auf 15,9, die Grünen auf 12,3, die Linkspartei auf 8,5, die FDP auf 7,4 und die AfD auf 6,1 Prozent.