Hamburg. Die Bewegung macht keine Kompromisse – auch nicht mit den Grünen. Wie eine Großdemonstration die Wähler bewegen will.

Auf den Wahllisten stehen viele Namen. Ihren sucht man vergeblich. Und doch dürfte sie den Ausgang der Bürgerschaftswahl mitbeeinflussen: Luisa Neubauer. Das deutsche Gesicht der Jugendbewegung „Fridays for Future“ ist dieser Tage noch häufiger in Hamburg als ohnehin.

Mehrere Veranstaltungen führten sie in ihre Heimatstadt. Hier wurde die 23-Jährige politisch sozialisiert, als Kind demonstrierte sie gegen die Schließung ihrer Grundschule Iserbrook, als 13-Jährige am Gymnasium Willhöden in Blankenese erfuhr sie erstmals vom Treibhauseffekt. Das Thema lässt sie nicht mehr los.

Wie eine Großdemonstration die Wähler bewegen will

Am Freitag – und damit keine 48 Stunden vor Öffnung der Wahllokale – veranstaltet „Fridays for Future“ eine bundesweite Großdemonstration in Hamburg. Sogar Greta Thunberg kommt aus Schweden angereist. Das Motto der Veranstaltung lautet „Hamburg wählt Klima“.

Ein Zufall ist das natürlich nicht, aber ist es zufällig eine Wahlkampfunterstützung für die Grünen? Das habe ich Luisa Neubauer beim Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten gefragt. „Nein“, sagte sie. „Unsere Kritik betrifft alle Parteien, auch die Grünen.“ Schließlich hätten sich die Grünen eben nicht zum 1,5-Grad-Ziel bekannt.

„Fridays for Future“ macht keine Kompromisse

Auch am Freitag in Hammerbrooklyn schenkte Neubauer der grünen Spitzenkandidatin Katharina Fegebauer kräftig ein. Kompromisse sind nicht die Sache von „Fridays for Future“: „Klimaschutz ist ein viel fundamentaleres Thema als alle anderen“, sagt Neubauer. „Da kann man nicht argumentieren wie in einer rosaroten Wattewelt.“

„Fridays for Future“ will die Klimaneutralität bis 2035, Deutschland soll Vorreiter in der Welt werden, Hamburg Vorreiter in Deutschland. „Wir wollen Druck auf alle Parteien ausüben“, sagt Neubauer. „Die Klimakrise betrifft alle.“ Zugleich stellt sie klar: „Es wird keine Wahlempfehlungen geben – auch nicht von mir.“

Wählen in Hamburg: So geht's

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    Das war nicht immer so. Bei der SPD-Urwahl mischte sich Neubauer, ein passives Mitglied der Grünen, ziemlich ein: „Wir appellieren an die Mitglieder der SPD, ihre Wahlentscheidung nach Klimagesichtspunkten zu treffen“, sagte Neubauer damals. Dabei lobte sie Saskia Esken und Nobert Walter-Borjans. „Es ist offensichtlich, dass hier eine Wahl zwischen der Verwaltung des Status quo und einem mutigen Neustart mit Lust auf morgen stattfindet. Die Kandidaten machen einem die Entscheidung eigentlich leicht.“ Mit Peter Tschentscher diskutierte Luisa Neubauer mehrfach. Einmal wurde der Bürgermeister dabei laut: „Wenn Sie Leute gegen die Wand drücken, ernten Sie Widerstand.“

    Die Macht von „Fridays for Future“ – eine gewichtige Stimme

    Es gibt Sozialdemokraten, die Helmuth von Moltkes Strategie bei „Fridays for Future“ wittern: „Getrennt marschieren, vereint schlagen.“ Aber es ist legitim, dass eine Aktivistin die Aufmerksamkeit in ihrem Sinne nutzt. Auffällig ist nur, welche Aufmerksamkeit sie in Öffentlichkeit, Medien und Verbänden bekommt. Auch wenn „Fridays for Future“ inzwischen eine wichtige wie gewichtige Stimme ist.

    Was Gewerkschaften, Kirchen oder der Sportbund von der Wahl halten, interessiert viele nur am Rande. Was hingegen „Fridays for Fu­ture“ denkt, elektrisiert die Massen. Die Bilder vom Heiligengeistfeld und das Motto „Hamburg wählt Klima“ dürften ihre Wirkung da nicht verfehlen – und wenn es nur eine Stimme fürs Klima ist...