Hamburg. Verkehrsclub will seine Klage zurückziehen. Altona bekommt neuen Busbahnhof, S-Bahn-Station für die Neue Mitte wird geprüft.
Der Fernbahnhof Altona kann gebaut werden. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat sich nach langen Verhandlungen bereit erklärt, seine Klage gegen das Vorhaben zurückzuziehen. Die Stadt Hamburg und die Deutsche Bahn verpflichten sich im Gegenzug dazu, die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs am Diebsteich zu erhöhen und den alten Bahnhof an der Max-Brauer-Allee aufzuwerten – unter anderem durch einen neuen Busbahnhof. Geprüft werden soll auch der Bau einer neuen S-Bahn-Station für die Neue Mitte Altona.
Rainer Schneider, Vorstand des VCD Nord, sagte dazu am Dienstag: „Der erzielte Kompromiss bringt unter dem Strich erhebliche Vorteile.“ Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sprach von einem „Verkehrskonsens für den Hamburger Westen“, der „den neuen Bahnhof deutlich leistungsfähiger und attraktiver für Fahrgäste macht und auch die Chancen des bisherigen Bahnhofs nutzt – mit einer komplett neuen und modernen Bus-Umsteigeanlage und verbessertem Übergang zur S-Bahn“. Auch Frank Limprecht, Leiter Großprojekte der Deutschen Bahn, war mit dem Ergebnis der Verhandlungen zufrieden. „Wir können nun zügig unser Vorhaben umsetzen, das Bahnangebot in der Metropolregion Hamburg mit einem modernen Durchgangsbahnhof weiter zu verbessern“, sagte er.
1900 Wohnungen für Neue Mitte Altona geplant
Der neue Bahnhof sollte ursprünglich 2023 eröffnet werden. Nun wird es nach Aussagen der Bahn bis 2027 dauern. Er bekommt sechs Fernbahngleise und zwei S-Bahn-Gleise. Mit der Verlegung zum Diebsteich soll zwischen dem neuen und dem alten Bahnhof weiterer Platz für Wohnungsbau frei werden. 1900 Wohnungen sind in diesem Bauabschnitt der sogenannten Neuen Mitte Altona geplant.
Auslöser der Gespräche war ein Eilantrag des VCD gegen den Bau des neuen Bahnhofs, dem das Oberverwaltungsgericht (OVG) im August 2018 stattgegeben hatte. Das OVG hatte bemängelt, dass die Bahn bei ihren Verlegungsplänen keinen Ersatz für die Autoreisezug-Anlage am alten Altonaer Bahnhof geschaffen hatte. Das war zwar nicht das, was dem VCD missfallen hatte – aber der Baustopp für das rund 360 Millionen Euro teure Diebsteich-Projekt gab dem Verkehrsclub ein Machtmittel in die Hand. Seit März arbeitete Finanzsenator Dressel in seitdem neun Sitzungen daran, den VCD zum Rückzug der Klage zu bewegen. Am Ende zog Dressel auch noch Friedrich-Joachim Dehmel hinzu, den ehemaligen Präsidenten des Verfassungs- und Oberverwaltungsgerichts. Mit Erfolg: Am Montag wurde die Schlussvereinbarung unterzeichnet.
Umbau des Busbahnhofs in Altona geplant
Demnach hat der VCD weitreichende Zugeständnisse ausgehandelt. Dazu gehören auch Maßnahmen, die mit dem Bahnverkehr in Altona wenig zu tun haben. So will die Bahn nun prüfen, ob Regionalverkehrszüge auch über die Güterumgehungsbahn geleitet werden können. Außerdem soll eine Studie klären, ob Züge aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen ins jeweils andere Bundesland durchfahren können, also nicht mehr zeitraubend am Hamburger Hauptbahnhof wenden müssen.
Zur Aufwertung des bestehenden Bahnhofs Altona gehört die Zusage, die Wege zwischen dem Bahnhof und dem benachbarten Busbahnhof zu vereinfachen – eben durch einen Umbau der in die Jahre gekommenen Busstation. Dazu passt, dass sich der Hamburger Senat gerade per Vorkaufsrecht das Bahnhofsgebäude gesichert hat. Noch ist der Kauf allerdings nicht vollzogen.
Bürgerschaft will über Kompromissvorschlag abstimmen
Der Bahnhof am Diebsteich soll mit „neuen Gleis- und Weichenverbindungen sowie Signalanlagen“ leistungsfähiger werden. In einer Stunde sollen dort bis zu 31 Züge abgefertigt werden können. Ein Gutachter soll überprüfen, ob das möglich ist. „Wenn der sagt, die Leistungsfähigkeit passt nicht, dann wird der Bahnhof nicht gebaut“, sagt VCD-Mann Schneider. Und auch die neueste Idee aus dem Bundesverkehrsministerium, der Bau eines S-Bahn-Tunnels zwischen Hauptbahnhof und Altona, soll mit den Diebsteich-Plänen vereinbar sein.
Weitere Punkte der Vereinbarung: Der neue Bahnhof soll besser als bisher geplant in das Busnetz einbezogen werden, er soll mehr Fahrradstellplätze bekommen. Die Pläne für eine S-Bahn-Verbindung bis Elmshorn (S 4 West) sollen vorangetrieben werden. Und – für die Bewohner der Neuen Mitte Altona besonders wichtig – auf der Strecke zwischen dem alten Bahnhof Altona und dem S-Bahnhof Holstenstraße soll die Einrichtung eines Haltepunktes „Mitte Altona“ geprüft werden. Um all dies weiterhin zu begleiten, wird ein Dialogforum eingerichtet, wie es es etwa beim geplanten Bau der Schienenanbindung des Fehmarnbelttunnels schon gibt.
Schon am Mittwoch will die Bürgerschaft über den Kompromissvorschlag abstimmen, das am 23. Februar neu gewählte Gremium wird es danach erneut tun.
Ausgestiegen aus dem Verständigungsprozess ist die Initiative Prellbock-Altona, die die Verlegung des Bahnhofs bekämpft. „Am Ende ging es nur darum, vor der Bürgerschaftswahl eine Erfolgsmeldung verkünden zu können“, sagte Prellbock-Sprecher Michael Jung. „Die Verlegung ist ein Projekt gegen die Interessen der Fahrgäste auf Kosten der Steuerzahler.“