Hamburg. Die Zukunft der Boulevardzeitung ist entschieden. Der “Mopo“-Käufer ist ein Neuling im Zeitungsgeschäft. Erste Reaktionen.

Die Zitterpartie für die Belegschaft der "Hamburger Morgenpost" – kurz "Mopo" hat vorerst ein Ende: Wochenlang hatten die rund 80 Mitarbeiter der Boulevardzeitung um ihre Jobs gebangt. Um ihre Zukunft. An diesem Donnerstagvormittag wurde der Belegschaft nun mitgeteilt, wie es mit der "Mopo" weitergeht.

Der Geschäftsführer des Job- und Netzwerkportals Xing, Arist von Harpe, hat den Zuschlag für die "Mopo" erhalten. Er postete bereits um kurz vor 11 Uhr ein "Mopo"-Bild bei Facebook. Erste Kommentare lauteten: "Yeah!", "Top!" und "Wow!".

Vermutlich soll der Wirtschaftsingenieur und Digitalmanager die 70 Jahre alte Boulevardzeitung schon zum 1. März 2020 übernehmen – sowohl das Printgeschäft als auch den Digitalbereich der Zeitung. In einer ersten Stellungnahme erklärte Arist von Harpe: „Die 'Mopo' wird weiterleben!"

Neuer "Mopo"-Eigner äußert sich bei Facebook

Die Verlagsvertreter der Kölner Mediengruppe DuMont, die 2009 bei der "Hamburger Morgenpost" eingestiegen waren, hatten erst die Chefredaktion der "Mopo" über den Eigentümerwechsel informieren und danach die Belegschaft. Von Harpe ist ein Newcomer im Zeitungsgeschäft.

Die "Mopo"-Mitarbeiter reagierten gelöst und erleichtert auf die Nachricht – und begrüßten den neuen Eigentümer mit Applaus. „Wir sind froh, dass diese ein Jahr lang währende Hängepartie ein Ende gefunden hat und wir uns wieder auf unsere Arbeit konzentrieren können", sagte die Betriebsratsvorsitzende Nina Gessner. "Wir freuen uns, dass ein Eigentümer gefunden wurde, der die Morgenpost als Ganzes erhält, sich zur Belegschaft bekennt und unser Engagement zu schätzen weiß."

Der neue Eigentümer der Hamburger Morgenpost: Arist von Harpe.
Der neue Eigentümer der Hamburger Morgenpost: Arist von Harpe. © DuMont

"Mopo" – monatelange Spekulationen über Verkauf

Arist von Harpe sei am Donnerstag sympathisch aufgetreten und habe dabei eine vielversprechende Mischung aus Idealismus und Realismus präsentiert. "Was wir jetzt brauchen, ist ein Neustart mit einer Rückkehr zu journalistischer Qualität und zu dem, was wir wirklich können: guten Lokaljournalismus", sagte Gessner.

Monatelang waren die Spekulationen über einen Verkauf bis hin zur Abwicklung der Zeitung ins Kraut geschossen. Dem Vernehmen nach soll es eine "Rückbesinnung auf Qualitätsjournalismus" geben.

DuMont: Arist von Harpe hatte das erfolgversprechendste Konzept

Der Verkauf an Arist von Harpe umfasst im Einzelnen die Hamburger Morgenpost, mopo.de, den Medienvermarkter Hamburg First Medien & Marketing GmbH, die Corporate Publishing Agentur DuMont Media inklusive der Mixed-Reality-Erlebniswelt Discovery Dock im Hamburger Hafen sowie die Beteiligung an Radio Hamburg. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Er liegt nach Abendblatt-Informationen aber deutlich über zehn Millionen Euro.

Isabella Neven DuMont, Aufsichtsratsvorsitzende DuMont
Isabella Neven DuMont, Aufsichtsratsvorsitzende DuMont © DuMont

"Die 'Mopo' gehört zu Hamburg wie der Kiez, der Fischmarkt, Jan Fedder, Fettes Brot, Deichkind und die Beginner", sagte der neue "Mopo"-Eigentümer Arist von Harpe am Donnerstag. "Ich glaube fest an das Potenzial der Marke und möchte den Fokus auf echten Lokaljournalismus weiter schärfen und damit die Hamburger noch mehr begeistern", so der gebürtige Düsseldorfer, der seit 1999 in Hamburg lebt. Als Ziel strebt von Harpe eine tief in der Stadt verankerte und nachhaltig erfolgreiche "Mopo" auf allen Kanälen an.

Neuer "Mopo"-Eigner will gedruckte Zeitung in Fokus nehmen

"Ich beobachte eine wachsende Skrupellosigkeit in der Welt, den Journalismus tot zu machen", sagte Arist von Harpe. "Ich möchte das Journalistische wieder nach vorne bringen und auch die gedruckte Zeitung wieder in den Fokus nehmen.“

Auch die DuMont-Mediengruppe äußerte sich am Donnerstag zu der Übergabe der Boulevardzeitung. Von Harpe wolle das Traditionsmedium neu aufstellen und ihm eine langfristige Perspektive geben, heißt es in der aktuellen Mitteilung. „Wir haben immer betont, dass wir auch für Hamburg die bestmögliche Zukunftsoption erarbeiten werden – und uns war wichtig, den Hamburger-Morgenpost-Medien mit all ihren Angeboten eine Perspektive zu geben", sagte Isabella Neven DuMont, Aufsichtsratsvorsitzende von DuMont. Hierfür habe Arist von Harpe das erfolgversprechendste Konzept präsentiert.

Carsten Brosda: Große Chance für Medienstandort Hamburg

Optimistisch zeigte sich Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD). „In den letzten Wochen wurden viele intensive Gespräche zur Rettung der traditionsreichen Hamburger Morgenpost geführt", sagte er. Die Beschäftigten hätten sich beeindruckend für ihre "Mopo" stark gemacht. "Mit der Übernahme der gesamten 'Hamburger Morgenpost' durch Arist von Harpe besteht die Chance, dass dieser Einsatz belohnt wird und die 'Mopo' in einem sich verändernden Medienmarkt eine echte Zukunftsperspektive bekommt", so Brosda.

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In der Übernahme durch von Harpe sieht der SPD-Politiker eine große Chance für den Medienstandort Hamburg. "Wenn jemand mit Erfahrungen aus der Digitalbranche den traditionsreichen Pressetitel 'Mopo' übernimmt und eine Strategie für die Zukunft entwickelt, kann da was Gutes entstehen", sagte er. "Ich hoffe, dass sich alle Beteiligten ihrer großen Verantwortung bewusst sind und mit Innovationslust und einem festen Bewusstsein für den Wert einer freien und vielfältigen Medienlandschaft an der Zukunft der 'Mopo' arbeiten.“

"Mopo" – DJV und ver.di begrüßen Eigentümerwechsel

Auch der Deutsche Journalisten-Verband Hamburg (DJV) und die Gewerkschaft ver.di begrüßten die Entscheidung, die "Hamburger Morgenpost" als publizistische Einheit an Arist von Harpe zu verkaufen. Eine Zerschlagung und Einstellung der Traditionszeitung sei damit erfreulicherweise abgewendet worden, heißt es in der aktuellen Mitteilung.

„Wir wünschen dem neuen Eigentümer und der 'Mopo' viel Erfolg“, sagten Tina Fritsche von ver.di und Stefan Endter vom DJV. Zugleich appellierten sie an den neuen Eigentümer: "Für wirtschaftlichen Erfolg braucht es gut ausgestattete Redaktionen mit guten Arbeitsbedingungen."

CDU freut sich über Erhalt zahlreicher Arbeitsplätze

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion freut sich vor allem darüber, dass die "Mopo" nicht eingestellt wird. "Das ist ein starkes Zeichen für den Medienstandort Hamburg", sagte Carsten Ovens, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Zudem blieben somit zahlreiche Arbeitsplätze in Hamburg erhalten. "Hamburg braucht auch zukünftig eine lebendige und vielfältige Presselandschaft, denn von ihr lebt die Demokratie", so Ovens.

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Linken-Fraktion hofft auf stärkeres Hamburg-Profil

Die Linken-Bürgerschaftsfraktion setzt ebenfalls große Hoffnungen in den neuen "Mopo"-Eigentümer. „Fast alles ist besser als DuMont“, sagte der Linken-Medienexperte Stephan Jersch. „Zehn Jahre DuMont haben der 'Mopo' immensen Schaden zugefügt – sowohl personell als auch publizistisch."

Jersch hofft, dass die Unsicherheiten für die Belegschaft nun ein Ende haben. "Und genauso hoffe ich, dass die 'Mopo' künftig wieder ein stärkeres Hamburg-Profil gewinnt und lokale Geschichten erzählt, damit sie wieder ein fester Bestandteil des Stadtlebens wird.“ Der neue Eigentümer solle nach Ansicht der Linken-Fraktion jetzt alles dransetzen, die "Mopo" zukunftsfähig zu machen.

Mit Erleichterung reagieren die Grünen. Farid Müller, parlamentarischer Geschäftsführer und medienpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Die Print-Ausgabe der MOPO bleibt damit erhalten. Das ist eine große Chance für diese Zeitung, die für uns Hamburgerinnen und Hamburger ein wichtiger Bestandteil unserer Medienlandschaft ist. Hamburger Medien wie ZEIT und Spiegel haben bereits gezeigt, dass ein Nebeneinander von Print und Online wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Besonders freue ich mich für die Beschäftigten, die speziell in den letzten Wochen sehr für den Erhalt der MOPO gekämpft haben.“

In den vergangenen zwei Wochen hatte es viel Protest in der "Mopo"-Belegschaft gegeben. Auf Facebook wurde die Öffentlichkeit unter dem Motto "Rettet die Mopo!" dazu aufgerufen, die Mitarbeiter zu unterstützen. Dieses Anliegen wurde von vielen Hamburger Politikern und Prominenten unterstützt. Am Donnerstag hieß es in einem Post: "Die Mopo ist gerettet. Wir sind überwältigt von der Nachricht, dass wir mit Arist von Harpe einen neuen Eigentümer bekommen, der den Fokus der Berichterstattung wieder auf journalistische Qualität lenken will."

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Arist von Harpe erst seit 2018 bei Xing

Der neue "Mopo"-Eigentümer Arist von Harpe studierte von 1999 bis 2002 an der Technischen Universität Hamburg-Harburg General Engineering Science. Nach seinem Bachelor ging er an die Technische Hochschule Chalmers im schwedischen Göteborg. Dort machte er im Bereich Industrial Engineering seinen Master. Bis Ende 2017 hat der Wirtschaftsingenieur und Digitalmanager sechs Jahre lang zusammen mit den beiden Unternehmensgründern „Facelift“ zum europäischen Marktführer für Social Media Marketing Technologie entwickelt. Dabei war er allerdings vor allem für die internationale Expansion nach Frankreich und in den Mittleren Osten zuständig.

Erst Anfang 2018 kam von Harpe als Geschäftsführer zur Xing-Vermarktungstochter Marketing Solutions und berichtete direkt an den Chefstrategen der Xing SE, Alastair Bruce. Von Harpe gilt als absoluter Profi im digitalen Marketing und ist bestens vernetzt in der Agenturlandschaft.

Hamburger Morgenpost erschien erstmals 1949

Die Hamburger Morgenpost hat eine sehr wechselvolle, 70 Jahre währende Geschichte hinter sich. Sie erschien als SPD-Zeitung zuerst 1949. Sie wurde Mitte der Achtziger Jahre nach einem Intermezzo als Eigentum eines Schweizer Geschäftsmannes an den Hamburger Verlag Gruner + Jahr weiterverkauft. Im Jahr 1999 veräußerte Gruner + Jahr die „Mopo“ an den Medienunternehmer Frank Otto sowie den Unternehmer und Galeristen Hans Barlach.

Danach wurde es kompliziert: Barlach übernahm zunächst alle Anteile, dann verkaufte er an die BV Deutsche Zeitungsholding, die wiederum ein Konsortium war, zu dem auch eine britische Mediengesellschaft gehörte. Diese Mecom war ein Konstrukt des schillernden Medien-Investors David Montgomery. Im Paket wurde die „Mopo“ dann im Jahr 2009 an DuMont weiterverkauft.

Zu den nicht minder schillernden Chefredakteuren der „Mopo“ zählten unter anderem Wolfgang Clement, der später Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Bundeswirtschaftsminister wurde. Außerdem stand Mathias Döpfner von 1996 bis 1998 an der Redaktionsspitze. Döpfner ist seit dem Jahr 2002 Vorstandschef bei Axel Springer.

DuMont verkaufte seit Herbst 2019 vier Regionalzeitungen

Mit dem Verkauf der "Hamburger Morgenpost" schließt DuMont nun zugleich die Portfolio-Überprüfung Regionalmedien ab. Insgesamt verkaufte das Medienhaus seit vergangenem Herbst vier regionale Tageszeitungen. Neben der „Hamburger Morgenpost“ sind das die „Berliner Zeitung“, der „Berliner Kurier“ und die „Mitteldeutsche Zeitung“. Die Berliner Blätter gingen an das Unternehmer-Ehepaar Silke und Holger Friedrich.

Mitte Januar wurde bekannt, dass die Hamburger Bauer Media Group die „Mitteldeutsche Zeitung“ in Sachsen-Anhalt kauft. In der Hand von DuMont bleiben die beiden Regionalblätter „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“ (Köln).