Hamburg. Wissenschaftsrat: Neubau für Sammlungen der Uni Hamburg ist „unabdingbar“. Gutachter befürworten Fusion mit Bonner Einrichtung.
Die erneute Mahnung steht erst auf Seite 84, aber sie lässt an Deutlichkeit nichts vermissen – und sie ist Wasser auf die Mühlen der Befürworter eines neuen naturkundlichen Forschungsmuseums in Hamburg. Die Errichtung eines Neubaus sei „unabdingbar“, müsse „zeitnah erfolgen“, schreibt der Wissenschaftsrat in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme über das Centrum für Naturkunde (CeNak) der Uni Hamburg.
Durch eine weitere Verzögerung drohe die Zerstörung von Forschungsobjekten. „Es muss höchste Priorität haben, die wertvollen und in Teilen einmaligen Hamburger Sammlungen gemäß den Anforderungen an wissenschaftliche Sammlungen unterzubringen“, so der Rat, der als das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium hierzulande gilt.
Bereits 2009 hatte der Rat die Stadt zum Handeln aufgefordert. Nun dringt er wieder auf eine bessere Unterbringung insbesondere vieler empfindlicher biologischer Exponate. Zudem befürwortet das Gremium nun – wie vom CeNak erhofft – die Zusammenführung der Hamburger Einrichtung mit dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn.
Hamburger hoffen auf Bundesmittel
Die Bonner sind bereits Teil der Leibniz-Gemeinschaft, einem Zusammenschluss deutscher Forschungsinstitute. In diesem Verbund betreiben die Bonner allerdings das kleinste Forschungsmuseum. Sie würden durch eine Kooperation mit den Hamburgern wachsen und von neuen Projekten profitieren.
Das CeNak könnte als neues Mitglieder im Leibniz-Club künftig auch in den Genuss von Bundesmitteln kommen – ein entscheidender Punkt, um den Betrieb jenes von CeNak-Chef Matthias Glaubrecht geplanten neuen Forschungsmuseums („Evolutioneum“) mitzufinanzieren. Unter dessen Dach ließen sich die in Hamburg bisher an drei Standorten verteilten universitären Sammlungen der Zoologie, Geologie und Mineralogie wieder zusammenführen.
Im Jahr 2018 hatten die Bonner einen Antrag auf strategische Erweiterung stellt. Gemeinsam mit ihren Hamburger Kollegen wollen sie künftig ein neues „Leibniz-Institut für die Analyse des Biodiversitätswandels“ bilden und erforschen, wie sich die Vielfalt des Lebens durch die Evolution und durch den Einfluss des Menschen verändert. Leibniz-Einrichtungen werden anteilig mit 50 Prozent vom Bund, mit 37,5 Prozent vom jeweiligen Trägerland und 12,5 Prozent von den 16 Bundesländern finanziert.
Stifter Michael Otto unterstützt das Vorhaben
Der Leibniz-Antrag brachte 2018 sogar Hamburgs großen Stifter Michael Otto dazu, demonstrativ gemeinsam mit Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Unipräsident Dieter Lenzen vor die Presse zu treten, um für das Projekt zu werben. Er sei sehr froh, dass die Hansestadt endlich eine „seit Jahrzehnten bestehende Lücke in der Hamburger Museumslandschaft“ schließen wolle, sagte Otto.
Infolge des Erweiterungsantrag mussten sich das CeNak im Jahr 2019 einer Visite des Wissenschaftsrats unterziehen. In seiner aktuellen Stellungnahme bewertet das Gremium nun den Antrag „insgesamt als sehr gut“. „Damit haben wir die nächste wichtige Hürde genommen“, sagt CeNak-Chef Matthias Glaubrecht. Die endgültige Entscheidung wird die gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) im Frühjahr treffen.
Elektromarkt statt Museum am Steintorwall
Einst besaß Hamburg ein Naturkundemuseum. Es befand sich am Steintorwall nahe dem Hauptbahnhof. Während der „Operation Gomorrha“ im Juli 1943 ging es unter den Bomben der Alliierten in Flammen auf – und mit ihm die ganze Ausstellung. Ein Teil der Sammlungen war aber ausgelagert worden und konnte gerettet werden. Unter anderem mit Exponaten aus Privatsammlungen wuchsen die Sammlungen wieder. Heute gehören sie der Universität.
Ein kleiner Teil der Exponat wird im Zoologischen Museum an der Bundesstraße ausgestellt. Die Einrichtung bekam 2018 einen neuen Eingang zur Bundesstraße. Ein Zehntel der 2000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche wurde neu gestaltet. Zum Vergleich: Das sehr populäre Naturkundemuseum in Berlin hat 8000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.