Hamburg. 29-Jähriger peinigte vor allem Frauen. In 18 Fällen hat die Staatsanwaltschaft nun Strafbefehl beantragt. Opfer-Anwalt hält dagegen.

Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Im August 2019 berichtete das Abendblatt exklusiv von den Vorwürfen gegen einen 29-jährigen Hamburger. Der Mann soll Gäste, die er über die Übernachtungsplattform Couchsurfing.com in seine Wohnung einlud, mit Abführmitteln und harntreibenden Mitteln gequält haben.

Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgeschlossen. Sie sieht den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung in 18 Fällen erfüllt und hat beim Amtsgericht St. Georg einen Strafbefehl beantragt: Der Täter soll zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt werden. Zudem müsste er im Rahmen seiner Bewährungsauflagen Entschädigungen an die Opfer zahlen. Wenn das Gericht diesen Strafbefehl verhängt und der Beschuldigte zustimmt, käme es nicht zu einer Hauptverhandlung. Jetzt liegt der Fall beim Amtsgericht St. Georg, das noch nicht entschieden hat.

Gastgeber gab sich freundlich

Nach den Vorwürfen seiner Gäste ging der Mann stets nach dem gleichen Muster vor. Er gab sich freundlich, servierte Getränke und Speisen und bat dann zu Spaziergängen. Übereinstimmend berichten die Frauen, sie hätten dann wegen starken Harn- und Stuhldrangs verzweifelt nach einer Toilette gefragt – worauf ihr Begleiter betont langsam gegangen sei.

Mehrere Frauen schildern, dass der Mann die Toilette seiner Wohnung für defekt erklärt habe. Er habe sich wortreich entschuldigt und seine Dusche für die Notdurft angeboten. Zudem habe er angeboten, sie könnten nachts vor dem Haus „in die Büsche“ gehen, er würde sie begleiten. Mehrere Frauen bewerteten ihren Gastgeber dennoch positiv, da sie an einen Infekt glaubten. Einem Opfer fielen schließlich die gehäuften gesundheitlichen Probleme auf.

In den Überlegungen der Staatsanwaltschaft, den Erlass eines Strafbefehls zu beantragen, spielte auch der Aufwand bei einer möglichen Hauptverhandlung eine Rolle. Die meisten Opfer kommen aus dem Ausland – entsprechend aufwendig wäre ihre Anreise. Zudem müssten sie über intimste Details aussagen.

Kritik am momentanen Verhalten des Beschuldigten

Der Nürnberger Rechtsanwalt Ralf Peisl, der ein Opfer vertritt, hält indes „gemessen an der Zahl der Fälle und der Schwere der Delikte eine Bewährungsstrafe von nur zwölf Monaten für problematisch“: „Wir reden hier über gefährliche Körperverletzung, wo ein Einzelfall mit mindestens sechs Monaten Freiheitsentzug bestraft wird. Meine Mandantin leidet noch immer sehr unter diesen traumatischen Erfahrungen. Und das wird nicht nur ihr so gehen. Der Täter hat das Vertrauen seiner Gäste auf das Übelste missbraucht.“

Peisl kritisiert auch das momentane Verhalten des Beschuldigten: „Mich irritiert, dass es bislang keinen Versuch gab, den Opfern eine Entschädigung anzubieten. Dabei sind die Namen und Adressen der Opfer aus den Akten ersichtlich.