Hamburg. Verkehrsunfälle mit Autofahrern über 75 häufen sich. Hamburger Beamte raten Angehörigen auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen.
Wenn Polizeioberkommissar Jörg Naused ältere Menschen auf die Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam machen will, holt er gern die Handpuppe Wilfried Maschke heraus. Naused ist Seniorenbeauftragter der Hamburger Polizei. Seit rund einem Jahr gibt es seine Stelle in der Hansestadt. Ziel ist es, Verkehrsunfälle mit älteren Menschen zu verhindern. Dafür geht Naused mit seiner Kollegin Alexandra Engler zu Seniorentreffs und zu den Seniorenbeauftragten der Bezirke.
"Die Verkehrsunfallzahlen steigen ab einem Alter von 75 Jahren auffällig und deutlich", sagte der 53-Jährige. Im Jahr 2019 waren bis Ende September 9248 Senioren in einen Verkehrsunfall verwickelt – entweder als Verursacher oder als Opfer. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Zahl leicht um 36 gestiegen.
Polizei: Handpuppen sprechen mit Senioren auf Augenhöhe
Eine bessere Sichtbarkeit durch helle oder reflektierende Kleidung, das Überqueren der Straße nur an geeigneten Stellen, sicheres Autofahren im Alter – all diese Themen kommen bei den Präventionsterminen mit Naused und Engler zur Sprache. Dabei haben die beiden Polizisten immer ihre Handpuppen Wilfried und Hiltrud Maschke im Gepäck, die auch mal frecher sein dürfen. "Mit den Puppen können wir auf einprägsame und unterhaltsame Weise auf Augenhöhe mit den Senioren sprechen. Das hat sich pädagogisch bewährt", sagte Naused.
Im Spiel hat das betagte Puppenpaar die gleichen Probleme wie die anwesenden Rentner: den Rollator sicher benutzen, Einparken in enge Parklücken, Schulterblick trotz steifen Nackens, Autofahren trotz Sehschwierigkeiten. "Das ist ein sensibles Thema, das man da anspricht", weiß Naused. Denn die Senioren dürfen sich nicht vorgeführt vorkommen. Vielmehr sollen sie ihre eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen lernen und eventuell über Alternativen zum Autofahren nachdenken. Was Naused und Engler definitiv nicht tun: Führerscheine "einkassieren".
Seniorenbeauftragte der Polizei werden oft um Rat gefragt
Der Bekanntheitsgrad des Duos hat inzwischen deutlich zugenommen. Nun werden auch Anrufe von Angehörigen mehr. Etwa drei bis fünf Mal pro Woche werden die Seniorenbeauftragten der Polizei um Rat gefragt. Nicht selten haben die Anrufer schlicht Angst um das Leben ihrer Eltern, wenn die sich trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch immer hinters Steuer setzen wollen. "Den Schlüssel zu verstecken, ist im Einzelfall für die Angehörigen das einzige Mittel, das hilft. Zum Beispiel bei Demenz. Da ist auch die Familie in der Verantwortung."
In Hamburg sorgten in den vergangenen Jahren eine Serie von durch Senioren verursachten Unfällen für Aufsehen: Allein in der Waitzstraße in Othmarschen sind ältere Autofahrer in mehr als 20 Fällen beim Einparken in Geschäfte gekracht. Im Alstertal-Einkaufszentrum ist ein 85-Jähriger mit seinem SUV mehrere Treppen hoch und weiter in ein Kaufhaus in die Handtaschenabteilung gerast.
Seniorin kracht in der Waitzstraße in Geschäft
Weiterer Seniorenunfall in der Waitzstraße