Hamburg. Wie können wir den Wald auf den Klimawandel vorbereiten? Was den Bäumen besonders schadet.

Unser Wald leistet viel für den Klimaschutz, denn er nimmt CO aus der Atmosphäre auf und speichert es. Auch langlebige Produkte aus Holz speichern Kohlenstoff über lange Zeiträume und können vergleichsweise emissionsarm hergestellt werden. Zusammen entspricht das in Deutschland etwa 14 Prozent der jährlichen CO-Emissionen. Darauf können wir nicht verzichten, wenn wir effektiv Treibhausgase reduzieren wollen. Doch zurzeit prägen Trockenheit und absterbende Bäume ganze Landstriche.

Am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit CEN der Universität Hamburg untersuche ich mit meinem Team, wie wir den Wald auf den Klimawandel vorbereiten können. Dabei sind nicht in erster Linie die steigenden Temperaturen entscheidend, damit kommen die hier heimischen Baumarten vorerst zurecht, sondern vielmehr die extreme Trockenheit. Doch der Wald hat ein enormes Potenzial sich anzupassen.

Ein Baum hat ein riesiges Genom

Denn: Ein Baum hat ein riesiges Genom. Sein Erbgut ist bis zu achtmal so groß wie das des Menschen. Deshalb können unter der schier unendlichen Zahl aufkeimender Buchensämlinge in einem Frühlingswald auch solche sein, die mit Trockenstress zurechtkommen. Kritisch sind jedoch mehrere Trockenjahre in Folge. Schon 2018 sind mehr junge Bäume als gewöhnlich abgestorben, weil es zu wenig geregnet hat.

Aktuell verursacht allerdings der Borkenkäfer die größten Schäden. Er setzt den Fichten enorm zu, die mit 28 Prozent die häufigste Baumart in deutschen Wäldern sind. Durch steigende Temperaturen vermehrt sich der Schädling schneller. Gleichzeitig findet er durch die Hitze geschwächte Bäume, die sich nicht gegen seinen Befall wehren können. Wichtige Sofortmaßnahmen sind, die Wälder wöchentlich auf Käfer zu kontrollieren und das befallene Holz schnell aus dem Wald zu entfernen.

Ein Wald muss langfristig geplant werden

Parallel müssen Waldexpertinnen und –experten die Anpassungsstrategien für Wälder weiterentwickeln. Die Ergebnisse von Klimamodellrechnungen zeigen uns, dass künftige Sommer höchstwahrscheinlich noch heißer und trockener werden. Steigen die Emissionen wie bisher, müssen wir bis 2100 in Norddeutschland mit bis zu fünf und in Süddeutschland mit bis zu 30 zusätzlichen Hitzeereignissen pro Jahr rechnen. Bei so einem Ereignis steigen an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen die Temperaturen über 30 Grad. Zukunftsszenarien gehen außerdem von deutlich weniger Regen in Südeuropa und mehr Niederschlag in Skandinavien aus. Auch Stürme, Starkregen und andere Wetterextreme könnten häufiger auftreten.

Die heutigen Modellrechnungen reichen allerdings nur bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Ein Wald muss jedoch langfristig geplant werden – denn bis 2100 haben heute gepflanzte Bäume nicht einmal eine „Umtriebszeit“ abgeschlossen. Das ist die Zeit, die ein Baum braucht, bis er für die Forstwirtschaft als „erntereif“ gilt. Die Forschung befindet sich hier also gewissermaßen im Blindflug und muss viele mögliche Entwicklungen im Auge haben.

Der Wald als Klimaschützer

Sicher ist, bestimmte Regionen sind für unsere heimischen Bäume in Zukunft nicht mehr geeignet. So wird die Buche voraussichtlich in die höheren Lagen der Mittelgebirge abwandern und die Eiche sich dafür in tieferen Regionen weiter ausbreiten. Fichten- und Kiefernwälder werden sich allmählich von trockener werdenden Standorten ganz zurückziehen.

Prof. Michael Köhl
Prof. Michael Köhl © UHH CEN

Diesen massiven Waldumbau können wir den Bäumen jedoch nicht selbst überlassen. Ihre Lebensdauer ist viel zu lang, als dass ihre natürliche Anpassung mit dem rasanten Klimawandel Schritt halten könnte. Wir müssen also nachhelfen – mit einer standort- und klimaangepassten Auswahl der Baumarten und einer Bewirtschaftung, die dem Wald auch in seiner Rolle als Klimaschützer gerecht wird.

Prof. Michael Köhl forscht zu nachhaltiger Waldbewirtschaftung und internationaler Waldpolitik in Europa und in den Tropen.