Hamburg. Ein kostenfreier HVV-Tag könne Fahrgäste gewinnen und trage zu Umweltschutz bei. Was Senat und Verkehrsverbund sagen.
Livemusik statt Motorenknattern, Fahrradklingeln statt nervigem Hupen – am 10. Juni 2010, einem Sonntag, waren die Straßen in der Hamburger Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt. Unter dem Motto „Freie Fahrt fürs Klima“ konnten im gesamten Bereich des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) Busse und Bahnen kostenlos genutzt werden.
Der Aktionstag im Juni 2010 war der siebte und bislang letzte Tag in Hamburg, an dem der Nahverkehr kostenlos war. Weitere Veranstaltungen wurden aus Kostengründen gestrichen. Statt der veranschlagten 375.000 Euro hatte die kostenfreie Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) die Stadt mehr als eine halbe Million Euro gekostet: 250.000 Euro entfielen auf den Verlust der HVV-Einnahmen, der Rest auf die Veranstaltung selbst.
Linke will kostenlosen HVV – mindestens für einen Tag
Sollte ein kostenfreier HVV-Tag, unabhängig von einem Fahrverbot für Autos, wieder aufgenommen werden? In Hannover etwa wird am kommenden Sonnabend der komplette öffentliche Nahverkehr kostenfrei angeboten. Mit der Aktion, die bewusst vor dem ersten Advent stattfindet, soll getestet werden, ob das Gratisfahren Menschen tatsächlich zum Umsteigen bewegt. Die Stadt rechnet damit, dass ihr 200.000 Euro an Einnahmen verloren gehen.
„Ich finde die Idee klasse“, sagt Heike Sudmann von der Bürgerschaftsfraktion Die Linke. „Der autofreie Sonntag im Juni 2010 wurde von dem schwarz-grünen Senat und dem HVV schließlich als Beitrag zum Klimaschutz und zur Gewinnung neuer Fahrgäste proklamiert. Das gilt heute erst recht.“ Mit Blick auf die Diskussion um eine autofreie Innenstadt biete sich aber auch eine Verknüpfung mit einem autofreien Sonntag an.
FDP unterstützt kostenfreien HVV-Tag
Auch die FDP könnte sich vorstellen, den ÖPNV einen Tag kostenfrei anzubieten. „Das wäre die Gelegenheit für einen Feldversuch, um potenzielle Nutzerzahlen zu ermitteln, und ist sinnvoll zur Belebung der Innenstadt und das Weihnachtsgeschäft“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Ewald Aukes.
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Einen grundsätzlich kostenfreien Personennahverkehr lehne die FDP jedoch weiterhin ab. „Busse und Bahnen sind zu Stoßzeiten schon jetzt ausgelastet. Es müssten zunächst zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, doch das ist nicht ohne Weiteres möglich.“ Außerdem sei offen, wie die Einnahmeausfälle beim HVV gegenfinanziert werden könnten.
Rot-grün und die CDU lehnen HVV-Aktionstag ab
„Wichtiger als ein einzelner symbolischer Aktionstag wäre, Busse und Bahnen in Hamburg durch höhere Taktfrequenzen und eine Pünktlichkeitsoffensive, die ihren Namen auch verdient hat, zu stärken“, findet Dennis Thering, Vizefraktionschef und verkehrspolitischer Sprecher der CDU. Darüber hinaus halte seine Partei an ihrem Vorschlag fest, durch die schrittweise Einführung eines 365-Euro-Tickets auch attraktive finanzielle Anreize für den Umstieg auf Busse und Bahnen anzubieten. „Das würde Hamburgs emissionsarme Mobilität endlich spürbar voranbringen“, betont Thering.
Auch die rot-grüne Regierung will dem Vorbild Hannovers nicht folgen. Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, verweist zwar darauf, dass man mehr Menschen zum Umstieg auf Busse und Bahnen motivieren wolle. Er sei sich aber „nicht sicher, ob ein kostenloser ÖPNV an nur einem Tag im Jahr hierfür ein geeignetes Instrument ist“.
Viel wichtiger seien eine deutliche Taktverdichtung und ein Ausbau der Netzstruktur. „Beides gehen wir mit großem Engagement an. Darüber hinaus müssen wir uns auch überlegen, wie wir den öffentlichen Personennahverkehr durch die Preisgestaltung attraktiver machen – insbesondere für Familien und Menschen mit geringerem Einkommen.“
"Charmante Idee" – aber zu teuer und wirkungslos
Ein Aktionstag sei auf den ersten Blick eine charmante Idee, findet Dorothee Martin von der SPD. Sie würde den Steuerzahler allerdings mehrere 100.000 Euro kosten. „Um den ÖPNV für alle attraktiver zu machen, setzen wir auf nachhaltige Maßnahmen, von denen die ganze Stadt profitiert – und das nicht nur an einem Tag.“ Derzeit würden weit mehr als 100 Millionen Euro in den Ausbau investiert. „Der ÖPNV soll so komfortabel werden, dass er im Vergleich zum Auto die bessere Alternative ist.“ Dazu sollen stark vergünstigte Tickets für Senioren, Azubis sowie Schülerinnen und Schüler beitragen.
Der HVV hält nichts von kostenlosem ÖPNV. „Alle Erfahrungen haben gezeigt, dass es Autofahrer nicht zum Umstieg bewegt“, so Sprecher Rainer Vohl.