Hamburg. Gericht sieht Planungsmängel, nun will die Stadt den Bebauungsplan für das Areal nachbessern. Bürgerinitiative hofft auf Baustopp.
Rund 80.000 Quadratmeter Handelsfläche soll das neue Shopping-Center in der HafenCity bieten. Es wäre damit doppelt so groß wie die Einkaufsmeile am Potsdamer Platz in Berlin. Doch nun ist das rund eine Milliarde Euro teure Projekt vor Gericht in Schwierigkeiten geraten. Die Stadtentwicklungsbehörde muss beim Bebauungsplan nacharbeiten. Und die Gegner des rund eine Milliarde Euro teuren Bauvorhabens hoffen, dass das Hamburger Oberverwaltungsgericht einen Baustopp verhängen wird.
Das „Westfield Hamburg-Überseequartier“ - so heißt der gewaltige Komplex mit 200 Shops, 40 Bars und Restaurants, drei Hotels, Büros für 4000 Beschäftigte und 650 Wohnungen – ist schon seit Längerem umstritten. Anwohner hatten gegen das Einkaufszentrum geklagt, unter anderem im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens und mit einem Eilverfahren gegen die Baugenehmigung. Urteile gibt es noch nicht.
Gericht stellt Mängel beim Bebauungsplan für die HafenCity fest
Aber zwei Erörterungstermine hat es gegeben: am 4. September und am 30. Oktober. Und bei denen hatte das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) durchblicken lassen, dass der Bebauungsplan HafenCity 15, der eigens für das Shopping-Center entwickelt wurde, mit Mängeln behaftet sei. Die Stadtentwicklungsbehörde formuliert dies in einer Pressemitteilung vom Donnerstag so: „In den Erörterungen hat das Gericht der Freien und Hansestadt Hamburg einzelne Punkte benannt, in denen eine Nachbesserung erforderlich sein könnte.“ Die Stadt habe wiederum dem Gericht erklärt, „mögliche Mängel des Bebauungsplanverfahrens in einem ergänzenden Verfahren zum Bebauungsplanverfahren beheben zu wollen“.
Bei welchen Punkten muss nachgearbeitet werden? Es gehe um „formelle Mängel bei der Abwägung des Verkehrs und seiner Folgen“, sagte Behördensprecher Daniel Posselt.
Anwalt der Kläger hält Baustopp des Einkaufscenters für möglich
Michael Günther, Anwalt der Kläger, war da etwas auskunftsfreudiger: „Das Gericht hat gesagt, dass ein Verfahrensfehler vorliegt, weil die Auswirkungen des Baus auf die unmittelbare Nachbarschaft nicht geprüft worden seien – zum Beispiel die Luft- und Lärmbelästigung durch den Verkehr, der mit dem Center verbunden ist.“ Nach Ansicht der Richter könne dies aber nachgeholt werden. Das OVG selbst wollte sich nicht zu dem Verfahren äußern.
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Günther hält es für möglich, dass das aktuelle Verfahren mit einem vom Gericht verhängten Baustopp endet. „In vergleichbaren Fällen wird häufig ein Baustopp verhängt“, sagt Günther.
"Westfield Hamburg-Überseequartier": Mehr als doppelt so groß wie die Europa-Passage
Fraglich ist allerdings, ob es in diesem Fall überhaupt vergleichbare Fälle gibt. Das Bauvorhaben ist außergewöhnlich umfangreich, selbst für Hamburger Verhältnisse. Die Europa-Passage ist mit 30.000 Quadratmetern Ladenfläche und 120 Shops deutlich deutlich kleiner als das „Westfield Hamburg-Überseequartier“. Das Center im Hanse-Viertel hat gar nur 9000 Quadratmeter und 60 Shops. Das „Westfield“ dürfte da neue Standards setzen. „Das Gericht hat sich sehr intensiv mit dem Projekt beschäftigt“, so Günther.
Die Anwohnerinitiative „Lebenswerte HafenCity“ begrüßte die Entscheidung der Behörde, den Bebauungsplan zu heilen. „,Heilen’ bedeutet nach unserem Verständnis, dass eine Gesundung das Ziel ist, und die beginnt mit einem gesunden Prozess“, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative. „Das ist gut so, denn die aktuelle Planung belastet die Gesundheit der Anwohner in der HafenCity. So werden unter anderem angrenzend vorhandene und im Plangebiet neu entstehende Wohnungen, Praxen und Büros, außerdem städtische Freiräume, zum Beispiel ein Kinderspielplatz, mit Lärm- und Luftschadstoffen in einem Maß belastet, das die Grenzen des Zumutbaren deutlich übersteigt.“ Die Initiative spricht von einer „großen Chance, aus einer nicht zeitgemäßen Planung doch ein zukunftsfähiges Projekt erwachsen zu lassen“.
Bauherrn des Projekts: "Arbeiten laufen wie geplant"
Weitaus zurückhaltender sind die Bauherren des Projekts, die französische Immobilienfirma Unibail-Rodamco-Westfield. „Widersprüche und Klagen sind bei Großprojekten mit Nachbarbebauung nicht ungewöhnlich“, heißt es in einer Stellungnahme. „Die Arbeiten auf der Baustelle laufen aktuell wie geplant.“ Ende 2022 soll der Komplex fertig sein.
Wie geht es nun weiter? Die Behörde wird vermutlich mehrere Monate benötigen, um die Planungsmängel zu beheben. Das OVG muss entscheiden, ob in der Zwischenzeit ein Baustopp nötig ist, um zu verhindern, dass in der HafenCity Tatsachen geschaffen werden, die nicht mehr zu revidieren sind.
Bis zum 2. Dezember haben die streitenden Parteien Gelegenheit, ihre Positionen erneut darzulegen. Dann hat das Gericht das Wort.