Hamburg. In etlichen Stadtteilen erhebt Share now eine neue, unterschiedlich hohe Abstellgebühr. Nutzer beschweren sich, Politik ist alarmiert.

Mit ihrer Fusion, so versprachen die Anbieter Car2go und Drive now, würden sie „die Carsharing-Erfahrung auf die nächste Ebene heben“. Tatsächlich werden manche Kunden des neu entstandenen Anbieters Share now seit dem Zusammenschluss am 12. November stärker zur Kasse gebeten.

Wer eines der Autos nach dem Ende seiner Fahrt in Wilhelmsburg oder einem Teil Bergedorfs abstellen möchte, muss eine Abstellgebühr von 2,99 Euro bezahlen – „Drop off fee“ genannt. Am Mercedes-Benz-Werk in Bostelbek (im Stadtteil Heimfeld) werden sogar 4,99 Euro Abstellgebühr fällig, fast so viel wie am Flughafen. Kurios: Im weiter entfernten Harburg gibt es keine zusätzliche Gebühr. In anderen Stadtteilen im Süder­elberaum bietet das Unternehmen Carsharing gar nicht erst an.

Share-now-Kunde: Wilhelmsburg wird abgehängt

Für den Wilhelmsburger Daniel Hofmann lohnt sich die Fahrt aus der Innenstadt nach Hause mit Share Now kaum noch, seit die Kosten Mitte des Monats von gut 6 auf mehr als 9 Euro gestiegen sind. „Gerade wenn man dieses Angebot häufiger nutzt, sind 3 Euro zusätzlich viel“, sagt er. Wilhelmsburg werde durch diese Strafgebühr wieder mal benachteiligt und abgehängt, findet der 33-Jährige.

„Um unseren Kunden mehr Autos dort zur Verfügung zu stellen, wo sie wirklich gebraucht werden, haben wir die Geschäftsgebiete an einigen Standorten leicht angepasst“, sagt Share-Now-Sprecher Niklas Merk. Das Prinzip des Carsharings ohne feste Mietstationen funktioniere dann am besten, wenn die Fahrzeuge häufig angemietet und von den Kunden selbst in der Stadt verteilt würden. Dies sei in einigen Randbezirken nicht ausreichend der Fall, somit fehlten Fahrzeuge im Kerngeschäfts­gebiet, so Merk. Alternativ müssten die Autos von Servicemitarbeitern dorthin zurückgefahren werden.

Der CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering findet die neue Strafgebühr „ziemlich frech“. „Unser Ziel ist es doch, viele Menschen von alternativen Mobilitätsformen zu überzeugen, da ist so etwas Gift“, sagt er. Im Übrigen sei es die klare Erwartungshaltung der Hamburger CDU, „dass die Sharing-Anbieter das ganze Stadtgebiet abdecken“.

Bei Wiederabstellen wird erneut Gebühr fällig

Wenn es später wird bei der Arbeit oder auch am Wochenende, leiht sich Daniel Hofmann manchmal ein Car2go für den Heimweg nach Wilhelmsburg aus. Für die 20-minütige Fahrt mit dem Smart hat er immer 6,20 Euro bezahlt – auch preislich für ihn eine Alternative zum öffentlichen Nahverkehr. Umso erstaunter war Hofmann, als er vom 12. November an plötzlich 9,19 Euro zahlen sollte.

Nach der Fusion von Car2go mit Drive now zu Share now fand Hofmann dann die Abstellgebühr von 2,99 Euro für Wilhelmsburg heraus. „Das ist nun definitiv nicht mehr so attraktiv“, findet Hofmann. „Einfach mal schnell ein Auto ausleihen und damit nach Hause fahren, das überlege ich mir jetzt zweimal.“

Wenig Verständnis hat er dafür, dass für das Abstellen in Wilhelmsburg eine Strafgebühr fällig wird, während es in Harburg kostenlos bleibt. Er kritisiert: „Wilhelmsburg wird wieder einmal abgehängt und guckt in die Röhre.“ Seinem Eindruck nach ist die Zahl der Leihautos in dem Stadtteil schon zurückgegangen.

Besonders ärgert Hofmann, dass auch für Autos, die in Wilhelmsburg ausgeliehen werden, beim Wiederabstellen in Wilhelmsburg erneut eine Zusatzgebühr verlangt wird. Eine schnelle Tour im Leihauto zu seiner Freundin, die ebenfalls auf der Elbinsel wohnt, mache für ihn nun keinen Sinn mehr.

Kunden sind informiert worden

Es gehe hier um eine Gesamtbetrachtung der Zone, sagt dazu Share-now-Sprecher Merk: „ Ziel ist es, die Zone insgesamt profitabel betreiben zu können.“ Die Kunden seien über die Änderung der Geschäftsbedingungen zum 12. November informiert worden. Und warum wird die Gebühr im dicht besiedelten Wilhelmsburg verlangt, nicht aber in Harburg, das weiter weg vom Zentrum liegt? „Diese Entscheidungen treffen wir auf der Basis von konkreten Daten“, erklärt Merk. „Dabei kommt es nicht in erster Linie darauf an, wie zentrumsnah ein Stadtteil ist.“

Die Bevölkerungsdichte sei eine von vielen Determinanten, allerdings zählten auch zu einem guten Teil die bisher realisierten Mieten der Leihautos, Standzeiten und weitere Faktoren. „Sollte eine gewisse Auslastung gegeben sein, können wir auch in entfernteren Stadtteilen auf eine solche Maßnahme verzichten.“ Das scheint in Harburg der Fall zu sein.

Verwaltung und Politik bedauern die Abstellgebühr

„Wir als Verwaltung haben keinen Einfluss auf die Geschäftsmodelle der Sharing-Anbieter“, sagt die Sprecherin der Verkehrsbehörde, Susanne Meinecke. „Selbstverständlich ist es aus unserer Sicht wünschenswert, die ganze Stadt diskriminierungsfrei zu berücksichtigen, insbesondere beim Sprung über die Elbe.“

Die Stadt habe keine rechtliche Handhabe, auf die Geschäftsbedingungen dieses Privatunternehmens einzuwirken, sagt auch der Verkehrspolitiker der Grünen, Martin Bill. „Ich würde es aber besser finden, wenn im Geschäftsgebiet Wilhelmsburg keine Zusatzkosten für den Nutzer anfallen würden.“

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Carsharing wird in etlichen Stadtteilen nicht angeboten

Eine Gebühr von 2,99 Euro verlangt Share now übrigens auch für das Abstellen von Autos in Bergedorf-Ost und sogar 4,99 Euro „Drop off fee“ in Norderstedt.

Manche Hamburger in Volksdorf oder Rahlstedt, Sasel oder Schnelsen, Niendorf, Lohbrügge oder Neuallermöhe dürften wahrscheinlich sagen: Zumindest wird Carsharing dort angeboten; in den genannten Stadtteilen ist dies nämlich nicht der Fall.

Mit der Fusion ist das Geschäftsgebiet von Share now größer geworden, wenn auch nur leicht. Es wuchs von 101 Quadratkilometern (Car2go) auf nunmehr insgesamt 105 Quadratkilometer.