Hamburg. Der bekannte Koch Christian Rach ist entsetzt über die Pläne. Er ist dort seit 30 Jahren Mieter, investierte Hunderttausende Euro.
Es ist ein Kleinod am Rande einer Hauptstraße. In den Räumen der heruntergekommenen Fernfahrerkneipe „Zum Zapfhahn“ am Holstenkamp hatte Kultkoch Christian Rach vor drei Jahrzehnten nach einer aufwendigen Modernisierung das Tafelhaus eröffnet und es zu einem Gourmettempel gemacht. Seit zehn Jahren ist hier das Rach & Ritchy beheimatet.
Wie berichtet, wird das Grillhaus, an dem Rach beteiligt ist, Ende des Jahres schließen. Dabei hatte der gebürtige Saarländer längst einen neuen Plan für das Objekt geschmiedet: „Gemeinsam mit einem bekannten Gastronomen-Ehepaar aus den Elbvororten hatte ich ein Konzept entwickelt. Die Verträge sind ausgearbeitet, im Februar wollten wir starten.“
Bezirk Altona plant offenbar Radweg über das Restaurant-Grundstück
Daraus wird wohl nichts: „Der Bezirk Altona plant einen Radweg über das Grundstück am Holstenkamp zu führen, und deshalb sollen die Gebäude abgerissen werden. Ich könnte maximal noch drei Jahre an dem Standort bleiben, dann ist Schluss, wurde mir mitgeteilt“, sagte Rach im Abendblatt-Gespräch.
Der erfolgreiche Gastronom und Koch, der einem Millionenpublikum aus TV-Formaten wie „Rach, der Restauranttester“ bekannt ist, hatte in der vergangenen Woche einen Termin im Technischen Rathaus Altona. Mit am Tisch saßen Mitarbeiter des Bezirksamtes, des Landesbetriebes Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) und der städtischen Sprinkenhof GmbH, die der Vermieter von Rach ist: „Ich war völlig überrascht von dieser Aussage. Wenn die hier wirklich einen Radweg bauen, dann kann ich meine Planungen an diesem Standort vergessen.“
Christian Rach: Hier wird ein Gewerbebetrieb für einen Radweg zerstört
Noch im Frühjahr habe es eine Begehung mit Mitarbeitern des LIG gegeben, der Mietvertrag sei angepasst worden – da sei von einem möglichen Fahrradweg durch das Gebäude keine Rede gewesen, so Rach. Aber: „Als ich der Sprinkenhof mitteilte, dass wir hier etwas Neues vorhaben, erfuhr ich beiläufig davon, dass hier ein Radweg geplant ist. Schließlich kam es zu dem Termin im Technischen Rathaus.“
Rach ist verwundert darüber, „dass dieser Radweg ausgerechnet auf diesem Grundstück gebaut werden muss. Wenn die Stadt das durchzieht, wird hier ein Gewerbebetrieb zerstört.“ Die Stadt habe gesagt, dass sie auch einen Teil des angrenzenden Friedhofs erwerben werde. Rach hat einen Vorschlag: „Wenn man den Radweg direkt vor unserem Parkplatz einschwenken lässt, könnte dieser dann über den Friedhof in Richtung Holstenkamp führen.
Christian Rachs Erfolgsstory begann am Holstenkamp
Der Holstenkamp ist nicht irgendein Ort für Christian Rach. Hier begann seine Erfolgsstory. 1989 eröffnete der heute 62-Jährige dort sein Tafelhaus, das zwei Jahre später einen Michelin-Stern erhielt und 2003 nach Neumühlen an die Elbe zog.
2010 gab Rach das Restaurant auf und widmete sich zahlreichen TV-Konzepten. 2003 eröffnete am Holstenkamp Das kleine Rote und schließlich 2009 das Rach & Ritchy. Rach wirkt nachdenklich. „Ich habe am Holstenkamp vor 30 Jahren eine Bruchbude vorgefunden. Nach und nach habe ich in Eigenregie alles renoviert, sogar ein neues Gebäude errichtet. Alles von der Stadt genehmigt. Es gab nie Probleme und nun diese Enttäuschung.“
Hunderttausende Euro ins Restaurant investiert
Hunderttausende habe er über die Jahrzehnte investiert. Aber die Stadt scheint das nicht zu interessieren: „Ich bin ja nur Mieter und man hat mir bereits gesagt, dass ich nicht mit einer Entschädigung rechnen kann, wenn die hier das Gebäude wegreißen.“
Der Wahlhamburger hält einen Moment inne und sagt: „Ich möchte hier keine Schuldzuweisungen machen, aber ich kann das Verhalten der Stadt nicht nachvollziehen. Es macht mich traurig, denn dieser Ort steckt für mich voller Erinnerungen. Den Brunnen zum Beispiel, habe ich vor 30 Jahren in Südfrankreich entdeckt und hier aufbauen lassen.“
An die Stadt Hamburg appelliert Christian Rach: „Wir sollten gemeinsam nach einer Lösung suchen, wie wir hier weiter ein Restaurant betreiben können und trotzdem ein Radweg realisiert werden kann.“ Eines steht fest: „Wenn es bei der Drei-Jahres-Perspektive bleibt, werden meine Partner und ich hier kein neues Lokal eröffnen.“
Stadt Hamburg geht vom Abriss des Restaurants aus
Auf Abendblatt-Anfrage sagte Simone Töpfer, Mitarbeiterin der Abteilung Bestandsmanagement beim LIG: „Das Grundstück mit dem darauf befindlichen Gebäude liegt auf einer planrechtlich als Straßenfläche ausgewiesenen Fläche. Im Zuge der absehbaren umfangreichen baulichen und infrastrukturellen Maßnahmen im Umfeld dieser Fläche ergibt sich für diesen Bereich die Notwendigkeit, die Kapazität des bestehenden Kreuzungsbereiches an die sich aus diesem Maßnahmen zukünftig ergebenen Bedarfe anzupassen.“
Die Konsequenz daraus: Somit sei davon auszugehen, dass „die fragliche Fläche in naher Zukunft für diese Anpassungsmaßnahmen benötigt und damit auch der Abriss dieses Gebäudes notwendig wird“, sagte Töpfer.