Hamburg. In der mächtigen Hamburger Tierpark-Dynastie tobt seit Jahren ein heftiger Kampf um die Macht im Unternehmen.
Der Tierpark Hagenbeck hat am Dienstag eine wirklich erfreuliche Nachricht verkündet: Bis zum Ende des dritten Quartals 2019 besuchten laut einer Sprecherin 1,56 Millionen Gäste den Tierpark und das Tropenaquarium – so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Was für ein Erfolg.
Weniger rund lief es am Dienstag hingegen für die zwei Gesellschafter, die beiden Familienzweige der mächtigen Hamburger Tierpark-Dynastie. Nur wenige Kilometer vom weltberühmten Zoo in Stellingen entfernt, vor dem Landgericht am Sievekingplatz, ging ein seit drei Jahren andauernder Rechtsstreit zwischen den Familienstämmen, die das Unternehmen gleichberechtigt leiten, in die nächste Runde.
Der Streit dreht sich zum einen um die Frage, ob die von beiden Gesellschaftern vor vier Jahren beschlossene Liquidation der für Veranstaltungen im Tierpark zuständigen Veranstaltungs-GmbH rückgängig gemacht werden muss. Die gegenseitige Blockade auf Gesellschafter-Ebene führt in der Praxis dazu, dass seit einiger Zeit kaum Veranstaltungen bei Hagenbeck stattfinden. Noch brisanter ist, dass in dem Zivilverfahren auch die Zukunft von Friederike Hagenbeck an der Spitze des Unternehmens auf dem Spiel steht.
Hagenbeck-Doppelspitze geht auf Gründer zurück
Der Vorwurf: Die junge Geschäftsführerin, Tochter von Ex-Hagenbeck-Chef Joachim Weinlig-Hagenbeck, soll das Arbeitsverhältnis zu Co-Chefin Bettina Hering-Hagenbeck, der Tochter von Tierpark-Patriarch Claus Hagenbeck, nachhaltig beschädigt haben – indem sie Bettinas Ehemann Stephan Hering-Hagenbeck in seiner Funktion als zoologischen Direktor „schlecht behandelt“ habe. Die traditionelle Doppelspitze in der Geschäftsführung geht auf Tierpark-Gründer Carl Hagenbeck zurück, der den Zoo an seine Söhne Heinrich und Lorenz vererbt hatte.
Stephan Hering-Hagenbeck hatte das Unternehmen jahrelang geleitet, bevor Claus Hagenbeck 2012 die Macht wieder an sich riss und sich prompt mit Co-Chef Joachim Weinlig-Hagenbeck überwarf. Im April 2015, nach zähen gerichtlichen Auseinandersetzungen, die in der Abberufung beider Chefs mündeten, saß Hering-Hagenbeck zwar erneut im Chefsessel. Doch nur zwei Monaten später löste ihn seine Frau Bettina auf dem Posten ab. Er selbst wurde zoologischer Direktor des Tierparks.
Heillos zerstrittener Clan
Gestern sagte der 52-Jährige als Zeuge aus, allerdings hinter verschlossenen Türen. Zumindest in diesem Punkt scheint sich der heillos zerstrittene Clan mal einig zu sein: dass das Waschen der schmutzigen Wäsche Familiensache ist. Auf Antrag aller zehn (!) Anwälte beider Gesellschafter schloss Richter Karsten Nevermann die Öffentlichkeit von der Verhandlung aus. Begründung: „Der Familienstreit betrifft den höchstpersönlichen Lebensbereich des Zeugen.“
Nach Angaben von Gerichtssprecher Kai Wantzen wirft der eine Hagenbeck-Stamm der Vertreterin der anderen Seite – Friederike Hagenbeck – vor, das Verhältnis auf Geschäftsführerinnen-Ebene „zerrüttet zu haben“. Er fordert deshalb vor Gericht ihre Entlassung. Für Missstimmung sorgte offenbar, dass Friederike Hagenbeck den 2015 zum Angestellten degradierten Ex-Tierpark-Chef Stephan Hering-Hagenbeck, immer wieder mit „überflüssigen“ Aufgaben betraut und ihm ferner auch die Teilnahme an Veranstaltungen untersagt haben soll.
Klage endete mit einem Vergleich
Im Oktober 2018 wurde Hering-Hagenbeck gekündigt – die Hintergründe sind unbekannt. Eine Klage vor dem Arbeitsgericht endete mit einem Vergleich, in dem er sich verpflichtete, die Modalitäten der Einigung „streng vertraulich“ zu behandeln. Wie jetzt bekannt wurde, tritt er Anfang 2020 seinen neuen Job als zoologischer Direktor des Wiener Tiergartens Schönbrunn an.
Schon 2015 waren die Streitparteien heftig aneinandergeraten. Nachdem beide Hagenbeck-Gesellschafter beschlossen hatten, die familieneigene Veranstaltungs-GmbH zu liquidieren, gerieten die Stämme in Streit über das Veranstaltungskonzept. Während eine Seite den Veranstaltungsbereich an einen Drittanbieter auslagern will, will der Stamm um Friederike Hagenbeck ihn in der Familie halten.
„Bei einer Veranstaltung im Tropenaquarium würden wir einen Wachmann postieren, der aufpasst, dass niemand Chickenwings zu den Krokodilen schmeißt“, so die Hagenbeck-Chefin. Ein Drittanbieter könne so etwas ja durchaus anders sehen. Wie es weitergeht? Mit einer Entscheidung ist erst 2020 zu rechnen.. Wenn überhaupt.