Hamburg. Ein Spezialbagger ist im Einsatz, um die Gebäude abzubrechen. Für die Arbeiten wird der Klosterwall teilweise gesperrt.

Der Johanniswall hat eine neue Attraktion – und die Mitarbeiter der benachbarten Innenbehörde haben aus ihren Büros die beste Aussicht. Die Rede ist von einem Longfront-Bagger, der mit seinem Greifarm und der Abbruchzange bis in 33 Meter Höhe gelangt.

Bis Ende April wird das Großgerät hier im Einsatz sein und die vier City-Hochhäuser abreißen. Gestartet wurde am Freitag mit Haus A, das an den Johanniswall und die Steinstraße grenzt. Die Baustelle ist weiträumig abgesperrt, damit Fußgänger oder Autos nicht von den Betonbrocken und Stahlteilen getroffen werden, die der Bagger nach und nach abbricht. Im Führerhaus sitzt An­dre Heeren. Gearbeitet wird sechs Tage die Woche, dabei wechselt sich der 40-Jährige mit einem Kollegen ab.

Auf dem Johanniswall stehen Schaulustige und fotografieren mit ihren Mobiltelefonen, natürlich mit gebührendem Abstand. „Das ist schon spektakulär“, sagt ein Passant zu seiner Begleiterin.

Vier Etagen bereits abgerissen

Für Baggerfahrer Heeren ist das ein „ganz normaler Job. Ich fühle mich an meinem Arbeitsplatz wie in einem Wohnzimmer“, sagt der Fachmann. Aber es ist keine One-Man-Show. Damit es keine größere Staubentwicklung gibt, stehen unten Arbeiter mit Schläuchen und bewässern den Schutt. Der Spezialbagger selber ist nicht nur mit einer Kamera ausgestattet, sondern auch mit Sprühdüsen. Die abgerissenen Betonteile werden von kleinen Baggern weiter zerteilt.

Andre Heeren steuert den Bagger, der die City-Hochhäuser abbricht.
Andre Heeren steuert den Bagger, der die City-Hochhäuser abbricht. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Die obersten vier Etagen des Hochhauses, hier hatte bis Mai vergangenen Jahres das Bezirksamt Mitte seinen Sitz, wurden bereits mit Kleinbaggern abgerissen. Nun stehen noch acht Etagen – und die soll nun Andre Heeren dem Erdboden gleichmachen. Allerdings ist das alles nicht so einfach. Haus A wird zunächst nur bis Anfang Dezember abgebrochen, dann wechselt der Abrissbagger zu Haus B und widmet sich Anfang Januar wieder dem Haus A.

Sperrung des Klosterwalls ab Januar

Den Grund dafür erklärt Jan Petersen, Geschäftsführer der Aug. Prien Projektentwicklung, die das 250-Millionen-Euro-Projekt auf dem Filetgrundstück unweit des Hauptbahnhofs realisiert: „Im Zuge des Abbruchs müsste auch der Klosterwall aus Sicherheitsgründen temporär gesperrt werden. Aber das machen wir nicht im Dezember, weil dann das Weihnachtsgeschäft der Händler in der Innenstadt darunter leidet und es durch die durch die Sperrung zu Verkehrsbehinderungen kommen würde.“

Aber ab Januar 2020 wird es ernst, dann müssen wegen des Abbruchs an den Wochenenden die beiden Fahrspuren des Klosterwalls stadtauswärts gesperrt werden. Bis Ende April, wenn alles nach Plan verläuft. „Wir hatten in unserer mehr als 140-jährigen Firmengeschichte noch keinen Abriss dieser Größenordnung. Das ist eine große Herausforderung, und natürlich müssen wir unseren Zeitplan einhalten“, sagt Jan Petersen. Der Bauherr verfolgt fasziniert, wie sich die Baggerzange in den Beton krallt und sich Stück für Stück durch die Fassade arbeitet.

Allein der Abriss kostet rund sieben Millionen Euro. Und es gibt immer wieder böse Überraschungen: Einen hohen sechsstelligen Betrag und zwei Monate Verzögerung hat den Investor schon eine PCB-Beschichtung gekostet, die auf den alten Leca-Platten gefunden wurde (wir berichteten), die auf der Fassade befestigt waren.

Der erste Spatenstich ist im Sommer 2021 geplant

Die etwa 40.000 Kubikmeter Schutt, die nach Materialien getrennt werden, werden zum Verfüllen der alten dreigeschossigen Tiefgarage verwendet. Wenn der Abriss erledigt ist, kommt die nächste Herausforderung auf das 20-köpfige Projektteam zu. Die 140 Meter lange, 40 Meter breite und 19 Meter tiefe Baugrube wird ausgehoben.

Die wird durch eine Schlitzwand gehalten und gegen Wassereinbruch geschützt. „Dafür werden wir rund ein Jahr benötigen. Das heißt, der erste Spatenstich wird voraussichtlich im Sommer 2021 erfolgen“, sagt Petersen. Für den 64-Jährigen ist das Johann Kontor, so soll das neue Quartier heißen, eine „echte Herzensangelegenheit“.

Vier-Sterne-Novotel geplant

Dem Vernehmen nach wird Petersen auch deshalb nicht mit 65 Jahren in Rente gehen. Der Projektentwickler wird bleiben, bis Ende 2023/Anfang 2024 das Johann Kontor eingeweiht wird. 146 Mietwohnungen werden hier gebaut. Außerdem entstehen 15.500 Quadratmeter Bürofläche. Dafür gebe es bereits mehrere potenzielle Mieter, sagt Petersen.

Auch ein Vier-Sterne-Novotel mit 227 Zimmern und Konferenzräumen ist geplant. Außerdem wird eine fünfgeschossige Tiefgarage mit rund 250 Parkplätzen gebaut. In die Flächen im Erdgeschoss sollen Geschäfte, ein Supermarkt und Gastronomie einziehen. Eine Fläche soll für eine kulturelle Nutzung zur Verfügung gestellt werden. In der achten und neunten Etage wird Hamburgs höchste Kita eröffnet.