Hamburg. Die Hamburgische Bürgerschaft präsentiert sich fast einig gegen Antisemitismus. Überraschender Vorschlag der Grünen.

Zwei Wochen nach dem Anschlag eines Rechtsextremisten in Halle, bei dem zwei Menschen ermordet wurden und ein Massaker in einer Synagoge nur durch einen Zufall verhindert wurde, hat die Bürgerschaft ein klares Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt. In einer über weite Strecken ernsthaften und differenzierten Debatte betonten die Redner von SPD, Grünen, CDU, FDP und Linken ihre Gemeinsamkeiten. Am Ende war die AfD deutlich isoliert.

„Wir müssen uns viel stärker mit den positiven Seiten jüdischen Lebens beschäftigen. Wir müssen es schaffen, jüdisches Leben noch deutlich sichtbarer in Hamburg zu machen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks, der vorschlug, an prominenter Stelle in der Stadt ein jüdisches Gotteshaus zu errichten. „Das wäre ein Zeichen, das viel stärker ist als nur der Kampf gegen Antisemitismus“, sagte Tjarks unter starkem Beifall. Dem Abendblatt sagte der Grünen-Politiker, er könne sich als Standort den Platz der früheren Bornplatz-Synagoge im Grindelviertel vorstellen.

CDU: Programm für Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus

„Der feige Anschlag hat auf erschreckende Weise gezeigt: Unsere Demokratie ist verletzbar. Wenn jüdische Mitbürger in Deutschland während des Gebets Angst haben müssen, dann ist die freie Religionsausübung in Gefahr und damit unsere freiheitliche Grundordnung“, sagte FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein, die ein Sofortprogramm forderte. „Jüdisches Leben war, ist und wird ein wichtiger Bestandteil in unserer Gesellschaft sein. Die jüdische Gemeinde weiß, dass Bürgerschaft und Stadt hinter ihr stehen“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf.

„Der feige Anschlag hat uns alle fassungslos gemacht. Jüdisches Leben muss sich zu jeder Zeit frei entfalten können“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll, der bereits ein Programm für eine neue Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus vorgelegt hatte. „Es geht nicht nur um offenen Antisemitismus. Es geht auch um die Gleichgültigkeit der Mehrheitsgesellschaft gegenüber jüdischem Leben in Deutschland“, sagte die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider.

Innensenator Grote gibt AfD indirekt Mitschuld am Anschlag von Halle

Auch AfD-Fraktionschef Alexander Wolf verurteilte den „antisemitischen Anschlag eines rechtsextremen Terroristen“, kritisierte dann aber, dass die Tat politisch instrumentalisiert werde. „Innensenator Andy Grote scheute sich nicht, auf unerträgliche Weise das antisemitische Verbrechen zu nutzen, um gegen die AfD zu hetzen“, sagte Wolf. Die Antwort von Grote, der der AfD indirekt eine Mitschuld an dem Anschlag gegeben hatte, kam prompt. „Herr Wolf, Sie haben nicht ein einziges Wort zum Rechtsextremismus gesagt. Wie kann das angehen? Die AfD hätte allen Grund, sich damit auseinanderzusetzen“, rief Grote. Die AfD habe wie keine andere Partei „Hass, Ausgrenzung und Herabsetzung in die politische Debatte der letzten Jahre“ getragen. „Wie schaffen Sie es, sich hier hinzustellen und zu sagen, dass das eigentliche Opfer des Anschlags die AfD ist?“, setzte Grote und erhielt dafür sehr starken Beifall.