Hamburg. Protest gegen mögliche Abholzung: Klimaschützer haben Baumhaus im Vollhöfner Wald errichtet. Diskussionen im Senat.

Sie kamen als Gruppe von sieben Personen, bauten in professioneller Manier ihr Protestcamp in den Bäumen in Hamburg auf - und weigern sich bislang, die Fläche wieder zu räumen: Seit mehreren Tagen halten Aktivisten eine Fläche im Vollhöfner Wald in Altenwerder besetzt. Damit wollen sie gegen eine mögliche zukünftige Abholzung des Gebiets demonstrieren. Die Polizei stuft die Aktion zwar als politische Versammlung ein, stellt den Besetzern nun jedoch ein Ultimatum. Die Besetzung sorgt auch für Unstimmigkeiten im Senat.

Aus Sicht der Wirtschaftsbehörde verstoßen die Besetzer gegen geltendes Recht. "Es handelt sich um ein Biotop, in dem der Bau von Behausungen verboten ist", so die Sprecherin Susanne Meinecke. Das gleiche gelte für das Entzünden offener Feuer in dem Bereich. Die Besetzer posteten mehrfach Bilder davon, wie sie etwa in dem Camp in Hamburg kochen. Sie hatten ein Baumhaus gebaut und auch zu einem "Plattenformbauworkshop" eingeladen.

Die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA), der die Fläche gehört, trat ihr Hausrecht an die Polizei ab. Nach Abendblatt-Informationen hat diese die Besetzer nun aufgefordert, die Fläche bis zum Mittwoch um 12 Uhr zu räumen. Andernfalls könnten Zwangsmittel eingesetzt werden.

Umweltschützer kämpfen für Erhalt der Fläche in Hamburg

Hintergrund der Besetzung ist die Befürchtung von Klimaschützern, dass die Stadt die etwa 45 Hektar große Fläche roden könnte, um Platz für die Erweiterung des Hafengebietes mit zusätzlichen Lagerhallen zu schaffen. Dagegen hatte auch eine Initiative unter dem Motto "Völli bleibt" mehr als 6000 Unterschriften gesammelt. Auch der Umweltschutzverband NABU tritt für den Erhalt der Fläche ein. Er spricht davon, dass bedrohte Vogelarten wie der Kleinspecht, der Neuntöter und Trauerschnäpper dort Rückzugsorte fänden, "genau wie sechs gefährdete Fledermausarten und seltene Insekten".

Bereits vor drei Wochen hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bei der Landesmitgliederversammlung seiner Partei verkündet, dass es vorerst keine Rodungen oder Fällungen in dem Waldgebiet an der Alten Süderelbe geben werde. „Ich habe mich mit Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos, d. Red.) geeinigt: Es wird ein Moratorium für diese Fällperiode geben“, sagte Kerstan.

Aktion in Hamburg: Besetzer streamen Besuch von Polizisten live

Die Klimaschützer bezeichnen ihre Aktion in Hamburg dagegen selbst als notwendig - "da JETZT Handeln gefordert ist, um eine globale Katastrophe abzuwenden", wie es auf dem Twitter-Account der Gruppe heißt. Auf ein Handeln der Politik könne man sich auch im Fall des Vollhöfner Waldes nicht verlassen. Der NABU teilte ebenfalls per Twitter mit, man sei weder in die Planung der Aktion involviert gewesen noch sei diese überhaupt abgesprochen worden - "sie zeigt aber den Widerstand aus verschiedenen Gruppen gegen die Abholzung + das politische Abwarten", so der Umweltverband.

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Am Montag teilten auch Kölner Aktivisten der Bewegung "Fridays for Future" Bilder von einem Besuch in dem Protestcamp. Die Besetzer haben derweil damit begonnen, per Livestream zu zeigen, wenn Polizisten zu Gesprächen oder Kontrollen zu dem Baumhaus kommen.

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Verstimmung zwischen SPD und Grünen in Hamburg

Während Umweltsenator Jens Kerstan sich auch in sozialen Netzwerken deutlich gegen eine Rodung des Gebiets aussprach, soll im Hamburger Rathaus auch Irritation über das Verhalten des Grünen-Politikers herrschen. Zum einen heißt es, Kerstan habe mit der Verkündung des Moratoriums bei der eigenen Wählerklientel und Parteikollegen punkten wollen, obwohl eine schnelle Abholzung im Vollhöfner Wald gar nicht zur Debatte stehen. "Wir wollen die Fläche ohnehin erst 2023 entwickeln“, hatte die Behördensprecherin Meinecke bereits vor zwei Wochen gesagt. „So lange werden wir nicht fällen. Etwas anderes hat Herr Westhagemann Herrn Kerstan auch nicht gesagt.“

Zum anderen wünscht man sich auf Seiten der SPD im Senat offenbar Unterstützung dabei, die Besetzer zum Ende ihrer Aktion zu bewegen, weil diese gegen das Gesetz verstoße. "Das wird am Dienstag definitiv ein Gesprächsthema in der Senatssitzung sein", heißt es in Koalitionskreisen.

Umweltbehörde sieht keine Gefahr durch das Protestcamp

Ein Sprecher der Umweltbehörde sagte auf Anfrage, dass der Umgang mit dem Protestcamp dem Bezirksamt Harburg obliege. Offenbar ist nicht geplant, auf eine Räumung der Fläche zu drängen. "Aus naturschutzfachlicher Sicht stellt dieses Baumhaus keine Belastung dar", so der Sprecher. "Die Brutzeit der Vögel ist vorbei". Erst ab dem kommenden März bestünde in dieser Hinsicht wieder eine Gefahr, wenn sich Menschen in dem Gebiet niederließen.