Hamburg. Nach Tumulten bei seiner Vorlesung gab Lucke ein Seminar – und ließ zwei Frauen nicht rein. Ex-Partei attackiert den Uni-Präsidenten.

Einen Tag nach den lautstarken Protesten gegen die erste große Vorlesung des AfD-Mitbegründers Bernd Lucke seit dessen Rückkehr an die Universität Hamburg hat der Ex-Politiker ein Seminar gegeben. Zu dem Seminar waren etwa 15 bis 20 Studenten gekommen. "Wegen der Lehre", sagte einer der Studenten dem Abendblatt. Luckes politische Vergangenheit sei für ihn irrelevant. Ein anderer war noch ehrlicher: „Ich will mir nur meine Punkte abholen.“

Lucke wurde vor Beginn von einigen Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern begrüßt. Zwei junge Frauen, die an dem Seminar teilnehmen wollten, aber nicht angemeldet waren, wurden von Lucke mit dem Hinweis, dass er sie vom Vortag kenne, hinausgebeten.

Am Nachmittag trafen sich Lucke und die Studierendenvertretung Asta zu einem einstündigen Gespräch, Universitätspräsident Dieter Lenzen moderierte. Lucke wie auch der Asta wollten sich am Freitag "zur Frage der Bewertung der Ereignisse äußern", wie die Universität bekannt gab.

Bernd Lucke: Studenten haben mir Rückdeckung gegeben

Der Gesprächstermin war bereits vor den Vorfällen am Mittwoch vereinbart worden. Hunderte Demonstranten hatten in der Universität mit massiven Störungen die Vorlesung von Lucke verhindert.

Die Studierendenvertretung Asta hatte zuvor zu einer Kundgebung vor dem Hauptgebäude der Uni aufgerufen, um unter anderem auf die Tragweite der politischen Handlungen Luckes hinzuweisen. Der Asta stellte anschließend klar, dass er zu den Störungen im Hörsaal nicht aufgerufen hatte. Der Asta sei an inhaltlicher und sachlicher Kritik interessiert, hieß es. In ein Gespräch mit Lucke wolle man ergebnisoffen gehen.

„Was sich heute im Agathe-Lasch-Hörsaal abgespielt hat, spricht für sich. Das muss ich nicht kommentieren“, hatte Lucke am Mittwoch gesagt. „Aber was ich hervorheben möchte, ist die Zivilcourage meiner Studenten, die fast geschlossen bis zum Ende der Vorlesungszeit mit mir im Hörsaal ausgeharrt haben und mir Rückdeckung gegen den Mob gegeben haben.“

CDU zu Bernd Lucke: Verhalten des AStA trägt totalitäre Züge

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Universitätspräsident Lenzen hoben am Mittwoch in dem Zusammenhang hervor, dass die Durchführung freier wissenschaftlicher Lehre zu den grundgesetzlich garantierten Pflichten und Rechten jedes Hochschullehrers gehöre. „Unabhängig davon ist festzustellen, dass Universitäten als Orte der Wissenschaft die diskursive Auseinandersetzung auch über kontroverse gesellschaftliche Sachverhalte und Positionen führen und aushalten müssen – insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte.“

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Philipp Heissner bezeichnete die Reaktion von Fegebank und Lenzen als "lasch". Sie sei feige und kurzsichtig. "Hier bräuchte es deutliche Worte!", schrieb der CDU-Mann auf Twitter. Zudem trage das Verhalten des AStA an der Uni Hamburg im Fall Bernd Lucke "totalitäre Züge".

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AfD greift Wissenschaftssenatorin und Unipräsidenten an

Die AfD äußerte sich noch drastischer zu den Aussagen von Fegenbank und Lenzen. „Die halbherzigen und verharmlosenden Aussagen der Wissenschaftssenatorin und des Universitätspräsidenten zur gewaltsam verhinderten Vorlesung von Bernd Lucke, sind beschämend und unwürdig", sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann.

"Wenn linke Gruppierungen Gesinnungsterror ausüben und entscheiden, wer an der Universität lehren darf und wer nicht, wirft das nicht nur ein schlechtes Licht auf den guten Ruf Hamburgs, sondern es vergiftet auch das Meinungsklima und gefährdet die Wissenschaftsfreiheit, die es grundrechtlich zu schützen gilt." Nockemann forderte Fegebank auf, die Aktivitäten als das zu verurteilen, was sie sind: "Gesinnungsterror“.

Wissenschaftsbehörde kritisiert Störung der Lucke-Vorlesung

Nachdem die Erklärung von Fegebank und Lenzen in sozialen Medien zum Teil stark kritisiert wurde, äußerte sich die Wissenschaftsbehörde am Donnerstag erneut. Zwar sei es legitim, dass der AStA zu Protesten aufrufe. „Wie im Hörsaal mit Herrn Lucke umgegangen wurde, widerspricht allerdings den Regeln fairer politischer und demokratischer Auseinandersetzung“, heißt es in der aktuellen Stellungnahme der von der grünen Politikerin Katharina Fegebank geführten Behörde. „Es geht nicht, dass die Lehrveranstaltungen von Herrn Lucke niedergebrüllt werden.“

Die Rückkehr Luckes an die Universität emotionalisiere. Es dürfe und solle darüber diskutiert werden. „Eine politische Auseinandersetzung ist wünschenswert, aber dafür sollten wir Formate außerhalb des Hörsaals finden. Wir müssen wieder lernen zu streiten“, heißt es in der Stellungnahme.“

CDU-Spitzenkandidat: Exzellenz-Uni muss einen Herrn Lucke aushalten

Auch der CDU-Spitzenkandidat Marcus Weinberg betonte, dass eine Hamburger Exzellenz-Uni "einen Herrn Lucke aushalten" muss. "Die freiheitlich-demokratische Grundordnung und ihre Werte sind dabei der Maßstab, nicht die Frage nach 'Gefällt mir' oder 'Gefällt mir nicht', sagte Weinberg. "Richtig, Nazis haben da keinen Platz, aber falsche Diffamierungen sind zu unterlassen."

Bernd Lucke habe sich in jüngerer Vergangenheit mit seiner politischen Karriere keinen Gefallen getan. "Das ist unbestritten und das sieht er selbst wohl mittlerweile auch so", sagte der CDU-Mann. "Ich kritisiere seine damaliges Agieren auf schärfste und teile auch heute nicht seine Meinung. Mit seiner fachlichen und beruflichen Kompetenz hat das aber nichts zu tun. Das Erteilen von Berufsverboten, weil einem eine Meinung nicht passt, ist keine demokratische Tugend." Das Vorgehen seiner Gegner mit "Hau ab, hau ab"-Rufen kenne er auch von Pegida.

FDP: Nicht dulden, dass Diskurse an Universität erstickt werden

Mit Empörung reagierte auch die FDP-Bürgerschaftsfraktion auf die Eskalation im Hörsaal. „Die Kampagne mit der gezielten Verhinderung der Vorlesung ist ein nicht zu tolerierender Angriff auf unsere Meinungsfreiheit", sagte Anna von Treuenfels-Frowein, Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, am Donnerstag. Die Demonstranten selbst wendeten dabei jene Mittel an, gegen die sie zu protestieren vorgeben.

"Wir dürfen nicht dulden, dass Diskurse an unserer Universität erstickt werden", so die FDP-Politikerin. Wissenschaftliche Lehre müsse Kontroversen aushalten. Treuenfels-Frowein fordert von Katharina Fegebank, dass sie sich "vollumfänglich für die Durchsetzung der Freiheit der Lehre" einsetzt.

Linksfraktion: Lucke Gründer einer Partei, die für Rassismus steht

Anders fiel die Reaktion der Linksfraktion aus. „Bernd Lucke ist der Gründer einer Partei, die für Rassismus und gesellschaftliche Spaltung steht“, sagte Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, der bei den Protesten dabei war. „Sie steht im Widerspruch zur Universität als Ort für Wissenschaftsfreiheit und Dialog." Die AfD habe einen starken völkisch nationalistischen Flügel und sei für das Erstarken rechtsradikaler Kräfte in Deutschland mitverantwortlich. "Wir begrüßen es, dass Studierende mit einer Kundgebung gegen Luckes Vorlesung demonstriert haben.“