Hamburg. Anklage: Ehemaliger KZ-Wachmann D. (93) war für 5230 Morde verantwortlich. NS-Prozess vor Jugendstrafkammer.

In Hamburg kommt es in der nächsten Woche zu einem großen Prozess gegen einen mutmaßlichen Nazi-Verbrecher. Der vor dem Landgericht Angeklagte D. (93) soll während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges für den Mord an 5230 Menschen verantwortlich sein. Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft Hamburg vor, wie Sprecherin Nana Frombach dem Abendblatt sagte.

D. soll zwischen August 1944 und April 1945 als Wachmann der SS im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig „die heimtückische und grausame Tötung insbesondere jüdischer Häftlinge unterstützt haben“, heißt es in der Anklage.

SS-Wachmann: So argumentiert die Anklage

Die Staatsanwaltschaft weist vor dem Prozess darauf hin, dass D.s Wachtätigkeit direkt zusammenhänge mit der „Endlösung der Judenfrage“, die „auf Anordnung der Staatsführung des Dritten Reiches“, also von Adolf Hitler, beschlossen wurde und auch basiere auf dem „im Sommer 1944 erteilten Befehl des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes gegenüber dem Lagerkommandanten“. Dieser Hinweis ist wichtig für die Argumentation zur Mitschuld der SS-Wachleute.

Der Befehl sei gewesen, die Lagerinsassen systematisch zu töten. Die Häftlinge seien „überwiegend durch Genickschuss im Krematorium des Lagers oder durch Verabreichung von Giftgas (Zyklon B) getötet“ worden. Weitere Opfer starben durch „gezielte Nahrungs- und Wasserentzug sowie Verweigerung medizinischer Versorgung“.

„Rädchen der Mordmaschinerie“

D. war zur Tatzeit 17, später 18 Jahre alt und wird deshalb vor der Jugendstrafkammer angeklagt. Er soll ein „Rädchen der Mordmaschinerie“ der Nazis gewesen sein.

Für den Hamburger Prozess, der am Donnerstag beginnt, wurden umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen festgelegt, wie das Hanseatische Oberlandesgericht mitteilte. Die Verhandlung ist nicht öffentlich, aber es gibt Nebenkläger. Das Gericht spricht in der Sicherungsverfügung von einer „historischen Bedeutung des hiesigen Verfahrens“. Journalisten sind auf Antrag zugelassen, aber die Vorsitzende Richterin behält sich vor, Akkreditierungen auch zu widerrufen. Plätze für israelische, polnische und amerikanische Medienvertreter werden reserviert.

Der Angeklagte D. ist gesundheitlich angeschlagen. Deshalb wird die Verhandlungsdauer auch reduziert. Vorsitzende Richterin ist die in Hamburg für viele große Verfahren zuständige Anne Meier-Göring.