Hamburg. Hamburg bewirbt sich um Damenturnier 2022, will aber auch in bestehende, international renommierte Sportevents weiter investieren.
Kurz war die Nacht gewesen, bis 1 Uhr hatte Andy Grote am Sonntagabend bei den „German Boxing Awards“ im Besenbinderhof ausgeharrt. Aber den Termin, der am Montagmorgen im Rathaus wartete, wollte sich Hamburgs Innen- und Sportsenator keinesfalls entgehen lassen. In Begleitung der Nationalspielerinnen Franzisca Hauke (30/Harvestehuder THC), Anne Schröder (25/Club an der Alster) und Charlotte Stapenhorst (24/Uhlenhorster HC) stellte Grote den Plan vor, der aus der nationalen Hockey-Hauptstadt einen weltweiten Fixpunkt machen soll: Der Deutsche Hockey-Bund (DHB) bewirbt sich mit Hamburg um die Ausrichtung der Damen-WM 2022.
„Mit mehr als 10.000 Aktiven in 30 Vereinen ist Hamburg die Hockey-Metropole überhaupt. Aber die Heim-WM wäre ein absolutes Highlight, das den Sport nach vorn bringt“, sagte Grote. Gespielt werden soll im Juni oder Juli 2022 in einem temporären Stadion mit einem Fassungsvermögen von 10.000 Plätzen. Im Optimalfall soll dieses auf dem Heiligengeistfeld aufgebaut werden. „Eine WM so zentral in einer Metropole hat es noch nicht gegeben. Wir sind extrem stolz darauf, dass die Stadt diese Vision mit uns umsetzen möchte“, sagte DHB-Präsidentin Carola Meyer.
Gesamtetat liegt bei sechs Millionen Euro
Die Standortplanung ist abhängig davon, welches Zeitfenster der Weltverband FIH für die WM festlegt. Sollte das Heiligengeistfeld mit dem Sommerdom belegt sein, stünde der Volkspark als Ausweichfläche bereit. In jedem Fall soll es rund um die Arena ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Beachhockey, vielen Mitmachaktionen und einem kostenlosen Public-Viewing-Bereich geben. Der Gesamtetat für die Veranstaltung, an der 16 Teams teilnehmen, wird auf rund sechs Millionen Euro beziffert. 3,5 Millionen davon übernähme die Stadt.
Entschieden wird über die Vergabe des Turniers am 9. November am FIH-Hauptsitz in Lausanne (Schweiz). Wer die Konkurrenten sein werden, will der Weltverband in den kommenden Tagen kommunizieren. Die Bewerbungsfrist lief in der Nacht zum heutigen Dienstag aus. Spanien will mit Terrassa ins Rennen gehen. Neuseeland und die Niederlande, deren Team 2018 in London den Titel holte, galten als weitere Interessenten. „Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Konzept punkten können“, sagte Grote. Sollte Hamburg den Zuschlag erhalten, wäre es nach 1976 in Westberlin die zweite Damen-WM in Deutschland. Die Herren spielten bislang nur 2006 eine Heim-WM und holten dabei in Mönchengladbach ebenso den Titel.
Stadt setzt auf attraktive Sportveranstaltungen
Die erneute WM-Bewerbung zeigt, dass die Stadt nach der Amateurbox-WM 2017, der Rollstuhlbasketball-WM 2018 und der Beachvolleyball-WM in diesem Jahr auch in Zukunft auf attraktive Sportveranstaltungen setzt, um Kernsportarten strukturell zu stärken und für alle erlebbar zu machen. Gleichzeitig verspricht man sich einen Image-, aber auch ökonomischen Gewinn und investiert daher auch weiterhin kräftig in internationale Events.
2020 erhalten erneut die beiden Turniere im dann für zehn Millionen Euro modernisierten Tennisstadion am Rothenbaum die größte finanzielle Unterstützung. Möglicherweise richtet Hamburg wieder das finale Turnier der hochdotierten Major-Serie im Beachvolleyball aus. Der Termin ist noch offen, geblockt sind die Tage vom 19. bis 23. August. Die Höhe der Alimentierung ist fix: 650.000 Euro. Der österreichische Veranstalter Hannes Jagerhofer war mit einer Forderung von 1,2 Millionen Euro in die Verhandlungen mit der Stadt eingestiegen. 3,5 Millionen Euro hatte er für die WM erhalten, gab sich aber mit der weit geringeren Summe zufrieden.
Interesse an Multisportveranstaltungen
Das Herrentennisturnier im Juli darf nach einem Zuschuss von 725.000 Euro in diesem Jahr auch 2020 voraussichtlich mit rund 500.000 Euro von der Stadt rechnen. Das ist in etwa der Fehlbetrag, den die Veranstalter bei der diesjährigen Veranstaltung verzeichnen mussten. „Hätten wir uns nicht engagiert, würde es 2020 kein Tennisturnier am Rothenbaum geben“, sagte Grote. „Die Zuschüsse werden aber nie höher ausfallen als das, was unbedingt erforderlich ist, damit die Veranstaltung überlebt.“
Hamburg soll zudem 2024 einer der Austragungsorte der Männer-EM im Handball (Januar) und Fußball (Juni/
Juli) werden. Für beide Events hat sich die Stadt um Gruppen- und K.-o.-Spiele beworben. Die Entscheidungen dürften 2020 fallen. Großes Interesse zeigt Grote an Multisportveranstaltungen wie den Finals im August in Berlin, deutsche Meisterschaften in zehn Sportarten, oder den European Championships, die 2018 in Glasgow und Berlin erfolgreich Premiere feierten. „Das sind attraktive Formate, die in der Öffentlichkeit sehr gut wahr- und angenommen werden“, sagte Grote. Die Preise, die von den Verbänden derzeit aufgerufen werden, seien für Hamburg aber nicht akzeptabel.