Hamburg. Auch Transparent „Unter den Talaren“ wird ausgestellt. Es gilt als eines der bekanntesten Symbole der Studentenbewegung.

Es ist weit über Hamburgs Grenzen hinaus das Symbol der Studentenbewegung, mit dem die damaligen Studenten Gert Hinnerk Behlmer und Detlev Albers 1967 die Zeitenwende an der Universität einläuteten – und lag doch jahrzehntelang im Staatsarchiv, in Klarsichtfolie gehüllt und abgeheftet mit anderen Akten in einer Kiste.

Von heute an ist das berühmte Transparent „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“ für die Öffentlichkeit zugänglich im neu eröffneten Museum, das zum 100. Jubiläum der Universität deren wechselvolle Geschichte zeigt.

Banner gilt als Fanal der Studentenproteste

Behlmer selbst sei es zu verdanken, dass das schwarze Transparent Teil der Ausstellung werden konnte, erzählen die beiden Kuratorinnen, Kirsten Weining und Antonia Humm aus Berlin. Denn auch wenn es im Staatsarchiv lagerte, ist Behlmer doch der Eigentümer.

Klänge und Objekte: Künstlerin Ruth Sergel in ihrer Installation.
Klänge und Objekte: Künstlerin Ruth Sergel in ihrer Installation. © Marcelo Hernandez

Als er zusammen mit dem damaligen Asta-Vorsitzenden Albers den Stoff 1967 beim jährlichen Festakt zum Rektoratswechsel im Audimax entrollte, um gegen verkrustete Strukturen an den Hochschulen zu protestieren, hatten die beiden 23 und 24 Jahre alten Jura-Studenten ihren Coup gut vorbereitet. Wie man heute in der Ausstellung sehen kann, war die obere linke Ecke des schwarzen Tuchs weiß markiert.

Behlmer hatte es in seinem Anzug versteckt und wollte sichergehen, dass er den Schriftzug richtig herum entrollte, bevor er vor den Honoratioren der Universität in das Audimax einzog. Der schwarze Stoff stammte aus dem Trauerflor von der Beerdigung des erschossenen Studenten Benno Ohnesorg. Gut zu sehen ist, wie die Buchstaben aus weißem Leukoplast auf den Stoff geklebt wurden.

Umstrittener Störtebeker-Schädel

Das Transparent ist nur eines von vielen Exponaten, mit denen die Universität den Bürgern in zwei Räumen im ersten Stock des Hauptgebäudes Wissenschaft und Wissenschaftsgeschichte anschaulich näherbringen will. Ausgestellt ist beispielsweise das Telegramm, mit dem der weltberühmte Physiker und spätere Nobelpreisträger Otto Stern 1933 nach der Machtergreifung der Nazis um seine Entlassung bat, um seinem Ausschluss als Jude zuvorzukommen. In einer Vitrine hängt die Diskokugel aus dem Café im Philturm aus den 1980er Jahren.

Eine Nachbildung vom angeblichen Schädel des Piraten Klaus Störtebeker, der in der Hamburger Gerichtsmedizin untersucht worden war, stiftete deren Chef Prof. Klaus Püschel. Ausgestellt ist auch eine Schallplatte mit dem Mitschnitt des legendären Konzerts von Pink Floyd, die in den 1970er Jahren im Audimax auftraten – für zehn Mark Eintritt.

Uni-Flagge, die mit Gerst im Weltall war

Die Exponate reichen von einer handgeschriebenen Notiz der ersten Germanistikprofessorin Agathe Lasch (ab 1923) bis zur Flagge der Uni Hamburg, die mit Astronaut Alexander Gerst 2018 im All war. Nicht zu vergessen: der Talar, in dem Rektor Werner Ehrlicher hinter dem „Muff“-Transparent 1967 bei der denkwürdigen Feier ins Audimax eingezogen war. Nie wieder wurden danach Talare bei offiziellen Veranstaltungen getragen.

Die Ausstellung ist in zehn Themeninseln gegliedert.
Die Ausstellung ist in zehn Themeninseln gegliedert. © Marcelo Hernandez

„Diese Ausstellung soll ein allgemein zugänglicher Erinnerungsort sein“, sagt deren Präsident Dieter Lenzen. „Ein Erinnerungsort an die jeweiligen Plätze und Funktionen, die diese Einrichtung in der unglaublich brutalen Geschichte der zurückliegenden 100 Jahre gehabt hat, von der wir heute nur ahnen, was noch auf uns zukommt.“ Zwei Jahre lang hatten die beiden Kuratorinnen Exponate gesammelt. Ein Audioguide führt mit vielen Informationen durch die Ausstellung, von der Lenzen sagt: „Sie zeigt Rühmliches ebenso wie Monströses.“

Eine Künstlerin stammt aus New York

Neben zehn Themeninseln und einem Zeitstrahl mit bisher unveröffentlichten Fotografien und Audiointerviews gibt es die Medienkunst-Installation „Immerwährende Verwandlung“ der New Yorker Künstlerin Ruth Sergel. Dabei treffen die Besucher auf Sammlungsobjekte, Menschen und Klänge aus der Universität, die sie über Sensoren beeinflussen können. Eine interaktive Stele des Medienkünstlers Frank Fietzek begrüßt das Publikum bereits vor dem Hauptgebäude mit einer Klang-Collage aus 100 Jahren Universitätsgeschichte.

Ein besonderes Exponat sandte eine Hamburgerin ein, nachdem sie im Abendblatt über das Uni-Jubiläum gelesen hatte: Es ist eine Immatrikulationsbescheinigung aus dem Jahr 1932, abgezeichnet noch vom berühmten Philosophieprofessor Ernst Cassirer und Otto Stern.

Die Ausstellung ist bis Jahresende Di.- Fr. von 10-14 Uhr geöffnet, Mi. + Do. von 15-19 Uhr. Ab Januar 2020 Di. von 10-14 Uhr und Do von 15-19 Uhr. Hauptgebäude der Uni, 1. Etage, Edmund-Siemers-Allee 1. Der Eintritt ist frei.