Hamburg. Dem 55-Jährigen und der Schwester der IS-Kämpferin wird vorgeworfen, ihre terroristischen Aktivitäten unterstützt zu haben.

Wenn man so will, kann man ihr Tun als Zusammenhalt der Familie verstehen. Eine nahe Angehörige ist in finanziellen Nöten, also hilft man ihr selbstverständlich. Doch Nalan B., die Frau, die unbedingt Geld brauchte, war nicht irgendwo, sondern in Syrien. Und sie hatte sich, davon sind die Ermittler überzeugt, der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen – und war mit einem Mann verheiratet, der sich als „Gotteskrieger“ des IS verstand. Und damit könnte aus der zunächst harmlos aussehenden finanziellen Hilfe für die Tochter und Schwester eine schwere Straftat werden.

Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland ist es, was die Staatsanwaltschaft den Angehörigen von Nalan B. vorwirft. Im Prozess vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht sind die Eltern und die Geschwister von Nalan B. angeklagt, ihrer im syrischen Rakka lebenden Verwandten Geld übersandt und so den IS unterstützt zu haben. Dafür habe die Familie unter anderem Barauszahlungen von ihren Konten veranlasst und Schmuck verkauft und so insgesamt 27.220 Euro zusammenbekommen, die sie über Mittelsleute an Nalan B. transferierten.

Vater nennt den IS "den letzten Dreck"

Der Vater der IS-Unterstützerin bestreitet vehement, mit den Ideologien des IS auch nur zu sympathisieren. „Ich bin nicht radikal“ betont Osman B., „weder ich noch meine Familie.“ Er habe zwar gewusst, dass seine jüngste Tochter Deutschland verlassen wolle, erzählt der 55-Jährige. Er habe aber angenommen, dass sie in das Herkunftsland ihrer Familie, die Türkei, reisen werde. Dass sie nach Syrien gegangen ist, habe er erst über den Familienchat erfahren.

Natürlich habe er sich Sorgen um seine Tochter gemacht, erklärt Osman B. auf Frage des Vorsitzenden und bricht dann in Tränen aus. „Ich wusste aber nicht, wofür das Geld war“, beteuert er. „Und mir war nicht bewusst, dass meine Tochter IS-Mitglied war.“ Für ihn sei der IS „der letzte Dreck“.

Schwester bestreitet Absicht, den IS zu unterstützen

Auch die Schwester von Nalan B. versichert, sie „habe und hatte nicht die Absicht, den IS zu unterstützen, weder finanziell noch sonst wie“. Sie habe aber immer Kontakt zu ihrer Schwester gehalten und sich Sorgen um sie gemacht, sagt Canan B. Als Nalan nach Geld gefragt habe, habe sie angenommen, dass das für den Unterhalt ihrer Familie und insbesondere für deren Söhne sei, erzählt die 29-Jährige. „Ich habe in ihr immer nur meine kleine Schwester gesehen. Vielleicht wollte ich nicht sehen, dass sie da im Kriegsgebiet lebt.“ Im Nachhinein, wenn sie die Chats mit Nalan lese, werde ihr „klar, in welchem Umfeld sie da lebt“.

Die Staatsanwaltschaft sieht in den Chats ganz eindeutige Zeichen von terroristischer Gesinnung und Unterstützung. Demnach sei Nalan B. ihren Angehörigen gegenüber als „glühende Verfechterin des IS“ aufgetreten. In einem Telegramm-Chat habe sie angekündigt, im Falle einer Eroberung von Rakka durch „Ungläubige“ einen Sprengstoffgürtel zu zünden, um möglichst viele Ungläubige mit in den Tod zu reißen.

Zudem habe die junge Frau ihrer Familie Bilder zukommen lassen, die ihren dreijährigen Sohn mit einer Kalaschnikow zeigen und wie er eine halbautomatische Pistole reinigt und damit zielt. Den Angeklagten sei bewusst gewesen, so die Staatsanwaltschaft weiter, dass ihre Verwandte Mitglied des IS war – und dass das transferierte Geld unter anderem zur Finanzierung der Organisation gedient habe. Der Prozess wird fortgesetzt.