Hamburg. Sportfahrräder im Wert von 20.000 Euro aus Stadtteilschule entwendet. Täter drangen ohne Gewalt ein. Hatten sie einen Schlüssel?
Die Kriminellen müssen genau gewusst haben, wo die wertvolle Beute wartet, sagt Ralf Hinke. Sich über das Gelände der Stadtteilschule Stellingen bis zum F-Gebäude geschlichen haben. Dann drangen sie in die Werkstatt der Radsportgruppe ein und nahmen fast alles mit. Zwölf hochwertige Mountainbikes, fünf Cyclocrossräder, eine große Menge an originalverpackten Ersatzteilen. Nur ein Fahrrad ließen die Täter zurück. „Da waren keine Spuren von Gewalt. Nur die große Leere“, sagt Hinke.
Am Montagfrüh entdeckten die Lehrer den Einbruch bei ihrer Radsportgruppe, die seit knapp 15 Jahren ein Vorzeigeprojekt der Schule ist und zahlreiche Pokale gewonnen hat. Der Schaden soll sich auf rund 20.000 Euro belaufen. Der pensionierte Sozialpädagoge Ralf Hinke, der seine Sportschüler im Alter von elf bis 17 Jahren weiterhin mit Hingabe trainiert, weiß nach eigener Aussage nicht, wie es mit dem erfolgreichen Projekt weitergehen soll. „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“, sagt Hinke. Am Wochenende finde ein Rennen statt, für das man nicht mehr genug Räder habe.
Polizei ermittelt wegen eines besonders schweren Falles
Der Polizeisprecher René Schönhardt bestätigte auf Anfrage, dass Ermittlungen wegen eines besonders schweren Falles aufgenommen wurden. Als gesichert gilt, dass sich der Einbruch zwischen dem vergangenen Kurs der Radsportgruppe am Donnerstagabend und dem Schulbeginn am Montagmorgen ereignet haben muss.
Die Tür zu der Fahrradwerkstatt ist wie fast alle Hamburger Schulgebäude mit einem elektronischen Schloss gesichert. Offenbar brachen die Täter die Tür nicht auf, sondern verfügten entweder selbst über einen Schlüssel oder überlisteten das automatische System. „Zuerst hatte man den Verdacht, dass das Schloss manipuliert wurde, sodass die Tür nicht mehr richtig eingerastet ist“, sagt Ralf Hinke. Bei der Auslesung der Daten hätten sich dafür aber keine Hinweise gefunden. Schulleiter Bernd Mader sagt, das Vorgehen der Täter erscheine „eindeutig eher professionell“.
Hochwertige Ausrüstung bekannt
Bislang gibt es keinen konkreten Verdacht, dass ein Schüler den Tätern einen Tipp gegeben haben könnte oder sogar selbst an der Tat beteiligt war. „Die Radsportgruppe ist überregional bekannt – und damit auch die hochwertige Ausrüstung“, sagt Ralf Hinke. Wie es an der Schule heißt, seien wegen eines Umzugs zuletzt auch viele Mitarbeiter von externen Unternehmen auf dem Schulgelände unterwegs gewesen und hätten die hochwertigen Sportfahrräder sehen können.
Details zum Stand der Ermittlungen sind bislang nicht bekannt. Nach Abendblatt-Informationen behält die Polizei die Schule nun aber vor allem in den Abendstunden näher im Blick. Vor dem Einbruch war es laut Bernd Mader immer wieder zu kleineren Vorfällen von Vandalismus gekommen. „Wir hatten wie viele andere Schulen etwa aufgehebelte Fenster in den Ferien“, sagt Bernd Mader. „Das Schulgelände ist aber zum Stadtteil offen und soll das ausdrücklich auch bleiben.“
Videokameras waren am Wochenende nicht aktiv
Zwar ist das Gelände der Stadtteilschule Stellingen deshalb nicht umzäunt, Kameras sollen dagegen für Sicherheit sorgen – diese waren aber laut Schulleitung am vergangenen Wochenende nicht in Betrieb. Nach Angaben der Schulbehörde sind an 50 Schulen insgesamt 350 Kameras montiert, diese müssen vorab von der Behörde genehmigt werden. „Es geht dort vor allem um datenschutzrechtliche Bedingungen“, sagt der Behördensprecher Peter Albrecht. Von Schulen heißt es dagegen, dass es mitunter Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme für ausreichende und zuverlässige Kamerasysteme gebe.
Die Schulbehörde führt keine genaue Statistik darüber, wie oft es zu Einbrüchen an Hamburger Schulen kommt. Der Gesamtschaden infolge von Vandalismus belief sich in den vergangenen drei Schuljahren auf rund 5,5 Millionen Euro. Wie oft Schüler für Taten verantwortlich waren, wird nicht erfasst. „Die Täterprofile dürften sich aber bei Schulen nicht sonderlich von denen beim generellen Vandalismus unterscheiden“, so der Behördensprecher Albrecht.
Schülergruppe berät über Zukunft
Am heutigen Mittwoch will sich die Radsportgruppe an der Stadtteilschule Stellingen zur üblichen Zeit treffen, um über die unmittelbare Zukunft zu sprechen. Ob eine Versicherung einen Teil der Kosten trägt, ist unklar. Die Schulleitung hofft auch auf Spenden. „Der Schmerz für die Schüler ist unglaublich groß“, sagt der Schulleiter Bernd Mader. „Wir werden alles dafür tun, dass die Radsportgruppe weiter bestehen kann.“