Hamburg. Jeffrey Epstein spendete an das MIT in den USA. Der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte Unternehmer nahm sich das Leben.
Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge hat einen Ruf wie Donnerhall. Die US-Eliteuniversität zählt zu den weltweit bedeutendsten Schmieden für Ingenieure und Computerexperten. Entsprechend stolz ist Hamburgs kleine HafenCity Universität (HCU) auf eine 2015 gestartete Kooperation mit dem Media Lab des MIT, auf dessen Forschungen etwa eine Displaytechnik für E-Book-Reader und ein Vorläufer von Google Street View zurückgehen. Gemeinsam mit den Amerikanern haben HCU-Vizepräsidentin Gesa Ziemer und ihr Team nun den ersten „City Science Summit“ in Hamburg organisiert – einen Kongress zur digitalen Stadt der Zukunft mit kostenlosen Workshops für jedermann.
Zur Eröffnung im Kleinen Saal der Elbphilharmonie am 1. Oktober sollte neben dem britischen Stararchitekten Norman Foster eigentlich auch der Informatiker und Media-Lab-Mitgründer Nicholas Negroponte sprechen. Doch dazu wird es nicht kommen: Enthüllungen erschüttern das Media Lab, deren Schockwellen bis nach Hamburg reichen. Media-Lab-Direktor Joichi Ito hatte zugegeben, von dem wegen sexuellen Missbrauchs angeklagten US-Unternehmer Jeffrey Epstein 525.000 Dollar für das Institut angenommen zu haben – sowie weitere 1,2 Millionen für eigene Fonds. Epstein war am 11. August tot in seiner Gefängniszelle gefunden worden.
Joichi Ito ist inzwischen zurückgetreten. Nicholas Negroponte habe sich von Epsteins Spenden an das Media Lab bisher „leider nicht überzeugend distanziert“, sagt Gesa Ziemer. „Deshalb haben wir mit ihm gesprochen und entschieden, die Veranstaltung in der Elbphilharmonie nur mit Norman Foster als Eröffnungsredner durchzuführen.“
Kooperation der HafenCity-Uni mit dem MIT läuft weiter
Wir – damit meint die HCU-Vizepräsidentin sich selbst und Architekturprofessor Kent Larson vom MIT, mit dessen 35-köpfiger Forschungsgruppe Ziemer und ihre Kollegen von der HCU zusammenarbeiten. „Weder Larsons Team noch ich wussten von diesen Spenden. Wir sind fassungslos darüber“, sagt Ziemer. Die HCU erhalte vom MIT kein Geld. Die Kooperation mit Larsons Gruppe bleibe bestehen, an der Agenda des Kongresses ändere sich nichts.
Ziemer und ihre Kollegen haben ein beachtliches Programm auf die Beine gestellt, damit der Kongress auch für die Öffentlichkeit interessant wird. Wer sich rasch registriert (siehe Abspann), könnte etwa einen von 500 kostenlosen Plätzen für die Eröffnung mit Norman Foster in der Elbphilharmonie am 1. Oktober ergattern. Weitere Redner sind die deutsche Klimapolitikexpertin Maja Göpel und der nigerianische Filmemacher Michael Uwemedimo. Für jedermann geöffnet werden auch etwa 20 Workshops am 2. Oktober an der HafenCity-Uni. „Ich würde mich freuen, wenn ganz viele Hamburger teilnehmen und sich anhören würden, wie weltweit über Stadtentwicklung geforscht wird“, sagt Ziemer.
Die Professorin hat für die Tagung Geld von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworben. Als weitere Sponsoren engagieren sich etwa die Informatik-Allianz „ahoi.digital“ der Hamburger Hochschulen, die Hochbahn und die Hamburg Port Authority (HPA).
Belastungen in Städten sind zentrales Konferenzthema
Diese vielseitige Unterstützung darf man als Beleg für die Bedeutung des Kongresses sehen. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, die Jobs, Wohnungen und Unterhaltung bieten, als kreative Ballungspunkte gelten, von manchen als „Sehnsuchtsorte“ gepriesen werden. Immer deutlicher zeigt sich allerdings, dass die urbane Konzentration auch für Unwirtlichkeit sorgen kann, für Betonwüsten, Baustellen und Staus, für Lärm, schlechte Luft und Stress.
Was sich gegen solche Belastungen tun lässt, ist ein zentrales Thema der Tagung. „Cities without …“ („Städte ohne …“) lautet der Konferenztitel, gemeint als positive Vision: Wie könnte in der Stadt eine Beteiligung ohne Barrieren funktionieren? Wie ließe sich ein Verkehr ohne Autos oder zumindest mit weniger einzeln genutzten Pkw mit herkömmlichen Antrieben bewerkstelligen?
Über selbstfahrende Fahrzeuge werden am 2. Oktober in der HafenCity-Uni ab 10 Uhr etwa die MIT-Forscher Phil Tinn und Michael Lin sprechen. Am Nachmittag geplant ist ein Workshop im Hanseat, dem 50er-Jahre-Waggon der Hochbahn. Dort sollen die Teilnehmer Analysen des öffentlichen Nahverkehrs durchführen können, unter Anleitung von Prof. Wolfgang Gruel aus Stuttgart und Andre Landwehr von der HCU. Den ganzen Tag über geöffnet sein wird das City-Science-Labor an der HCU, in dem Forscher den Besuchern zeigen, wie sich mithilfe digitaler Simulationen etwa die Wohnsituation und Mobilität in Stadtteilen untersuchen und planen lassen.
Wer an dem Kongress in der Elbphilharmonie und der HCU teilnehmen will, muss sich online registrieren: www.citysciencesummit.org. Auf dieser Seite soll in Kürze das Veranstaltungsprogramm mit Zeiten und Räumen veröffentlicht werden. Die Teilnehmerzahl in der Elbphilharmonie ist begrenzt, es gibt kein Anrecht auf Plätze.