Hamburg. Schon von Montag an wird der Ehestorfer Heuweg für einen Monat voll gesperrt. Grund sind Braunkohlereste im Straßenuntergrund.

Die Nachricht hat noch nicht einmal alle Betroffenen und Anlieger erreicht, doch sie sorgt für erheblichen Ärger und Wut: Schon von Montag an wird der Ehestorfer Heuweg für mindestens einen Monat voll gesperrt, teilt der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) mit. Angekündigt war bislang eine Vollsperrung im Dezember.

Grund für die Planänderung sind Braunkohlereste im Straßenuntergrund. Sie machen es notwendig, den Unterbau der Straße komplett auszutauschen, um anschließend die Fahrbahn in voller Breite wieder aufzubauen, sagt der Großbaustellenkoordinator der Freien und Hansestadt Hamburg, Carsten Butenschön. Die halbseitige Durchfahrt, die derzeit noch im Wechsel – vormittags nach Norden, nachmittags nach Süden – möglich ist, entfällt dann für vier Wochen. Im Gegenzug soll die für Dezember angekündigte Vollsperrung auf zwei Wochenenden reduziert werden.

"Klar, dass hier Probleme mit Braunkohle gibt"

Der Harburger FDP-Bürgerschaftsabgeordete Kurt Duwe kritisiert den LSBG: „Es ist keine Überraschung, dass dort Braunkohlereste gefunden wurden“, sagt er. „allen Beteiligten hätte bekannt sein müssen, dass das Braunkohlebergwerk Robertshall in unmittelbarer Nachbarschaft war. Die Frage ist, warum die Behörde die Bodenqualität nicht im Vorfeld analysiert und ihre Baumaßnahmen darauf ausgelegt hat.“

Ähnlich äußert sich Rolf Weiß, Heimatforscher und Experte für das Bergwerk Robertshall: „Es muss den Hamburger Behörden klar gewesen sein, dass es hier Probleme mit Braunkohle gibt“, sagt er. „Ich habe auf der Suchen nach alten Stollen an der betroffenen Stelle mit einem Bodenradar zwar keine Stollen gefunden, aber Kohleirritationen. Diese Stellen haben ich auch markiert und dem Bezirksamt gemeldet.“

Dass die Kohle im Straßenuntergrund aus dem Bergwerk kommt, ist zwar wahrscheinlich, aber Butenschön versichert, dass man den Boden vor Baubeginn gewissenhaft untersucht habe. „In diesem Abschnitt wurde die Straße früher einmal verbreitert“, sagt er, „wir haben zunächst Betonplatten gefunden und darunter einen Unterbau aus Schlacke, Kohlensanden und kohlehaltigem Gestein“, sagt er. „Vermutlich hat man sich damals einfach an der Abraumhalde des Bergwerks bedient, um diese Schicht zu fertigen.“

Abschnitt galt eigentlich als unproblematisch

Schon die Verbreiterung mit den Betonplatten war nirgendwo verzeichnet. Das gleiche gilt für verschiedene Leitungen, die Tiefbauer bei den Schachtarbeiten für die neuen Regensiele gefunden haben. „Das ist im Straßenbau leider fast normal“, sagt Koordinator Butenschön. Örtliche Besonderheiten wie die Bodenbeschaffenheit hätten nicht selten zur Folge, dass Leitungen andergelegt würde als im Bauplan vorgesehen. Die tatsächliche Lage der Leitungen würden dann allerdings selten im Plan eingetragen.

Besonders ärgerlich für Butenschön und die beauftragten Baufirmen: Der Abschnitt, um den es geht – ungefähr 200 Meter von der Landesgrenze bis zur Straße „Beim Bergwerk“ – galt bislang als unproblematisch. Eigentlich sollte hier auch nur die Fahrbahndecke erneuert werden. Das geht nun nicht mehr, denn die Kohle muss aus dem Unterbau entfernt werden. Sie ist zu weich, um dauerhaft stabil eine Straße halten zu können. „Und es geht auch nicht im halbseitigen Verfahren, denn dann würde ein Teil der Straße absacken“, erklärt Butenschön.

Axel Krones, Ortsbürgermeister von Ehestorf, hat dennoch kein Verständnis für die neue Terminplanung: „Seit neun Jahren wird diese Baustelle vorbereitet“, schimpft er, „da kann man doch erwarten, dass überall der Boden untersucht wurde!“

"Vollsperrung verlängert auch die Anfahrt von Notärzten"

Krones und viele Einwohner von Ehestorf und den umliegenden Dörfern hatten am lautesten gegen die ursprünglich geplante Vollsperrung des Ehestorfer Heuwegs für die ganze Bauzeit protestiert und mit eine Bürgerinitiative die jetzige Regelung mit einseitigem Einbahnverkehr erreicht. Zwar wird nur auf Hamburger Gebiet saniert, aber die Niedersachsen brauchen die Straße, um in Hamburg Infrastruktur zu erreichen, die in ihren Dörfern fehlt. Dabei geht es nicht nur um Fahrten zum Bäcker, wie Initiativensprecherin Eva Herkner betont: „Eine Vollsperrung verlängert auch die Anfahrt von Notärzten und Rettungswagen nach Ehestorf.“

Die Harburger Bezirksabgeordnete Beate Pohlmann (SPD) kritisiert, dass die neuen Planungen sehr kurzfristig bekannt gegeben worden sind: „Ich hätte als Betroffene lieber etwas mehr Zeit, um mich auf die Vollsperrung einzustellen.“

Die Neuplanung verlängert die Bauzeit des ersten Bauabschnitts bis März. Ab Ende September soll aber wieder halbseitig gefahren werden können. Der zweite Abschnitt, bis zur B 73, wird noch geplant und auf alle Fälle im Vorweg mit den Betroffenen erörtert, versichert Carsten Butenschön.