Hamburg. Das 115 Jahre alte Gefängnis wird saniert und verkleinert. Danach könnte das historische “Haus I“ eine neue Verwendung finden.
Nur die Zellentüren sind echte Schmuckstücke: Massives helles Holz, schwere Scharniere, von roten Backsteinen umrahmt. „Und heraus kommt da trotzdem keiner“, sagt Justizsenator Till Steffen (Grüne). Aber dahinter kann die Stadt kaum noch Straftäter ihre Zeit verbüßen lassen. Die Fenster sind verwittert. Einzelne Wände sind von Salpeter zerfressen. Hier wird der Großteil der Gesamtsumme von 13 Millionen Euro hineinfließen, um das 115 Jahre alte Gefängnis „Santa Fu“ wieder auf modernen Stand zu bringen.
Dabei komme eine Reihe von Aufgaben zusammen, sagt Steffen am Donnerstag bei einem Rundgang in der JVA Fuhlsbüttel. Insgesamt werden 3000 Quadratmeter Gebäudefläche saniert, 300 Fenster ersetzt und 20 Kilometer an Leitungen neu verlegt. „Wir sind froh, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, weil die Sanierung im laufenden Betrieb nicht einfach ist“, so Steffen.
Um etwa mit den Arbeiten im D-Flügel der Anstalt beginnen zu können, mussten etwa 80 Gefangene kürzlich in andere Gefängnisse und auf die anderen, bereits sanierten Zellen des Haupthauses verteilt werden. Mit derzeit etwa 250 Gefangenen sei die Auslastung von „Santa Fu“ aber vergleichsweise gering, wie ein Wärter am Donnerstag erzählt. Noch in den 1990er-Jahren seien mehr als 550 Gefangene untergebracht worden, durften sich zudem deutlich freier in den Gebäudeteilen bewegen. „Es war wirklich ein irres Chaos“, sagt er schmunzelnd.
Griffiges Motto
Das Motto für das neue „Santa Fu“ soll dagegen „moderner Vollzug in alten Gebäuden lauten“, wie der Projektleiter Maximilian Fink sagt. Wie in den bereits sanierten Flügeln sollen die Insassen größere Fenster und damit mehr Licht bekommen. „Die Zeit, in der man da ehrfürchtig ganz weit hoch gucken musste, um ein Stück des Himmels zu sehen, sind vorbei“, so Senator Steffen.
Statt schwarz wird das Dach des Gebäudes nach Ende der Arbeiten zu Jahresbeginn 2021 grau sein. Das schwere Baugerät wird dabei im eigentlichen Hof geparkt, für den täglichen Ausgang wurden kleinere Provisorien geschaffen. In „Santa Fu“ gibt es laut dem Gefängnischef Wolfgang Reichel nur eine Einzelbelegung der Zellen. Jedem Insassen stehen 8,6 Quadratmeter zur Verfügung. Bei 22 Straftätern, die im Rahmen der Sicherheitsverwahrung nach ihrer eigentlichen Haftstrafe in Fuhlsbüttel untergebracht sind, sind die Räume doppelt so groß. „Das gibt das Bundesverfassungsgericht uns vor“, sagt Reichel.
Während am D-Flügel das schwere Gerät erst noch anrückt, ist auf der anderen Seite des Hofes die Sanierung der ehemaligen Gefängnisdruckerei bereits weiter fortgeschritten. Dort soll die Verwaltung ihren neuen Sitz finden – in Räumlichkeiten mit großen Stützbalken und Spitzdach. An der Wand steht noch ein Spruch aus den Tagen, als dort mit großen Maschinen gearbeitet wurde: „Ein Lehrling ist jedermann, ein Geselle der etwas kann, ein Meister einer der ersann“. Der Schriftzug sei wie die gewaltigen Metallschiebetüren und die später eingesetzten Fenster denkmalgeschützt, sagt der Projektleiter Maximilian Fink. Alleine eine Instandsetzung des Gebäudes hätte demnach rund zwei Millionen Euro gekostet, für den Umbau mit 25 neuen Büros hat die Stadt nun 5,6 Millionen veranschlagt worden.
Der neue Platz für die Verwaltung ist aber auch das Kernstück des Plans, um die Fläche des Gefängnisses deutlich zu reduzieren – von bislang zwölf auf künftig noch sieben Hektar. Auf der dann freigezogenen Fläche zum Suhrkamp steht das große und ebenfalls sternförmige Haus I des Gefängnisses, das bereits seit rund zehn Jahren nicht mehr im Gefängnisbetrieb genutzt wird – ebenso wie das kleinere Haus III.
KZ-Gedenkstätte könnte ehemaliges Hafthaus nutzen
Das Vorhaben des Senats, auf dem Areal bis zu 200 Wohnungen zu bauen, ist jedoch zunächst gescheitert: Wie das Abendblatt gestern berichtete, hat sich das städtische Wohnungsunternehmen Saga aus den Planungen zurückgezogen, da die denkmalgeschützten Häuser I und III grundsätzlich nicht für Wohnzwecke zu gebrauchen seien. Till Steffen betonte am Donnerstag bei dem Rundgang, dass eine andere Nutzung der leer stehenden Fläche dennoch vorangetrieben werde.
Wie diese jedoch genau aussehen könnte, ist offen. In den Niederlanden seien ehemalige Gefängnisgebäude zu einem Hotel umgebaut worden. Steffen und der Projektleiter Fink verwiesen darauf, dass die Gebäude durch ihre Nutzung als Zuchthaus und Konzentrationslager in der NS-Zeit auch für die Gedenkstätte Neuengamme interessant ist, die bislang das Torhaus als Erinnerungsstätte nutzt. „Es ist ein historisch sensibler Ort“, sagte Steffen. Jedoch sei das Haus I für eine Alleinnutzung als Gedenkstätte deutlich zu groß und seine Zuständigkeit als Senator ende, sobald das Areal förmlich nicht mehr zur JVA gehöre.
Bis es so weit ist, sind neben einer anders verlaufenden Außenmauer auch zwei weitere Neubauten auf dem Gelände nahe dem Haus II nötig, in dem die Gefangenen untergebracht sind. Einen konkreten Zeitplan für die Fertigstellung gibt es noch nicht – „mit dem entsprechenden Planungsvorlauf wird derzeit mit einem Abschluss der Maßnahme nicht vor 2023/2024 gerechnet“, heißt es aus der Justizbehörde. Der markante Eingangsbereich des Hauses II mit der Kirche im Obergeschoss muss vorerst noch nicht saniert werden: „Dort war die Belastung über die Jahre nicht ganz so hoch“, so der Anstaltsleiter Reichel.