Hamburg. Hindernis sind zwei denkmalgeschützte leere Hafthäuser. Nun soll die Sprinkenhof GmbH ein neues Nutzungskonzept entwickeln.
Der Plan, auf einem nicht mehr für den Strafvollzug benötigten Teil der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel bis zu 200 Wohnungen zu errichten, ist gescheitert. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga, das bis zum Sommer dieses Jahres für den Senat ein erstes Konzept entwickeln sollte, hat sich aus der Planung zurückgezogen.
Nach Informationen des Abendblatts ist der entscheidende Grund, dass die beiden früheren, denkmalgeschützten Haftgebäude Haus I und Haus III, die seit mehreren Jahren leer stehen und sanierungsbedürftig sind, grundsätzlich nicht für den Wohnungsbau zu nutzen sind. In mehreren Workshops der Saga mit dem Denkmalschutzamt und dem Bezirk Nord hat sich danach herausgestellt, dass auch ein zunächst für möglich gehaltener Teilabriss nicht infrage kommt. Darüber hinaus sei eine Nutzung der früheren Hafthäuser für Wohnzwecke nun komplett ausgeschlossen worden. Im Ergebnis hätte das bedeutet, dass die Saga erheblich weniger Wohnungen hätte realisieren können.
Flächen sollen genutzt werden
Die Saga wird nun lediglich noch die Sanierung der 13 historischen Dienstwohnungsgebäude übernehmen, die innerhalb des Sicherheitsstreifens der JVA liegen und deswegen später nur an Polizeibeamte oder Vollzugsbeamte vermietet werden dürfen. Justizsenator Till Steffen (Grüne) hat das städtische Immobilienunternehmen Sprinkenhof GmbH beauftragt, ein anderes Nutzungskonzept für die Häuser I und III zu entwickeln. Damit sich eine solche Nutzung rechnet, soll der Sprinkenhof GmbH eine Querfinanzierung ermöglicht werden, indem sie die Dienstwohnungsgebäude, die außerhalb des Sicherheitsstreifens liegen, für den Wohnungsmarkt entwickelt.
„Die denkmalsensible Entwicklung von nicht mehr für den Vollzug benötigten Flächen der JVA Fuhlsbüttel und die Sanierung umliegender Dienstwohnungsgebäude ist für Hamburg als wachsende Stadt von großer Bedeutung“, sagte Steffen dem Abendblatt. „Es ist wichtig, dass wir die nicht mehr benötigten Flächen möglichst schnell für andere Nutzungen zur Verfügung stellen.“
Keine Verwendung für Häuser mehr
Die Justizbehörde hat für die beiden denkmalgeschützten Häuser keine Verwendung mehr. Schon seit Langem sind keine Gefangenen in den Gebäuden mehr untergebracht. Das Haus I – ein markanter Kreuzbau, zu dem auch die Anstaltskirche gehört – wurde 1879 eröffnet und ist damit das älteste Gefängnisgebäude. Dort waren während der NS-Zeit die politisch Verfolgten untergebracht. Bereits seit 2009 wird Haus I nicht mehr als Vollzugsanstalt genutzt.
Das kleinere Haus III, das ebenfalls aufgegeben werden soll, ist noch fast im Original erhalten, aber in sehr schlechtem baulichen Zustand. Fatih Akin drehte hier Szenen seines Films „Soul Kitchen“. Die dunkelste Zeit erlebte das Haus, als hier die weiblichen Gefangenen des Konzentrationslagers Fuhlsbüttel („KoLaFu“) untergebracht waren. Einen Teil der Räume nutzt die Verwaltung der Justizvollzugsanstalt, die in die alte Druckerei auf dem Anstaltsgelände nach deren Sanierung umziehen wird.
Diskussion hat eine lange Geschichte
Auch von den 13 Dienstwohnungsgebäuden, die sich außerhalb des Anstaltsgeländes, aber innerhalb des Sicherheitsbereichs befinden und ebenfalls stark sanierungsbedürftig sind, will sich die Stadt trennen. Einschließlich der nicht mehr benötigten Freiflächen geht es um ein Areal von rund 50.000 Quadratmetern – fast die Hälfte des jetzigen Geländes der Justizvollzugsanstalt.
Die Diskussion über andere Nutzungen des weitläufigen Gefängnisareals hat bereits eine lange Geschichte. Zu verlockend ist offensichtlich die Fläche in attraktiver Lage mit einem U- und S-Bahn-Anschluss in der Nähe. Den weitgehendsten Vorschlag machte die Bezirksversammlung Nord, die mit der damaligen Mehrheit von SPD und FDP im Oktober 2011 einen Beschluss fasste, der vorsah, den Strafvollzug in Fuhlsbüttel aufzugeben und das Gelände komplett für den Wohnungsbau zu öffnen. So sollte Platz für 1000 neue Anwohner geschaffen werden. Die Gefangenen sollten nach dem Vorschlag der Bezirksversammlung zufolge vor allem in die Justizvollzugsanstalt Billwerder wechseln.
Kontroverse Debatten
Allerdings machte die damalige Justizsenatorin und heutige Kulturstaatsrätin Jana Schiedek (SPD) den Plänen schnell einen Strich durch die Rechnung. Schiedeks Konzept für die Fortentwicklung des Strafvollzugs sah weiterhin eine Nutzung von „Santa Fu“ vor. Allerdings plante auch Schiedek im Oktober 2011 bereits, einen Teil des Gefängnisses aufzugeben: eben jenes schon damals leer stehende Haus I und das Haus III. Laut den damaligen Plänen sollte auf ein Drittel Fuhlsbütteler Gefängnisareals verzichtet werden – rund 27.000 Quadratmeter. Laut Experten sollten darauf 250 Wohnungen entstehen.
Geschehen ist allerdings nichts. Dabei spielten zum einen die kontroversen Diskussionen um die Neustrukturierung des Strafvollzugs insgesamt bei damals noch sinkenden Gefangenenzahlen eine Rolle. Andererseits ist nach wie vor nicht geklärt, ob sich im Boden unter dem Anstaltsgelände Reste früherer Kulturen befinden. Auf dem Gebiet nahe dem Alsterlauf werden eine prähistorische Siedlung oder Gräber vermutet. Steffen will nun auf die Bürgerschaftsfraktionen zugehen. „Mit Blick auf den überparteilichen Vollzugsfrieden, der auch ein Bekenntnis zu den verbleibenden Hamburger Vollzugsstandorten ist, werden wir die vor Ort notwendigen Sanierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen vorantreiben“, sagte der Justizsenator.