Hamburg. Naturschutzbund Hamburg bittet Wassersportler um Rücksicht. Die Umweltbehörde sieht allerdings keinen Handlungsbedarf.
Blässhühner, Haubentaucher, Höckerschwäne, Eisvögel und Stockenten: Es sind die Wasservögel, die das Bild rund um die Alster und ihre Kanäle prägen. Zumindest in den letzten Jahren. „Früher habe ich alle zehn bis 20 Meter ein Nest eines Haubentauchers gesehen. Mittlerweile bin ich froh, wenn ich zehn Nester im gesamten Goldbekkanal sehe“, sagt Marion Weniger. Und klingt ganz schön entsetzt.
Seit 33 Jahren bietet die 73-Jährige „Alster-Dinner-Shipping“-Touren auf der Alster an, vor vier Jahren begann sie, einen Schwund der Wasservögel wahrzunehmen. Besonders die Situation des Haubentauchers macht Marion Weniger Sorge. Für sie liegt das Problem auf der Hand: Die Stand-up-Paddler seien schuld am Rückgang der Vögel. Durch das Eindringen in entlegene Gebiete würden die Vögel in ihren Rückzugsgebieten gestört. Häufiges Flüchten bedeutet einen hohen Stressfaktor für die Tiere: Sie werden schneller krank. Ungeübte Fahrer hielten sich zudem an den Uferbereichen fest, oder fielen direkt in Nester der Vögel. „Durch Dusseligkeit werden dann die Nester zerstört.“
Ökologischen Zustand der Alster verbessern
Mittlerweile, so Weniger, nehme die Zahl der Stand-up-Paddler deutlich zu. „Das liegt daran, dass die Boote bei den Verleihern registriert sind, die Bretter allerdings nicht“, sagt die Hamburgerin. Marco Sommerfeld, Referent für Vogelschutz beim Naturschutzbund (Nabu) Hamburg, bestätigt Marion Wenigers Wahrnehmung. Auch für ihn sind die vielen Stand-up-Paddler, aber auch Motorboote und frei laufende Hunde sowie Angelschnurverletzungen Grund für den Rückgang der Brutvögel.
Dass es ihr ein großes Anliegen ist, unterstreicht die Schiffführerin auch bei ihren Touren. Immer wieder macht sie ihre Gäste auf den geringen Vogelbestand aufmerksam. Sie ist der Meinung, dass der Nabu Hamburg sich darum allerdings nicht kümmern werde: „Die haben andere Bereiche.“
Dass die Alster für den Nabu sehr wohl eine Rolle spielt, zeigt sich in dem Projekt „Lebendige Alster“, das 2012 gestartet ist. Hierbei, so Sommerfeld gehe es besonders darum, den ökologischen Zustand der Alster zu verbessern und den Naturschutz an dem zweitgrößten Fluss Hamburgs ins Bewusstsein der Bürger zu rücken. Der Hauptfokus wird in den nächsten Jahren auf der Renaturierung und der Aufwertung der Außenalster liegen.
Zunahme des Haubentauchers in Hamburg
Für Jan Dube, Pressesprecher der Umweltbehörde, ist die Situation am Kanal allerdings alles andere als besorgniserregend: „Die Ergebnisse der fachkundigen Ornithologen zeigen eine deutliche Zunahme des Haubentauchers in Hamburg.“ Auch Marco Sommerfeld sieht den Haubentaucher nicht gefährdet. Immerhin brüteten zurzeit 13 Paare auf der Alster.
Auch andere Vogelarten wie Blässhühner, Teichrohrsänger, Höckerschwäne und Teichhühner seien auf der Alster gut vertreten. Knapp 50 Brutpaare sind es derzeit bei den Blässhühnern. Der Teichrohrsänger hat durch den Schilfgürtel sogar an Bestand zugenommen.
Jan Dube ergänzt, dass lokal begrenzte Situationen wie die stark befahrene Alster Auswirkungen auf die Bestände einzelner Arten haben können. Wer weiterhin auf der Alster Stand-up Paddling durchführen möchte, sollte sich vorher über mögliche Brutplätze von Wasservögeln informieren. Generell gilt: Der Mensch dringt in den Lebensraum der Wildtiere ein.
Wassersportler sollten Uferbereiche meiden
„Aus Naturschutzsicht ist die Rücksichtnahme auf die Wasservögel äußerst wichtig. Meine Bitte: Wassersportler sollten in der Brutzeit die Uferbereiche der Alster meiden, um die Tiere nicht zu stören“, appelliert Marco Sommerfeld an die Bevölkerung.
Auf der Homepage des Nabu Hamburg gibt es regelmäßig Tipps zum praktischen Vogelschutz: hamburg.nabu.de/tiere-und-pflanzen/vogelschutz/