Hamburg. Abgleich mit 90 noch nicht identifizierten Leichen. Beamte kritisieren Missstände im Landeskriminalamt.
Es sind rätselhafte Fälle, die bereits vor bis zu 50 Jahren begannen: Die Hamburger Polizei versucht mit einer Arbeitsgruppe, das Verschwinden von 350 Menschen endlich aufklären zu können. Einige der Akten waren zuvor über Jahre nicht mehr geöffnet worden. Die Arbeitsgruppe soll auch Vorschläge erarbeiten, um Mängel bei der Vermisstensuche zu beheben.
Bei den Verschwundenen handelt es sich um Familienväter, Ehefrauen, Söhne oder Töchter, deren Spur sich irgendwo in Hamburg verloren hat. Die ungelösten Fälle betreffen in der Regel Erwachsene.
Vermisste – polizeiintern ein heikles Thema
Polizeisprecher Ulf Wundrack bestätigte, dass die Ermittlungen in Vermisstenfällen in einem Sachgebiet der Abteilung für Kapitaldelikte im Landeskriminalamt (LKA) gebündelt werden sollen. „Auch die Arbeitsprozesse und der Austausch mit anderen Bundesländern soll optimiert werden.
Bislang werden die Fälle von verschwundenen Menschen dezentral in den regionalen Dienststellen des Landeskriminalamtes bearbeitet. Das Thema gilt polizeiintern als sehr heikel, weil es über Jahre schwere Versäumnisse gegeben habe. „Vermisstenfälle sind sehr wichtig, aber das spiegelt die Struktur bislang nicht wider“, sagt Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Andere Ermittler kritisieren einen fehlenden Abgleich von Vermisstendaten in verschiedenen Datenbanken. „Es wurden in vielen Fällen kaum oder keine Spuren gesichert, Einträge vergessen“, so ein Beamter.
Bei 90 Toten wurde die Identität nicht geklärt
Nach Abendblatt-Informationen geht es bei der Arbeitsgruppe nun zentral um etwa 90 in Hamburg gefundene Tote, deren Identität über Jahre nicht geklärt werden konnte. In Polizeikreisen wird vermutet, das die Leichen von einigen der 350 Vermissten bereits gefunden worden sein könnten, aber nie richtig zugeordnet wurden. In den vergangenen Jahren wurden zwei Fälle öffentlich, in denen die Angehörigen erst viel später vom Tod ihrer vermissten Familienmitglieder erfahren hatten – Grund waren Versäumnisse von Beamten.
Wie es von der Polizei heißt, wird die Arbeit an den Vermisstenfällen mit der Soko „Cold Cases“ für ungelöste Verbrechen koordiniert. Das Projekt gilt auch deshalb als schwierig, weil es nur zu jedem zehnten Langzeitvermissten eine DNA-Spur oder einen Zahnabdruck gibt.
Lesen Sie hier den ganzen Report über die Vermisstenfälle