Hamburg. Die Videoüberwachung in St. Georg startet. 16 Kameras filmen das Geschehen. Paket an Maßnahmen soll Situation vor Ort befrieden.

Sexuelle Belästigung, Drogenhandel, schwere Gewaltdelikte – der Hansaplatz in St. Georg ist von einem einst schön gelegenen Areal zu einem der größten Brennpunkte für die Polizei verkommen. Allein seit dem Jahr 2014 hat sich die Zahl der Straftaten auf dem und rund um den Platz mehr als verdoppelt. Um diese Entwicklung zu stoppen, filmen nun 16 Kameras das Geschehen – Innensenator Andy Grote (SPD) erhofft sich von dem Paket an neuen Maßnahmen einen „großen Schritt, diesen zen­tralen Platz wieder lebenswerter zu machen“.

Die Polizei verfolgt dabei eine Mehrfachstrategie. Ziel ist es zum einen, Straftaten zu verhindern. Die Bilder aus den Überwachungskameras werden dafür in der Wache 11 am Steindamm aufgeschaltet. Die Kameras sollen jedoch auch eine abschreckende Wirkung entfalten. Zudem sollen mithilfe der Videoaufzeichnung Straftaten besser aufgeklärt werden. „Jeder soll sich auf dem Hansaplatz jederzeit sicher und wohlfühlen. Durch die Kameras hat die Polizei die Lage dort ständig im Blick und kann notfalls sofort einschreiten“, sagte Grote.

Kameras an sechs Masten angebracht

Vor allem betrunkene und randständige Täter hatten immer wieder für Polizeieinsätze auf und rund um den Hansaplatz gesorgt. Allein im vergangenen November registrierte die Polizei etwa 175 Taten aus dem Bereich der sogenannten Straßenkriminalität – im Januar 2014 waren es noch 75 Taten gewesen. Zuletzt summierte sich die Zahl der Delikte pro Jahr auf mehr als 3000. Auch getrieben von dem unsicheren Zustand am Hansaplatz rangiert St. Georg seit Jahren auf Platz zwei der Stadtteile mit den meisten Gewaltdelikten hinter St. Pauli.

Der Hansaplatz wird von 16 elektronischen Augen überwacht.
Der Hansaplatz wird von 16 elektronischen Augen überwacht. © Michael Arning


Die Kameras wurden nun an sechs Masten angebracht – vier an den Ecken des Hansaplatzes, einer an der Bremer Reihe und ein weiterer an der Zimmerpforte. Gefilmt wird zunächst noch testweise von montags bis donnerstags von 15 bis 7 Uhr und freitags bis sonntags von 9 Uhr bis 7 Uhr. Die Aufnahmen werden dabei auch direkt an die Polizeieinsatzzentrale, in der auch alle 110-Notrufe eingehen, gesendet. An mehreren Monitoren können Beamte das Geschehen auf dem Platz in Echtzeit verfolgen und gegebenenfalls reagieren. Bis zu 30 Tage werden die gespeicherten Aufnahmen zudem aufbewahrt, um bereits geschehene Taten aufklären können. Sollten sie bis dahin als Beweismittel gelten, können sie auch länger gespeichert werden. Anfang August möchte die Polizei in den Realbetrieb übergehen. „Während der Testphase prüfen wir, ab die Kameras richtig ausgerichtet sind und gegebenenfalls noch nachjustiert werden müssen“, sagt Polizeisprecher Ulf Wundrack. Die Speicherung der Daten erfolgt auch schon im Testlauf.

Der Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen sind enge Grenzen gesetzt. So müssen etwa Hauseingänge in der Regel automatisch verpixelt werden. Dies sei bei der nun eingesetzten Technik problemlos gegeben, heißt es von der Polizei. Die Kameras sind schwenkbar und zeichnen gestochen scharf auf, tote Winkel soll es nicht geben. Wenn es konkrete Hinweise auf eine Straftat gibt, kann zudem eine weitere Kamera zum Einsatz kommen und in den Einzelfällen auch etwa in Hauseingänge filmen.

Zahl der Flaschenwürfe steigt etwa weiter an

Der Polizeivizepräsident Morten Struve verweist darauf, dass die Überwachung eine weitere Facette der Arbeit vor Ort sei. „Wir sind dort bereits mit einem vielschichtigen Maßnahmenpaket tätig“, so Struve – dazu zählt neben einer stark erhöhten Präsenz im Streifendienst auch das Verbot von Glasflaschen ab dem Spätsommer, das der Senat bereits beschlossen hat. Zuvor hatte die Innenbehörde eine sogenannte Gefahrenanalyse der Polizei erstellen lassen. Demnach waren etwa die Straftaten mit Flaschenwürfen innerhalb eines Jahres zuletzt um rund 50 Prozent angestiegen. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Schmidt, nennt die Kameras ein „wichtiges Mittel“ gegen solche Taten.

Der Bürgerverein St. Georg hatte sich bereits im Frühjahr gegenüber dem Abendblatt für den Aufbau der Kameras ausgesprochen. „Doch die Überwachung allein reicht nicht aus“, so der Vorsitzende des Bürgervereins, Markus Schreiber. Viel mehr müssten in einem „Gesamtpaket“ an Maßnahmen auch die Arbeit von 30 sozialen Einrichtungen im Umfeld des Hansaplatzes gestärkt werden. Der Verein setzt sich zudem auch für den Bau eines Trinkraums ein, um Konflikte auf dem Platz einzudämmen.

Verkaufsverbot für Alkohol nicht in Sicht

Das ebenfalls oft geforderte Verkaufsverbot für Alkohol ist jedoch weiterhin nicht in Reichweite. Der Bezirksamtschef in Mitte, Falko Droßmann (SPD), hatte auch mit Blick auf den ausufernden Alkoholverkauf durch Kioske auf St. Pauli bereits vor zwei Jahren eine Gesetzesgrundlage für ein solches Verbot gefordert. Einen konkreten Entwurf gibt es dazu jedoch noch nicht. Innensenator Grote bezeichnete das Vorhaben als diffizil und „ein richtig dickes Brett“.

Die Stadt hatte bereits die Videoüberwachung an anderen Brennpunkten ausgebaut. Seit 2016 sind rund um die Reeperbahn 14 Kameras installiert. Seit 2017 wird auch der Jungfernstieg per Video von der Polizei überwacht.