Hamburg. Alexander Franke ist Moderator der Derbywoche – mit einer Schnapsidee wurde er außerdem zum erfolgreichen Unternehmer.

Seinen freien Tag verbrachte Alexander Franke am Donnerstag damit, Hamburg zu erkunden. Hafen, Elbe, Fischbrötchen, sich die frische Brise um die Nase wehen lassen und einfach mal nicht an Arbeit denken. Der 34-Jährige genoss den rennfreien Tag in jener Stadt, in der er bereits als kleiner Junge seine Liebe zu den Pferden entdeckt hatte.

An den 5. Juli 1992 kann sich der gebürtige Stuttgarter erinnern, als wäre es gestern gewesen. Mit seinen Eltern Anna und Jürgen sowie den Geschwistern Marc und Natascha reiste Franke nach Hamburg zum Deutschen Derby. Das Gelände erkunden, sich Autogramme von Jockeys holen und einfach die Faszination Galoppsport aufsaugen. Für Franke gab es damals wie heute nichts Schöneres. „Ich war acht Jahre alt. Das ist das erste Galoppderby, an das ich mich bewusst erinnern kann. Hamburg war für mich und meine Familie immer das Highlight des Jahres“, sagt Franke, der sich sogar noch an den Sieger erinnern kann. „Damals hat Pik König gewonnen, ein Pferd von Albert Darboven. Gerade in dieser Woche habe ich mit ihm darüber gesprochen. Hamburg als Stadt, aber auch als Pferdesport-Mekka hat mich immer fasziniert.“

Traumjob für den Pferdeliebhaber

Für Franke hat sich nun ein Kreis geschlossen. Vor vier Jahren bekam er das Angebot, als Bahnsprecher die Sieger­ehrungen zu moderieren und durch das Rahmenprogramm zu führen. Ein Traumjob für den Pferdeliebhaber, der kurioserweise eine Pferdehaarallergie hat. „Ich habe hier jedes Jahr zum Derby Urlaub in Hamburg gemacht. Ein festes Ritual“, erzählt Franke und ergänzt: „Mein erster Gedanke war: Okay, das fällt künftig flach, aber ich habe keine Sekunde gezögert. Es ist eine Ehre, hier moderieren zu dürfen.“

Vor allem die familiäre Atmosphäre in Hamburg liebt der Bahnsprecher, der zwischen seinen Moderationen immer wieder über das Gelände läuft und sich unters Publikum mischt. Eine Woche trifft sich das Who-is-Who der Szene in Horn. „So geballt gibt es das bei keiner anderen Veranstaltung. Außerdem mag ich den Hamburger Schnack. Hier kann ich eher mal einen lockeren Spruch beim Moderieren bringen als in Baden-Baden, wo alles etwas elitärer ist“, sagt Alexander Franke.

Die Wortgewandtheit liegt der „Stimme von Horn“ ohnehin im Blut. Hauptberuflich ist Franke als Moderator beim Südwestrundfunk (SWR) angestellt, moderiert dort eine Hip-Hop-Sendung, steht regelmäßig bei Musikfestivals und Sportveranstaltungen auf der Bühne. Der Stuttgarter ist Journalist aus Leidenschaft. „Ich habe es schon immer geliebt zu moderieren und spannende Leute wie Eminem oder 50 Cent zu interviewen. Mit 15 Jahren war ich einst Deutschlands jüngster Radiomoderator. Die Passion für diesen Beruf ist bis heute ungebrochen“, sagte Franke und ergänzt fast schon wehmütig: „Aber ich moderiere deutlich weniger, seit sich vor zweieinhalb Jahren mein Leben verändert hat.“

Moderator Franke gründete Gin-Manufaktur

Der Grund dafür war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee: Mit seinem Kumpel Markus Escher gründete Franke im Dezember 2016 die Gin-Manufaktur „GINSTR“. Eine Wortkreation aus Gin und der Flughafenkennung seiner Heimatstadt Stuttgart. „Die Eltern meines Kumpels haben ein Weingut und einen Brennkessel im Remstal. Also sind wir auf die verrückte Idee gekommen, unseren eigenen Gin herzustellen“, erinnerte sich Franke. „Über zweieinhalb Jahre haben wir am Rezept getüftelt, und als wir zufrieden waren, haben wir 711 Flaschen hergestellt, die wir innerhalb eines Jahres verkaufen wollten. Nach fünf Tagen waren wir komplett ausverkauft“, sagte der Unternehmer. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Mittlerweile ist aus dem Hobby längst ein Business geworden. Zehn fest angestellte Mitarbeiter haben Franke und Geschäftspartner Escher in Stuttgart. Pro Jahr gehen 150.000 Flaschen der Spirituose an Kunden weltweit. Längst macht das Unternehmen einen Millionenumsatz und lehnte einige lukrative Übernahmeangebote von Weltkonzernen ab. „Wir wollen uns nicht reinquatschen lassen und selbst bestimmen, in welchem Tempo wir wachsen. Das ist unser Baby“, erklärt Franke. Kurios: Ein Gehalt zahlen sich die beiden Kumpels nicht aus. Sämtliche Einnahmen werden in die Firma reinvestiert. „Das Geld stand nie im Vordergrund. Eher die Erlebnisse und Reisen, die wir machen dürfen“, sagte Franke.

Wie eine Oscar-Verleihung für Gin-Sorten

So wie im vergangenen November. GINSTR räumte bei der Gala in der Londoner Guildhall die Gin Tonic Trophy ab. 400 Barkeeper, Sommeliers und Gin­experten kürten den Gin aus dem Ländle zum Besten der Welt. „Das ist immer noch total surreal. Im Publikum saßen Vertreter der weltweit bekanntesten Spirituosen-Unternehmen, alle im Smoking. Das war wie bei der Oscar-Verleihung, und wir kleinen Scheißer aus Schwaben mittendrin“, erinnert sich Franke, der sich am Abend vor der Gala das Firmenlogo auf den rechten Unterarm tätowieren ließ.

Mittlerweile gehören Sportstars wie der australische Toptennisprofi Nick Kyrgios sowie die Fußballprofis Ron-Robert Zieler und Mario Gomez zu den Stammkunden. In Kürze werden die GINSTR-Macher eine Partnerschaft mit der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft offiziell verkünden. Den größten Coup aber landete Franke in Asien. In Hongkong haben sie einen Exklusivdeal mit dem Ritz Carlton Hotel abgeschlossen. Das hat in China derart für Aufsehen gesorgt, dass das Firmenlogo mittlerweile sogar im Stadion des neureichen Fußballclubs Guangzhou R&F auf Werbebanden zu sehen ist. „Der Club gehört einer Investorengruppe, die 3800 Hotels besitzt. Sie wollten eine Flasche mit dem Vereinslogo drauf, und im Gegenzug können wir dort auf den Banden werben. 400 Millionen Menschen sehen im Fernsehen unser Produkt. Einfach krank!“, sagte Franke.

Sein Pferd hat 6000 Facebook-Freunde

Doch in den Schoß gefallen ist dem Multitalent der Erfolg nicht. Manchmal schuftet er mehr als 100 Stunden pro Woche in all seinen Jobs. Mehr als vier Stunden Schlaf sind kaum drin, vor allem, weil er aufgrund der Zeitverschiebung nachts die Geschäfte mit den asiatischen Kunden abwickeln muss. „Privatleben habe ich im Moment gar nicht“, gesteht der Fan des VfB Stuttgart offen ein. Viel Zeit für seine Hobbys und sein eigenes Pferd bleiben nicht.

Als er bei der TV-Show „Wer wird Millionär?“ 64.000 Euro gewinnen konnte, kaufte er sich Amazing Soldier, der im vergangenen Jahr beim Derbymeeting in Hamburg am Start war. „Mein Pferd hat durch die Show 9000 Facebook-Freunde“, scherzte Franke.

Sein größter Fan ist aber Monika Sozanska (36). Die erfolgreiche Degenfechterin lernte Franke – wie sollte es anders sein – auf einer Pferderennbahn kennen. „Sie und auch meine Chefs beim SWR haben viel Verständnis dafür, dass ich so viel arbeite. Anders ginge es auch nicht“, erklärt der Stuttgarter, für den es weiter die größte Herausforderung sein wird, alle Jobs und das Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Und vor allem Platz zu schaffen für ruhige Momente wie die am Donnerstag im Hamburger Hafen.