Hamburg. Auf Instagram folgen ihr mehr als 850.000 Menschen. Doch was hat die Influencerin so erfolreich gemacht? Im Gespräch verrät sie ihr Geheimnis.

  • Milena Karl gehört zu den erfolgreichsten Influencern Deutschlands
  • Doch der "Flummi" wie sie sich selbst nennt, hätte es ohne Disziplin nie so weit geschafft.
  • Warum ihre Migrationsgeschichte ihr so wichtig ist

Meistens ist es anders herum: Man folgt einer Person auf Instagram, schaut sich regelmäßig Bilder von ihr an und denkt: wie toll! Aber dann lernt man diese Person persönlich kennen und denkt: Naja. Bei Milena Karl ist das Gegenteil der Fall. Ihre Fotos auf Instagram sind zwar schön, keine Frage, aber wie lustig und smart diese Hamburgerin wirklich ist, das stellt sich erst heraus, wenn sie einem begegnet. Was für eine Energie-Offensive! Wer nicht ausgeschlafen hat, der ist nicht bereit für Milena Karl. Die Lautstärke im Raum steigt an, der Level an Lustigkeit genauso. Karl kann erzählen, begeistern, weiß ihre herausragende Position in der Social Media Welt genau einzuordnen: „Würde jemand mein Leben verfilmen, dann sähe man eine Traumwelt.“

Mehr als 850.000 Menschen folgen @milenalesecret, durchschnittlich bekommt sie 15.000 Likes pro Foto. Damit gehört sie zur absoluten Spitze in Deutschland. Es gibt nur wenige Influencer, die in dieser Liga mitspielen, die zur Championsleague von Instagram gehören und damit viel Geld verdienen. So viel, dass man es sich leisten kann, Aufträge von Luxusmarken, für die andere töten würden, abzulehnen. „Ich verkaufe doch nicht meine Seele für eine Brand, egal wie berühmt sie sein mag. Die haben einfach unrealistische Dinge von mir gefordert, das merken meine Fans sofort. Dann verdiene ich zwar viel Geld, verliere aber einen Teil meiner Community – ein schlechter Deal“, sagt Karl und bestellt einen grünen Smoothie.

Milena Karl möchte mehr als nur Beauty-Infleuncerin sein

Wir sind im ÆNDRÈ im Lehmweg. Das Wort ændre kommt aus dem Dänischen und heißt übersetzt verändern. An diesem Ort soll es darum gehen, die Zukunft positiv zu gestalten, Müll zu vermeiden, nachhaltig und regional zu kochen, alle Speisen sind vegan. „Das erste Conscious Café in Hamburg“ schreiben die Fans, der Hashtag #consciousness wird gerade sehr gehypt, die jüngere Generation möchte bewusster leben. Alle werden Greta Thunberg. „In meinem Alter muss man sich zwangsläufig für Themen wie Nachhaltigkeit interessieren, meine Enkel sollen doch auch noch was von dieser Welt haben“, sagt die junge Frau.

Karl hat das Café ausgesucht, weil sie ihren Prominentenstatus inzwischen nutzt, um Dinge, die ihr wichtig sind, zu transportieren: „Ich möchte eine Inspiration sein, vielleicht sogar eine Meinungsmacherin.“ Als Europawahl war, forderte Karl ihre Fans auf, wählen zu gehen, aber Statements zu aktuellem Weltgeschehen im Netz sind gefährlich. „Wir Influencer sind keine ausgebildeten Politiker und ernten häufig hasserfüllte Kommentare, wenn wir politisch Position beziehen.“ Das sei sehr schade, findet Karl, deren Eltern zu Milenas Geburt aus Russland auswanderten nach Dresden, weil sie hofften, Europa würde ihren Töchtern ein besseres Leben ermöglichen.

Agentur und Assistentin unterstützen die Influencerin

Die Situation im Heimatland ihrer Eltern, mit der könne sie natürlich „nur unzufrieden“ sein, sagt die junge Frau. Doch ihre eigenen Tanten haben Putin als Hintergrundbild auf ihren Handys, wer sei sie denn, es zu wagen, den Nationalstolz ihrer Verwandten anzugreifen? „Ein Teil von mir, die große Emotionalität, die ist noch russisch, doch in puncto Organisation und Struktur bin ich inzwischen sehr deutsch“, sagt das Talent (so nennen Agenturen – und natürlich hat Milena eine Agentur und eine Assistentin – ihre erfolgreichen Influencer).

Ohne ihre deutsche Disziplin hätte Karl es nicht so weit gebracht. Wenn sie wie kürzlich zum Coachella-Festival reist oder nach New York, dann shootet sie fünf verschiedene Kampagnen hintereinander: „Ich will mich nicht ausschlafen und in der Sonne liegen.“

Ohne Bewegung hält es der „Flummi“ (Selbstbeschreibung) nicht aus. Milena Karl tobt sich in verschiedenen Hamburger Fitnessstudios aus, hat die Platzreife gemacht und boxt im Studio von Ismail Özen-Otto. Die Trainer würden sie gerne zu mehr als nur Training überreden, talentierte Frauen im Boxen sind Mangelware. „Doch ich will mein Gesicht gerne behalten“, sagt Karl. Als Mädchen war sie auf einem Sportgymnasium, mit 5 begann sie mit ihrer Disziplin Schwimmen, doch als sie im Alter von 14 keine Olympiazeiten schaffte, musste sie runter von der Schule. Harte Selektion.

Milena Karl ist Hamburgs erfolgreichster „Flummi“

Dafür mehr Zeit, Kleidung gut zu kombinieren und die Mama zu bitten, Fotos von ihr zu machen. Der Beginn einer Karriere als Mode- und Reise-Bloggerin. Wer hätte das gedacht? „Vor sechs Jahren hatte ich noch ein Klapp-Handy und benutzte nicht mal WhatsApp, manchmal erscheint mir mein Erfolg kaum begreiflich“, sagt Milena, die so dringend von Dresden nach Hamburg ziehen wollte, dass sie nicht mal mehr auf ihren Abiball ging.

Hamburg sei einfach das Schönste, was sie je gesehen habe, auch jetzt noch, da sie durch die ganze Welt jettet. „In dieser Stadt kann ich gefühlt fünf Persönlichkeiten haben, jeder Stadtteil ermöglicht mir einen anderen Charakter“, sagt Karl. Eine Zeit lang ist sie viel in Eppendorf unterwegs gewesen, jetzt hält sie sich gerade ständig in Ottensen auf und fährt immer wieder dorthin, wo sie noch nie war. Sie sei immer auf der Suche nach Geschichten, sagt Karl, was ein Grund für ihren Erfolg sein könnte. Die Influencerin ist kein reiner Kleiderständer, der neue Looks auf roten Teppichen präsentiert oder sich bei Fashion Weeks vier Mal am Tag in neue Outfits wirft, um so an den Fotografen vorbeizulaufen. Job erledigt. Auftraggeber happy, alle Labels einmal vorgeführt. Nein. „Das ist doch nicht authentisch, wer zieht sich denn im normalen Leben mehrmals am Tag um?“, fragt die 23-Jährige und lacht. „Mir geht es eher um den persönlichen Austausch mit meiner Community, nicht nur um Klamotten.“