Hamburg. Arbeitsagentur stellt neue Erhebung vor. Sanktionsquote bei Ausländern liegt bei 2,3 Prozent. Bei Deutschen ist sie höher.

Die Integration von Menschen ohne deutschen Pass bleibt eine Herausforderung für die staatlichen Arbeitsvermittler – sie können dabei aber offenbar auf die Kooperation der Migranten zählen: Flüchtlinge und andere Ausländer werden in Hamburg deutlich seltener wegen verpasster Termine oder abgelehnter Jobangebote sanktioniert als Deutsche. Das geht aus einer Auswertung der Arbeitsagentur hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

Demnach lag die sogenannte Sanktionsquote von Ausländern im vergangenen Jahr monatlich im Durchschnitt bei 2,3 Prozent – bei Arbeitslosen mit deutschem Pass waren es dagegen 3,6 Prozent. Für alle Betroffenen beläuft sich die Quote in Hamburg auf durchschnittlich 3,1 Prozent. Insgesamt sprachen die Arbeitsvermittler der Jobcenter in Hamburg im Jahr 2018 rund 26.100 Sanktionen gegen Leistungsbezieher aus, die als erwerbsfähig eingestuft wurden.

Laut dem Chef der Agentur für Arbeit in Hamburg, Sönke Fock, decken sich die Zahlen mit den Erfahrungen der im Alltag. „Ein Erklärungsansatz für die niedrigere Quote ist der hohe Anteil von motiviert auftretenden Geflüchteten.“ Sie seien allerdings auch besonders stark auf die Hilfe angewiesen. Mehrere Arbeitsvermittler schilderten gegenüber dem Abendblatt in der Vergangenheit, dass die große Mehrheit der Flüchtlinge vor allem bei abgesprochenen Terminen sehr verlässlich sei. „Natürlich sind die fachlichen Hürden im Gegenzug teilweise besonders hoch. Und einzelne Menschen verweigern sich immer, egal, was man versucht.“ Bei Deutschen wie Mi­granten würde fehlende Kooperation gleichermaßen strikt geahndet.

Die meisten Strafen gibt es wegen verpasster Termine

Nach den Daten der Arbeitsagentur traf die deutliche Mehrheit der Sanktionen im vergangenen Jahr Arbeitslose, die bereits zuvor für Fehlverhalten bestraft wurden. Knapp 12.000 Menschen mussten dagegen zum ersten Mal Einschnitte bei ihren Leistungen hinnehmen.

Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, wurden 80 Prozent der Sanktionen verhängt, weil die Betroffenen vereinbarte Termine mit dem Arbeitsvermittler ohne wichtigen Grund versäumten. In diesen Fällen wird der Regelsatz der Hartz-IV-Empfänger in der Regel zunächst für drei Monate um ein Zehntel gekürzt. In 17,8 Prozent der Fälle gab es eine finanzielle Bestrafung, weil die Arbeitssuchenden eine Arbeit oder Fortbildung nicht antraten oder eigenwillig abbrachen. Bei wiederholten Verstößen kann die Zahlung von Hartz IV bislang sogar zeitweise vollständig ausgesetzt werden – ob diese Sanktionen aber zulässig sind, entscheidet demnächst das Bundesverfassungsgericht.

Der Hamburger Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock sieht trotz der niedrigeren Quote bei den Sanktionen noch Herausforderungen im Umgang mit Mi­granten und vor allem mit Flüchtlingen. „Das sprachliche Niveau bleibt ausbaufähig, und wir wünschen uns alle, dass es hier noch besser vorangehen würde“, sagte Fock dem Abendblatt. „Auf der anderen Seite ergibt sich ein guter und nachhaltiger Lernerfolg erst über das Erleben und Üben der Sprache im Alltag – also auch bei der Arbeit“, sagte Fock. Insbesondere im Umgang mit ausländischen Frauen gebe es zudem weiterhin kulturelle Hürden zu überwinden. „Dazu braucht es Zeit und Vertrauen“, so Fock.

Insgesamt schreitet die Integration der Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt jedoch schneller voran als zunächst prognostiziert. Laut Bundesagentur für Arbeit hatten im Frühjahr dieses Jahres knapp die Hälfte der Flüchtlinge, die in den Jahren 2015 und 2016 nach Hamburg kamen, einen Job gefunden.

Traumata von Flüchtlingen bereiten Arbeitsagentur Sorge

Den Angaben zufolge gehen von etwa 30.000 Asylbewerbern, die während der Flüchtlingskrise in die Hansestadt kamen, rund 15.000 Menschen inzwischen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Pro Jahr hatten zuletzt etwa 3000 Flüchtlinge einen Job gefunden. Sönke Fock führte dies neben dem Engagement der Unternehmen ebenfalls auf die hohe Motivation der Migranten zurück.

Gleichzeitig waren im April aber der Statistik zufolge noch 7300 Flüchtlinge arbeitslos gemeldet. Auch der Anteil der als nicht erwerbsfähig eingestuften Flüchtlinge ist weiterhin hoch. „Es ist leider die Realität, dass psychische Erkrankungen verbreitet sind und ein Trauma sich etwa dann bemerkbar macht, wenn es eine Belastung in Form von Arbeit gibt“, sagt Fock.

Bislang sind der Statistik zufolge rund 41 Prozent der Geflüchteten als Helfer, 48 Prozent als Fachkraft und elf Prozent in akademischen Berufen tätig. Fock plädiert dafür, auch Menschen ohne dauerhaften Asyltitel bessere Förderung zuteilwerden zu lassen. „Es ist eine politische Frage, in welchen Fällen eine Abschiebung angestrebt wird“, sagte Fock. „Die Praxis zeigt, dass die Menschen weit überwiegend mehrere Jahre in Deutschland bleiben – und deshalb auch Chancen für die Integration auf dem Arbeitsmarkt sinnvoll sind.“