St. Pauli. Das Skurrilum erhielt kürzlich die begehrte Auszeichnung. Aber wie funktioniert die Geisterjagd? Ein Selbstversuch.

Das Haus hinter uns ist in gespenstisches Licht getaucht. Aus dem Inneren dringt das herzzerreißende Schluchzen einer Frau. Wir stehen in einem Pentagramm zwischen Grabsteinen, die mit mysteriösen Zeichen und Inschriften verziert sind. Eine Eule ruft. Oder ist es ein Käuzchen? Mit vor der Brust gekreuzten Armen nennen wir nacheinander unsere Namen und sagen dann, laut und beschwörend: „Wir rufen dich an, Maleus Malificarum!” Drei Mal hintereinander. So, wie es uns Geisterjäger Ernie Hudson aufgetragen hat.

Er selbst ist nämlich auf einem Kongress. Daher hat er uns als seine Praktikanten beauftragt, das Haus einer Klientin vom Geist einer weinenden Frau zu befreien. Um die Geschichte zu einem glücklichen Ende zu führen, müssen wir allerdings eine Menge kniffliger Aufgaben lösen. Begonnen hat unser Abenteuer vor der Tür eines Wohnwagens, die mit mehreren Schlössern verriegelt war. Mit Teamgeist, Kopfarbeit und Intuition konnten wir sie öffnen und bis hier, auf den Friedhof vor dem Geisterhaus, vordringen. Nun stehen wir hier – meine Tochter Sophia, ihr Verlobter Michael Behr, Abendblatt-Fotograf Michael Rauhe und ich – und nach dem dritten „Maleus Malificarum” blitzt und donnert es. Die Haustür öffnet sich. Auf unserem Weg, die arme Geisterfrau zu retten, sind wir wieder einen Schritt weiter gekommen.

Skurrilum in zwei Kategorien auf Platz Eins

Wir sind in einem sogenannten Escape-Room. Heraus kommt nur, wer innerhalb von einer Stunde bestimmte Aufgaben löst. Immer mehr Menschen finden Gefallen an dieser Form der Tüftelei, die 2007 in Japan erfunden wurde. Vorbild waren Computerspiele, deren Konzepte in reale Räume übertragen wurden. Mittlerweile gibt es in jeder größeren Stadt Escape-Rooms, allein in Hamburg bieten rund 20 Anbieter unterschiedliche Erlebnisräume an. Unserer heißt „Geisterjäger Ernie Hudson und die weinende Frau“ und gehört zum „Skurrilum“ im Klubhaus St. Pauli am Spielbudenplatz.

Kürzlich wurde er als bester der Welt ausgezeichnet: von einer Community aus 70 Escape-Room-Enthusiasten, die in den USA, in Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Russland und Deutschland nach den kniffligsten, anspruchsvollsten und aufregendsten Fluchträumen suchte. 25 Escape-Rooms erhielten den „Enthusiast Choice Award 2018“. Auch die zehn besten Unternehmen wurde ermittelt. Das „Skurrilum“ landete gleich in beiden Kategorien auf Platz Eins.

Natürlich war das ein entscheidendes Kriterium für unseren Besuch. Und wir wussten auch, dass hier mit Lukas Nimscheck, Heiko Wohlgemuth und Theater-Chef Corny Littmann die kreativsten Köpfe des Schmidt Theaters am Werk waren. Dennoch sind wir überrascht und begeistert von der liebe- und anspruchsvollen Ausstattung. Ein richtiges Mini-Universum haben die drei Gesellschafter hier geschaffen. „Gebaut haben wir diesen Raum in einem Schuhkarton, und unser Bühnenbildner hat es umgesetzt“, sagt Musiker und Theaterautor Nimscheck (30), der als Spielleiter – Pardon: Assistent von Ernie Hudson – während des gesamten Abenteuers den Kontakt zu uns gehalten und uns jetzt noch einmal kurz durch die Räume führt.

Bewegliche Wände und sich öffnende Gräber

Zuviel soll nicht verraten werden: Aber was sich hier auf engstem Raum befindet, ist schon beeindruckend. Ein Zimmer mit beweglichen Wänden, Leitern, auf denen man verschiedene Etagen überwinden muss, Grabplatten, die sich wie von Geisterhand öffnen, wenn man die Ornamente, die sie schmücken, in die richtige Position bringt. Alles bis ins kleinste Detail ausgetüftelt.

Die Escape-Room-Tester waren jedoch nicht nur von der fantasievollen Ausstattung begeistert. Der Erlebnisraum „Geisterjäger Ernie Hudson und die weinenden Frau“ biete als erster eine Kombination aus Escape Game und Hörspiel, urteilte die Jury, und spiele darüber hinaus an mehreren verschiedenen Schauplätzen. Eröffnet wurde das „Skurrilum“ von den drei Gesellschaftern im Jahr 2015 – mit zunächst drei Räumen. 2017 kamen das preisgekrönte Escape-Room und der Raum „Geisterjäger Ernie Hudson und der Zoo des Todes“ dazu. Letzterer wurde ebenfalls ausgezeichnet und landete auf Platz Zehn der Top 25. Hier werden wir unsere Geschicklichkeit das nächste Mal unter Beweis stellen. Unsere Abenteuerlust ist geweckt.