Hamburg. CDU-Bürgerschaftsantrag fordert grundsätzlichen Vorrang vor Ampeln. Der Hamburger Senat sieht das problematisch.

Kreisverkehre haben viele Vorteile gegenüber Kreuzungen mit Ampeln: Sie sorgen für einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss, weniger Lärm, weniger Abgase und sogar für weniger und weniger schwere Unfälle. Das hat der rot-grüne Senat jetzt noch einmal in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering zusammengefasst.

Die CDU nimmt diese Erkenntnisse zum Anlass, einen grundsätzlichen Schwenk in der Hamburger Verkehrsplanung zu fordern. Künftig müsse „die Einrichtung von Kreisverkehren – soweit zumindest gleichermaßen verkehrseffizient – Vorrang vor der Errichtung von Lichtsignalanlagen“ haben, heißt es in einem Antrag, den die CDU-Fraktion jetzt in die Bürgerschaft eingebracht hat. Um den Vorrang von Kreisverkehren festzuschreiben, sollten die „Hamburger Regelwerke für Planung und Entwurf von Stadtstraßen (ReStra)“ novelliert werden, heißt es in dem Papier weiter, in dem sich die CDU auf Erfahrungen anderer Städte und Untersuchungen des ADAC stützt.

70 Kreisverkehre in Hamburg

Staus schadeten Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen, ein wichtiges In­strument dagegen seien Kreisverkehre, sagte CDU-Verkehrspolitiker Thering. Diese seien ein „Universaltalent der städtebaulichen Verkehrsplanung und erfreuen sich in anderen Gegenden Deutschlands einer großen sowie stetig steigenden Beliebtheit“, so Thering. „Der Grundgedanke bei der Errichtung neuer Kreisverkehre besteht darin, den Verkehr ständig in Bewegung zu halten und somit einen gleichmäßigen Verkehrsablauf zu ermöglichen. Dadurch lässt sich der Verkehr nachweislich verflüssigen, die Lärmbelästigung und der Schadstoffausstoß erheblich reduzieren und auch die Gefahr zu verunfallen lässt sich – insbesondere auch mit Blick auf Fußgänger und Radfahrer – erheblich minimieren.“

Derzeit gibt es in Hamburg rund 1800 Ampeln, aber lediglich 70 Kreisverkehre. Allerdings hat die Politik zuletzt immer häufiger auf diese Form der Verkehrslenkung gesetzt. Seit 2011, als es 34 Kreisel in Hamburg gab, hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Laut der Senatsantwort auf die CDU-Anfrage wurden 22 Kreisverkehre seit Beginn der Wahlperiode (2015) neu eingerichtet, 26 weitere sind derzeit in Planung. Allerdings gibt es auch zehn Fälle, in denen ein Bezirk (auf kleineren Straßen) oder der Senat (auf großen Straßen) seit 2015 zunächst die Einrichtung von Kreisverkehren plante, dann aber doch davon Abstand nahm. In den meisten Fällen reichte der Platz nicht aus, oder der Kreisel wurde im Vergleich zu Ampelregelungen als nicht leistungsfähig genug für hohes Verkehrsaufkommen angesehen.

Einige Nachteile

Neben den vielen Vorteilen haben Kreisverkehre nämlich laut Senat auch einige Nachteile. „Besonders zu überprüfen sind im Zusammenhang mit Kreisverkehren mögliche negative Auswirkungen auf Reisezeiten und Fahrkomfort im Linienbusverkehr, besondere Anforderungen an die Sicherung des Fußgänger- und Radverkehrs (beispielsweise zur Schulwegsicherung) sowie die barrierefreie Gestaltung“, heißt es in der Antwort auf die CDU-Anfrage. „Kreisverkehre können bei sehr hohen Verkehrsbelastungen, die sowohl Fahrzeugmengen als auch Fußgängerverkehre beinhalten können, bei beengten Platzverhältnissen in dicht bebauten Bereichen oder schwierigen Randbedingungen für den Grunderwerb sowie bei der Befahrbarkeit für Gelenkbusse und für Sondertransporte an die Grenzen der Realisierbarkeit stoßen.“

Die CDU hatte 2008 ein Programm zur Förderung von Kreisverkehren aufgelegt, das der SPD-Senat nach 2011 in dieser Form nicht weitergeführt hat. Umbauten von bereits bestehenden Kreuzungen an Knotenpunkten in Kreisverkehre lehnt der Senat als unwirtschaftlich ab.

Behörde will weiter jeden Einzelfall prüfen

Auch die aktuelle CDU-Forderung nach einer Änderung der Regelwerke zugunsten von Kreisverkehren findet nicht die Unterstützung der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. „Technische Regelwerke sind grundsätzlich nicht geeignet, politische Prioritätensetzungen abzubilden“, sagte Behördensprecherin Susanne Meinecke. Daher stehe im Regelwerk „ReStra“ auch nichts zur Busbeschleunigung oder Radverkehrsförderung. „Grundsätzlich bedarf die Anlage einer Kreisverkehrsanlage immer einer fachlich fundierten Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung vielfältiger Randbedingungen“, so Mei­necke.

„Dafür sind im Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren und in den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen die Vorzüge, die Kreisverkehrsanlagen bieten können, aufgeführt.“ Mithin: Der aktuelle Senat sieht zwar die Vorteile von Kreisverkehren und will diese auch weiterhin einsetzen. Einen grundsätzlichen Vorrang vor Ampeln will er ihnen aber nicht einräumen.