Hamburg. Bundesweiter Vorstoß von Justizsenator Steffen. Bisher ist es sogar verboten, aus Containern Essbares mitzunehmen.
Menschen, die weggeworfene Lebensmittel aus fremden Abfallbehältern holen, begehen einen Diebstahl – das soll sich ändern. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hat für die Konferenz der Justizminister der Länder in Lübeck einen Antrag vorbereitet, wonach das sogenannte Containern künftig gestattet sein soll. Für noch sinnvoller hält Steffen aber ein gesetzliches Wegwerfverbot für Supermärkte – dann erübrige sich auch das Containern. Dies wäre „am nachhaltigsten und effektivsten“, sagte Steffen dem Abendblatt.
Vorbild sei eine Regelung in Frankreich, so der Senator. Größere Supermärkte dürfen dort genießbare Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern müssen sie an gemeinnützige Organisationen verschenken. Laut der Naturschutzorganisation WWF landen in Deutschland pro Jahr rund zehn Millionen Tonnen noch verwertbare Lebensmittel im Müll. „Dass jährlich mehrere Millionen Tonnen Lebensmittel ohne rechtliche Folge weggeworfen werden und gleichzeitig Menschen strafrechtlich verfolgt werden, die Lebensmittel retten wollen, passt nicht zusammen“, sagt Steffen.
Hamburger Tafel sieht Vorstoß gespalten
Um das Containern zu entkriminalisieren, will der Senator den Bund auffordern, das Strafrecht zum Diebstahl zu ändern. Denkbar sei auch eine Modifikation von Paragraf 959 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bisher gelten Lebensmittel auch dann als Eigentum, wenn sie weggeworfen werden, weil der Eigentümer damit eine Absicht verbindet – nämlich ihre Entsorgung.
In der Praxis wird das Containern regional höchst unterschiedlich geahndet: mal werden Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, mal wird Klage erhoben. Diese Uneinheitlichkeit sei „problematisch“, so Steffen. Wie viele Ermittlungsverfahren die Hamburger Staatsanwaltschaft wegen Containerns eingeleitet hat, ist nicht bekannt – solche Fälle werden in der Statistik nicht gesondert erfasst, hieß es.
Christian Tack, Chef der Hamburger Tafel, sieht Steffens Plan teilweise kritisch. Der Verein liefert wöchentlich rund 20 Tonnen bei Supermärkten eingesammelte Lebensmittel an Bedürftige aus. „Das erlaubte Durchwühlen von Containern halten wir nicht für den richtigen Weg. Wir möchten keine Prügelszenen an den Behältern sehen“, so Tack. Er begrüße aber ein Wegwerfverbot für Supermärkte: „Was brauchbar ist, sollte abgeholt und geregelt verteilt werden.“