Hamburg. Der Schauspieler über die Zeit nach einem Aufruf für eine Abendblatt-Hilfsaktion und warum er die Facebook-Seite nicht geschlossen hat.
Schlagfertig zeigt sich Til Schweiger (55) nicht nur bei seinen Action-Filmen. Gefragt, wie er es denn mit angeblich nur drei Gesichtsausdrücken nach oben ins Filmgeschäft geschafft habe, konterte der Schauspieler und TV-Produzent: „Steve McQueen konnte nur einen Gesichtsausdruck. Und er war der Coolste von allen.“
So freundlich retourniert Schweiger journalistische Fragen nicht immer. Aber am Sonnabend war die Bühne beim „Tag des Journalismus“ für ihn perfekt bereitet: der Fragesteller, ein „Stern“-Journalist, wohlgesonnen, das Publikum im Auditorium der Gruner+ Jahr-Zentrale am Baumwall erst recht. Rund 1000 Interessierte nutzten die Chance, vor der Verleihung des „Nannen-Preises“ einen Blick hinter die Kulissen eines großen Verlages werfen zu können.
Rechtsradikaler Shitstorm
Gleich zu Beginn sprach Schweiger über seine Erfahrungen mit Facebook. Im Juli 2015 hatte er zur Teilnahme an einer Hilfsaktion des Hamburger Abendblatts auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsstroms aufgerufen. Auf seiner Facebook-Seite schrieb Schweiger: „Alle mitmachen.“
Dieser Beitrag löste einen rechtsradikalen Shitstorm aus: „Ich hatte über Nacht Tausende von Nazis an der Backe.“ Es habe Kommentare auf seiner Seite gegeben wie: „Wir wünschen Dir, dass Deine Töchter von einer Horde Neger vergewaltigt werden.“
Damals wehrte sich Schweiger mit diesem Post: „O Mann, ich habs befürchtet!! Ihr seid zum Kotzen! Wirklich! Verpisst Euch von meiner Seite, empathieloses Pack! Mir wird schlecht!!“ Die Reaktion vieler Medien habe er als ungerecht empfunden: „Da wurde geschrieben, Til Schweiger bepöbelt seine Fans.“
Er habe überlegt, seine Facebook-Seite zu schließen, dies aber wieder verworfen – schließlich habe er 1,3 Millionen Fans auf seiner Seite. Inzwischen hat Schweiger nach eigenem Bekunden seine Facebook-Aktivitäten zurückgefahren, auch auf Anraten seiner Töchter. Bei der jüngeren Generation spiele Facebook ohnehin keine große Rolle mehr.
Depp von der Lindenstraße
Schweiger verteidigte seinen seit Jahren praktizierten Kurs, seine Filme nicht mehr wie sonst üblich vorab Kritikern zu zeigen: „Ihr müsst euch schon die Tickets selber kaufen, wenn ihr mich verreißen wollt.“
Wie sehr ihn auch nach 30 Jahren im Film- und TV-Geschäft negative Kritiken treffen, zeigte sich bei seinem Rückblick auf seinen Karrierebeginn, als er von 1990 bis 1992 die Rolle des Jo Zenker in der ARD-Serie „Lindenstraße“ spielte. Für viele sei er der „Depp von der Lindenstraße“ geblieben. Seine erste Hauptrolle in dem Kinofilm „Manta, Manta“ habe ebenfalls zu seinem negativen Image beigetragen: „Der Film wurde verrissen, obwohl ihn das Publikum geliebt hat.“ Sein Verdacht: „Viele Kritiker haben den Film gar nicht gesehen.“ Sein Schauspielerkollege Moritz Bleibtreu habe als Sohn eines berühmten Schauspielerpaares viel bessere Startbedingungen gehabt.
Im „Tatort“ wird Schweiger erst wieder 2020 in der Folge „Tschillout“ zu sehen sein. Schweiger arbeitet dort in seiner Rolle als Kriminalhauptkommissar Nick Tschiller auf Neuwerk mit schwer erziehbaren Jugendlichen und wartet auf ein Disziplinarverfahren wegen eines nicht genehmigten dienstlichen Trips.
Emotionaler Typ
Die Folge werde deutlich weniger Action-Szene haben – laut Schweiger auch eine Reaktion auf die TV-Gewohnheiten der „Tatort“-Zuschauer. Viele hätten nach ein paar Minuten abgeschaltet, weil es direkt am Anfang besonders hart zuging. Schweiger kommt der neue Kurs durchaus entgegen: „Ich werde ja auch nicht jünger.“ Sein Vater habe früher oft gesagt: „Irgendwann siehst du nicht mehr so gut aus, dann kannst du diese Rollen nicht mehr spielen.“ Seine Antwort: „Dann spiele ich eben Väter und später Großväter.“
Er werde aber weiter seine Meinung sagen, unabhängig von den Konsequenzen in den sozialen Netzwerken: „Ich bin nun mal ein emotionaler Typ.“ Selbstkritisch zeigte sich Schweiger in einem anderen Punkt. Zu sehr habe er sein Privatleben medial geöffnet: „Ich habe mal der ,Bunten‘ Familienfotos geschickt, das würde ich heute nicht mehr machen.“
Vor Schweiger sprach der Komiker Atze Schröder, der früher häufig in der TV-Show „Wetten, dass ..?“ zu Gast war, beim „Tag des Journalismus“. Unter dem Gelächter der Zuhörer erinnerte sich Schröder in seinem Ruhrpott-Slang an einen peinlichen Auftritt. Einmal habe er sich während der Sendung so sehr mit Champagner betrunken („bei der Show war es auf der Couch so langweilig“), dass er beinahe seinen Einsatz als Wettpate verpasst hätte. Da die Wette verloren wurde, musste der Komiker seine Wettschuld einlösen: eine Kandidatin mit einer Ente zum Bahnhof chauffieren: „Ich war hackedicht, zum Glück hatten wir eine Polizeieskorte. Die Frau war aber sehr froh, als sie aussteigen konnte.“