Hamburg. Islamischer Rat will nichts mit Hardlinern zu tun haben. Liberaler Daniel Abdin unterlag gegen arabischstämmigen Ben-Khemis.

Haben sich Hardliner durchgesetzt bei der Neuwahl des Vorstandes des Rates der Islamischen Gemeinschaften (Schura)? Als „Blödsinn“ hatte die Schura-Führung diese Vermutung vor zwei Wochen bezeichnet, nun legt der Verband nach: „Solche Unterstellungen sind fernab der Realität“, erklärte Norbert Müller, im Schura-Vorstand für Rechtsangelegenheiten zuständig, am Montag vor Journalisten. „Den Rahmen unserer Arbeit bildet Deutschland. Wir stehen für eine pluralistische Gesellschaft.“

Mit der Politik der türkischen Partei AKP unter der Führung des türkischen Präsidenten Erdogan habe der Schura-Vorstand nichts zu tun, sagte Müller. Dass der umstrittene langjährige Schura-Vorsitzende Mustafa Yoldas nicht erneut angetreten sei, unterstreiche dies. Yoldas hatte auf Facebook einen türkischen Militärangriff gegen Kurden in Syrien bejubelt, sich später allerdings für diese Sätze entschuldigt.

Verträge beenden?

Anlass für die Kontroverse ist, dass der als liberal geltende bisherige Vorstand Daniel Abdin von der Al-Nour-Moschee bei der Vorstandswahl laut Schura gegen den arabischstämmigen Hamburger Ben-Khemis unterlag. Die CDU deute dies als Zeichen, dass eine „türkei- und irantreue“ Führung die Schura übernommen habe, sagte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries dem Abendblatt.

Für besonders problematisch hält die CDU, dass auch im neuen Vorstand mit Mohammad Ale Hosseini ein Vertreter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) sitzt. Das IZH hat laut Verfassungsschutz mehrfach Vertreter zu den sogenannten Al-Quds-Demonstrationen geschickt, bei denen die Vernichtung Israels gefordert wird.

Der als liberal geltende bisherige Vorstand Daniel Abdin
Der als liberal geltende bisherige Vorstand Daniel Abdin © Imago/epd-bild

Die Frauen-Union hat zum CDU-Parteitag am 18. Juni einen Antrag eingereicht, in dem sie die Bürgerschaftsfraktion auffordert, sich für ein Ende der Verträge mit der Schura und der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) einzusetzen. In dem Antrag werden Vorkommnisse aufgezählt, mit denen auch Ditib oder das enge Umfeld der Organisation gegen den Geist der Verträge verstoßen habe – etwa mit Aussagen wie „Demokratie ist für uns nicht bindend“.

Sprachkurse und Besuch einer Gedenkstätte

Mohammad Ale Hosseini erklärte, es gehöre zum Selbstverständnis des Schura-Vorstandes, das Grundgesetz „zu schützen und zu bewahren“. Der Rat wende sich gegen Extremismus. „Wir konzentrieren uns auf ein friedliches und respektvolles Miteinander.“

Fatih Yildiz, ebenfalls neu im Schura-Vorstand, verwies auf ein „Qualifizierungsprogramm“ des Rates für Imame, an dem ihm zufolge 20 der mindestens 60 Imame in Hamburg teilnehmen. Neben Sprachkursen zählten zu dem Programm bisher etwa Besuche der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, des Rathauses und der Beratungsstelle Ibera für Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat.