Hamburg. 28-Jähriger in Bahrenfeld verhaftet. Er soll in Syrien gekämpft und in Deutschland Mitglieder für die Terrormiliz angeworben haben.
Schwer bewaffnete Spezialkräfte haben am Mittwochmorgen gegen sechs Uhr früh eine Wohnung in Hamburg-Bahrenfeld gestürmt. Bei der Aktion wurde ein mutmaßlicher Anhänger der Terrormiliz IS festgenommen, wie ein Sprecher der federführenden Bundesanwaltschaft dem Abendblatt sagte. Zudem wurde auch eine weitere Wohnung durchsucht, in der der Mann gemeldet war, offenbar aber nicht lebte.
Der 28-Jährige Volkan L., ein deutscher Staatsbürger, wurde mit auf dem Rücken gefesselten Händen abgeführt und in einen Gefangenentransporter gebracht. Er soll noch heute einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet. Dazu wurde er mit einem Hubschrauber nach Karlsruhe geflogen.
Militärische Ausbildung in Syrien
Der Mann soll im November 2013 nach Syrien gereist sein und sich dort der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen haben. Schon kurz nach seiner Ankunft in dem Land habe er sich in die Entscheidungs- und Befehlsstrukur der Terroristen eingegliedert und eine militärische Ausbildung absolviert, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit.
Im März 2014 kehrte Volkan L. nach Deutschland zurück. Hier soll der Verdächtige Mitglieder für den IS angeworben und mindestens eine Person dazu gebracht haben, nach Syrien zu reisen. Die Ausreise lief dabei offenbar über einen Schleuser, der Verdächtige soll als Vermittler aktiv gewesen sein.
In salafistischer Szene aktiv
Nach Informationen des Abendblatts bewegte sich Volkan L. seit Jahren in Hamburg in der salafistischen Szene, besuchte regelmäßig Moscheen. Er war auch in der Taqwa-Moschee an der Anzengruber Straße in Wilstorf aktiv, die seit Jahren als Treffpunkt von gewaltbereiten Salafisten gilt.
Der Dschihadist soll sich auch an Ständen des inzwischen verbotenen Netzwerks "Lies!" beteiligt haben, die über Jahre regelmäßig Korane in der Hamburger Innenstadt verteilt hat. Seit wann sich Volkan L. schon in der Hansestadt aufhält, wollte der Sprecher des Bundesanwaltschaft aber nicht sagen.
Rückkehrer stehen im Fokus der Behörden
Offiziellen Angaben zufolge sind in den vergangenen Jahren 65 Menschen in den Nahen Osten gereist, um sich den dortigen Kämpfen anzuschließen. Etwa ein Drittel davon sei inzwischen zurückgekehrt. "Diese Menschen sind in der Regel nach ihrer Rückkehr wieder in der islamistischen Szene aktiv", so ein Sprecher des Verfassungsschutzes.
Die Rückkehrer stehen im Fokus der Sicherheitsbehörden. Dabei sind laut Senat "sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen" denkbar und würden den Einzelfällen entsprechend ausgewählt. Dazu gehört etwa eine genaue Klärung, welche Rolle die Rückkehrer bei den Kämpfen im Ausland eingenommen haben und ob es Ansätze für strafrechtliche Ermittlungsverfahren gibt. Auf der anderen Seite werden die Rückkehrer teils gezielt angesprochen oder ihr Pass entzogen, wenn sich Hinweise auf eine erneute Ausreise verdichten.
Mehrere Razzien gegen Islamisten in Hamburg
Die salafistische Szene in Hamburg ist über Jahre stark angewachsen und stagniert aktuell auf dem hohen Niveau von 771 Personen, wie ein Sprecher des Verfassungsschutzes auf Anfrage sagte. Davon gelten 410 Menschen als gewaltbereite Dschihadisten, darunter auch der jetzt festgenommene Volkan L.
Im vergangenen halben Jahr gab es mehrfach Aktionen der Polizei gegen Islamisten in Hamburg. So wurde im Dezember vergangenen Jahres zunächst eine 40 Jahre alte Frau verhaftet, die die Terrorgruppe "Islamischer Staat" unterstützt haben soll.
Unmittelbar vor Weihnachten wurde auch der 18 Jahre alte Zineddin K. aus Bramfeld, ein Deutscher mit algerischen Wurzeln, festgenommen. Er hatte im Internet Propaganda für die Terrorgruppe betrieben und unter anderem ein Foto ins Internet gestellt, dass eine IS-Flagge vor der Elbphilharmonie zeigt. Im Januar erfolgte ein Zugriff von Spezialkräften gegen den Afghanen Hamid K. (39), der sich in Syrien in einem IS-Camp oder von der radikalislamischen Al-Nusra-Front zum Kämpfer hatte ausbilden lassen.