Hamburg. In der dicht bebauten Innenstadt soll Autofahren zur Ausnahme werden. Radfahrstreifen sollen sicherer werden. Die genauen Pläne.
Mehr Fußgängerzonen, breitere Fußweg, mehr Fahrradstraßen und mehr geschützte Radstreifen auf den Fahrbahnen – so stellen sich die Grünen in der Bürgerschaft die Mobilität der Zukunft in der Hamburger Innenstadt vor. Innerhalb eines „Ring 2 plus“, der die dicht bebauten Gebiete nördlich der Elbe von Bahrenfeld über Eimsbüttel und Eppendorf bis über Barmbek und Winterhude hinaus umfasst, sollen Fußgänger und Radverkehr Vorrang haben.
In der „äußeren Stadt“ und im Umland sollen dagegen der motorisierte Verkehr und der „Umweltverbund“ aus Radlern, Fußgängern und Öffentlichem Nahverkehr gleichberechtigt sein. Den Anteil dieses Umweltverbunds, der 2017 bei 64 Prozent lag, wollen sie bis 2030 auf 80 Prozent steigern. Allein der Radverkehrsanteil soll von zuletzt 15 Prozent bis Mitte der 20er-Jahre auf 25 Prozent steigen.
Grüne akzeptieren, dass im Umland Autos gleichberechtigt sind
Die Haltung, dass zumindest in den Außenbereichen einer extrem weitläufigen Stadt wie Hamburg für einige Menschen das Auto unverzichtbar sein kann, ist für die Grünen durchaus neu. „Hamburg ist nicht gleich Hamburg“, sagte Fraktionschef Anjes Tjarks am Freitag im Vorfeld einer „Mobilitätskonferenz“ seiner Partei mit externen Experten.
„In der inneren, gestapelt gebauten Stadt, geben wir dem Fuß- und Radverkehr Priorität und wir verbessern die Verzahnung mit dem Nahverkehrsangebot. Das beinhaltet Fahrradstraßen, breitere Fußwege und größere Fußgängerzonen in den Nebenstraßen sowie geschützte Radstreifen und maßgeschneiderte Lösungen auf den Hauptverkehrsstraßen.“ Und auch wenn man in der äußeren Stadt und im Umland die Gleichberechtigung von Umweltverbund und Auto akzeptiere, wolle man doch „den Umstieg so leicht wie möglich machen“, so Tjarks. Verkehrsexperte Martin Bill ergänzte: „Wir wollen Menschen von A nach B bringen, nicht Autos.“
Radfahrstreifen sollen sicherer werden
Eine leichte Kurskorrektur nehmen die Grünen auch bei Thema Radfahrstreifen vor: Hatten sie bislang standhaft auf Untersuchungen verwiesen, wonach es für Radfahrer am sichersten sei, neben den Autos auf der Straße zu fahren, weil man besser gesehen werde, akzeptieren sie nun, dass sich viele Radfahrer in unmittelbarer Nähe von Autos und Lkw unsicher fühlen. „Entscheidend ist, dass sich die Leute wohlfühlen“, sagte Tjarks. „Die subjektive Sicherheit muss sich erhöhen.“
Wie Bill erläuterte, könnten Radfahrstreifen durch verschiedene Maßnahmen sicherer werden: Eine Möglichkeit sei die farbliche Absetzung – solche knallroten Radstreifen gibt es zum Teil in Hamburg schon. Zweitens könne man die Streifen baulich von der Fahrbahn trennen, etwa durch Erhöhung oder auch durch Poller. Drittens müsse ein Radfahrstreifen mindestens 2,50 Meter breit sein, damit sich dort auch Radler begegnen oder überholen können – das sei in Hamburg aber kaum der Fall. Welche Maßnahme wo am sinnvollsten ist, müsse immer entlang der örtlichen Gegebenheiten entschieden werden.
Susannenstraße im Schanzenviertel soll Fahrradstraße werden
Wenn es nach den zusammen mit der SPD regierenden Grünen geht, soll es zudem weitere Fahrradstraßen wie am Leinpfad in Winterhude geben. Der Umbau dort sei gelungen und werde sehr gut angenommen, sagte Bill. Nach seinem Eindruck hätten sich die Anwohner auch mit der geringeren Anzahl an Parkplätzen arrangiert. Nachdem als nächstes die Chemnitz- und Thadenstraße in Altona zu Fahrradstraßen umgebaut werden sollen, können sich die Grünen das auch für die Susannenstraße im Schanzenviertel vorstellen, eine entsprechende Visualisierung haben sie schon erstellt. Auf die Frage, wo die Autos, die dort bislang parken, bleiben solle, sagte Tjarks: „Das wird Parkplätze kosten, das ist so.“ Er könne aber nicht sagen, wie viele.
Den CDU-Vorschlag, allen Hamburgern, die ihr Auto abmelden, im Gegenzug ein HVV-Jahresticket für 365 Euro im Jahr (ein Euro pro Tag) zur Verfügung zu stellen, finde er prinzipiell gut: „Wir unterstützen jede Idee, die dazu führt, dass die Leute ihr Auto abgeben.“ Er rate aber dazu, zunächst das Projekt „Steig um!“ abzuwarten und auszuwerten. Wie berichtet, zahlt die Umweltbehörde ausgewählten Hamburgern, die für drei Monate ihr Auto abgeben, monatlich 400 Euro, um andere Verkehrsmittel wie Bus, Bahn, StadtRad oder E-Roller zu nutzen – das Abendblatt berichtet regelmäßig über die Aktion.