Hamburg. Stadt müsse eigene Lkw bis Jahresende mit Abbiegeassistenten ausstatten. Prämie für Umrüstung gefordert.
Angesichts immer neuer, häufig auch tödlicher Unfälle mit abbiegenden Lkw hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion den Senat jetzt aufgefordert, bis zum Jahresende alle städtischen Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen aufwärts mit Abbiegeassistenten auszustatten. Solche Geräte warnen den Lkw-Fahrer zum Beispiel durch ein Tonsignal, wenn sich ein Radfahrer oder Fußgänger im toten Winkel ihres Fahrzeugs befindet – und können so schwere Unfälle verhindern helfen. In einem neuen Bürgerschaftsantrag zu dem Thema plädiert die CDU zudem dafür, mit Hilfe einer Prämie auch einen Anreiz für private Besitzer und Firmen zur schnellen Umrüstung ihrer Fahrzeuge zu schaffen. Laut Antrag sind derzeit rund 50.000 LKW in Hamburg angemeldet.
Vor allem Radfahrer werden übersehen
„Die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr gehört weiterhin zur Priorität der Verkehrspolitik der CDU“, sagte deren Verkehrspolitiker Dennis Thering dem Abendblatt. „Leider kommt es immer wieder zu Lkw-Abbiegeunfälle weil insbesondere Radfahrer übersehen werden. Das ist nicht länger hinnehmbar. Abbiegeassistenten können Leben retten, weil sie andere Verkehrsteilnehmer im toten Winkel anzeigen. Es reicht nicht aus, lediglich stückchenweise einzelnen Lkws umzurüsten, sondern jetzt ist der große Wurf erforderlich. Die städtische Lkw-Flotte muss deshalb mit gutem Beispiel vorangehen.“ Bis Ende Mai 2019 solle der Senat zudem zusammen mit Handels- und Handwerkskammer ein Prämiensystem für die Umrüstung älterer Lkw auflegen, so der CDU-Antrag, in dem die Fraktion u.a. auf durch abbiegende Lkw ausgelöste tödliche Fahrradunfälle im März 2019 und im Mai 2018 hinweist.
ADFC fordert Task Force
Auch der Fahrradclub ADFC plädiert für schnelles Handeln. „Wir fordern den Senat auf, sofort bei der Bundesregierung für die verpflichtende Einführung von elektronischen LKW-Abbiegeassistenten zu intervenieren – und eine Task Force ‘Prävention von Radunfällen durch abbiegende LKW’ ins Leben zu rufen“, sagte ADFC-Sprecher Dirk Lau dem Abendblatt. „Es muss alles technisch Machbare unternommen werden, um die Menschen im Straßenverkehr vor solchen vermeidbaren Abbiegeunfällen zu schützen.“ Wenn man mit der so genannten „Vision Zero“ das Ziel verfolge, dass es keine Verkehrstoten mehr gebe, dann müsse die Politik „dem Schutz der Verkehrsteilnehmer*innen höchste Priorität geben – vor allen anderen Aspekten wie etwa Kfz-Verkehrsfluss oder Leistungsfähigkeit von Straßen“, so Lau. „ Außer technischen Verbesserungen bei der Lkw-Ausrüstung braucht es in Hamburg aber genauso dringend den Ausbau sicherer Radinfrastruktur durch mehr Platz fürs Rad, Verkehrsberuhigung (Tempo 30) und weniger Autoverkehr.“
Pilotprojekt mit 18 Fahrzeugen
Die zuständige Innenbehörde betonte dagegen, dass sie bereits seit März in einem Pilotprojektes drei am Markt erhältliche Abbiegeassistenzsysteme teste. An dem behördenübergreifenden Pilotverfahren des Landesbetriebs Verkehr (LBV) sind demnach 18 Fahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeugtypen von Hamburger Behörden, öffentlichen Unternehmen und Firmen aus der Privatwirtschaft beteiligt. Die Dauer des Pilotprojektes ist laut Innenbehörde auf sechs Monate angelegt.
Die Auswertung der Ergebnisse durch das Statistikamt Nord soll danach als „Entscheidungsgrundlage für die weitere Umrüstung städtischer Nutzfahrzeuge“ dienen. Auch der Senat will danach „für die Privatwirtschaft Anreize schaffen, Fahrzeuge entsprechend umzurüsten“, wie er kürzlich mitteilte. „Mit dem Pilotprojekt legen wir die Grundlage für eine schnellstmögliche Umrüstung der städtischen Lkw-Flotte“, sagte Innenbehördensprecher Daniel Schäfer.
Verschiedene Geräte werden getestet
„Bevor diese allerdings erfolgt, macht es Sinn, die verschiedenen am Markt verfügbaren Geräte zunächst einmal zu testen, bevor man sich entscheidet. Immerhin handelt es sich um rund 2200 städtische Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die voraussichtlich bis Ende 2020 auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse umgerüstet werden sollen.“
Hamburg dränge zudem darauf, „dass der Bund sein Förderprogramm noch einmal deutlich aufstockt“. Das Interesse vieler Firmen seigroß, das zeige auch das Interesse privater Unternehmen am städtischen Pilotprojekt, so Schäfer. „Die fünf Millionen Euro Förderung des Bundes sind aber jetzt schon überzeichnet und werden bei weitem nicht ausreichen.“