Hamburg. Nach erneuten Verspätungen auf den Linien S3/S31 will Dirk Kienscherf Druck auf die S-Bahn machen: „So geht es nicht weiter.“
„Die S-Bahn Hamburg war im März wieder zuverlässiger unterwegs. Im vergangenen Monat fuhren 94,4 Prozent aller S-Bahnen pünktlich ab.“ Diese Mitteilung der Deutschen Bahn vom Donnerstagmittag muss zumindest vielen Fahrgästen, die auf den Linien S3 und S31 unterwegs sind, wie Hohn vorgekommen sein.
Denn auf der Strecke zwischen Stade und Pinneberg ist die Wahrnehmung seit Monaten genau umgekehrt: Gefühlt kommt die Mehrheit der Bahnen unpünktlich – wenn sie überhaupt fahren.
Scharfe Kritik über Facebook
So wie am Donnerstagmorgen: „Wegen einer Betriebsstörung“, so die Durchsage auf den Bahnsteigen, fuhren die Züge im morgendlichen Berufsverkehr nur unregelmäßig, waren entsprechend überfüllt und bummelten dann auch noch zwischen Wilhelmsburg und Veddel mit leicht erhöhter Schrittgeschwindigkeit dahin. Bei vielen Fahrgästen lagen die Nerven blank.
Zu ihnen gehörte auch Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft. „Der S-Bahnverkehr zwischen Hauptbahnhof und Harburg ist auch diese Woche höchst störanfällig“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. „Jetzt geht es nur noch mit 20 km/h voran. Das ist schon unfassbar. Mir tun die Lokführer, Mitarbeiter/innen und Fahrgäste echt leid“, so Kienscherf, der auch gleich einen Vorschlag machte: „Alle Abo-Karten-Inhaber sollten einen 20-Prozent-Störrabatt erhalten. So geht es jedenfalls nicht weiter.“
SPD-Fraktionschef will Druck machen
Auf Nachfrage des Abendblatts erklärte Kienscherf, dass die Politik schon lange mit der Deutschen Bahn und ihrer Tochter S-Bahn Hamburg GmbH wegen der Verspätungen im Gespräch sei. Aber trotz vieler Versprechen habe sich substanziell nichts gebessert. Er werde jetzt erneut Druck machen: Die Bahn müsse die Probleme entweder endlich abstellen oder aber klipp und klar erklären, dass sie noch länger bestehen werden – und dann müsse man über eine Entschädigung für die Fahrgäste reden.
Kay Uwe Arnecke, Geschäftsführer S-Bahn Hamburg, hatte hingegen eine ganz andere Sichtweise: „Wir haben in den letzten Monaten hart an der Pünktlichkeit gearbeitet und sehen in den Zahlen für den März die ersten Erfolge“, wurde er in der Bahn-Mitteilung zitiert. „Jetzt heißt es im Sinne unserer Fahrgäste dranbleiben, den positiven Trend wollen wir fortsetzen.“
Probleme mit neuer Zug-Generation
Grund für die Verspätungen zum Jahresbeginn seien unter anderem die Hochlaufphase der neuen Fahrzeug-Generation ET 490 sowie die Bauarbeiten an der Eisenbahnbrücke über die Bille gewesen. Diese seien aber seit Anfang März abgeschlossen, so dass die Züge der S2 und S21 hier wieder mit voller Fahrt unterwegs seien.
Für die Verspätungen am Donnerstagmorgen hatte ein S-Bahn-Sprecher zwei Erklärungen: Erstens habe ein Polizeieinsatz in der Station Reeperbahn zwischen 7.50 und 8.50 Uhr zu Streckensperrungen geführt. Und zweitens sei bei Messfahrten ein Fehler am Gleis entdeckt worden, weswegen die Züge den betreffenden Abschnitt nur langsam passieren konnten.
Kompromiss denkbar
Generell gelten S3 und S31 – mit zusammen 350.000 Fahrgästen pro Tag die mit Abstand meistfrequentierten Bahnlinien der Stadt – als sehr anfällig. Die S-Bahn führt das unter anderem darauf zurück, dass sich die Züge zwischen Neugraben und Stade das Schienennetz mit anderen Anbietern, auch Güterverkehr, teilen müssen. Außerdem gebe es auf den Strecken viele Bahnübergänge und Signalanlagen, was ebenfalls Probleme verursachen könne.
Möglicherweise finden Stadt und S-Bahn auch eine gemeinsame Linie. Kienscherf deutete bereits an, dass man gegebenenfalls gemeinsam den Druck auf den Bund – als Eigner der Bahn – erhöhen müsse, damit die veraltete Eisenbahn-Technik wie ein störanfälliges Stellwerk im Bereich Wilhelmsburg schneller modernisiert wird.