Hamburg. Kampagne #coolmomsdontjudge startet in Hamburg: Jede zweite Mutter fühlt sich beleidigt. Was Schauspielerin Isabell Horn erlebte.

In den Kommentarspalten der sozialen Medien, auf dem Spielplatz oder im Supermarkt: Häufig kritisieren Mütter oder Außenstehende andere Mütter und deren Erziehungsstil – im Englischen gibt es für diese Mutter-Beschimpfung den Begriff „Mom-bashing“. Im Café Ellippa am Eppendorfer Baum trafen sich am Mittwoch Betroffene und tauschten sich aus. Ihr Ziel: mehr Liebe, weniger Hass.

Ein Klassiker: Wie geht man mit Wutanfällen von Zweijährigen im Supermarkt um? Ignorieren und weggehen? Auf das Kind einreden? „Mein zweieinhalbjähriger Sohn wollte einen Donut aus dem Supermarktregal. Ich habe ,Nein' gesagt, er hat sich dann hingeschmissen, und ich habe mich neben ihn auf den Fußboden gesetzt und abgewartet, bis er sich beruhigt hat“, erzählt eine Mutter. „Dann kam eine ältere Frau und fuhr uns mit Absicht mit ihrem Einkaufswagen an und sagte: ,Sie können mal anfangen, Ihr Kind zu erziehen!'“ Das saß.

Beleidigungen in den sozialen Medien

Auch Schauspielerin Isabell Horn (“Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“), Mutter der fast zweijährigen Ella und schwanger mit einem Jungen, kennt solche Beleidigungen. Als sie bei Instagram Fotos von einem Pärchenwochenende mit ihrem Mann Jens Ackermann postete, hagelte es böse Kommentare. „Warum schiebst du Ella ab?“ war so einer.

Diskussion mit vielen Müttern und einem Vater (v.l.): Carmen Lazos Wilmking (Löwenzahl Organics), Daniela Westberg-Heuer (Kaiserschlüpfer), Schauspielerin Isabell Horn, Autorin Nicole Beste-Fopma, Marco Krahl (stellvertretender Chefredakteur Men's Health Dad).
Diskussion mit vielen Müttern und einem Vater (v.l.): Carmen Lazos Wilmking (Löwenzahl Organics), Daniela Westberg-Heuer (Kaiserschlüpfer), Schauspielerin Isabell Horn, Autorin Nicole Beste-Fopma, Marco Krahl (stellvertretender Chefredakteur Men's Health Dad).

Carmen Lazos Wilmking, einer der beiden Gründerinnen des Berliner Babynahrungsherstellers „Löwenzahn Organics“ und auch Mutter, kennt das: „Mein kleiner Sohn ist in der Öffentlichkeit ausgerastet, als ich ihn abends nach einem langen Tag in den Kinderfahrradsitz anschnallen wollte.“ Eine Passantin meinte zu ihr auf Spanisch: „Ach, die Erziehung von heutzutage.“ Carmen Lazos Wilmking kommt aus Mexiko. „Ich habe ihr hinterhergebrüllt: Ich habe alles verstanden. Das war nicht mein bester Moment.“

Wie man es macht, macht man es falsch

Carmen Lazos Wilmking und ihre Geschäftspartnerinnen wollten wissen, ob hinter diesen persönlichen Erlebnissen mehr steckt und gaben eine repräsentative Studie bei Forsa in Auftrag. Befragt wurden 1010 Mütter mit Kindern im Alter von bis zu vier Jahren. Heißes Thema ist das Stillen: So gaben 12 Prozent der stillenden Mütter an, dass sie dafür kritisiert wurden, ihrem Kind nicht stattdessen die Flasche zu geben, 14 Prozent wurden wegen Stillens in der Öffentlichkeit kritisiert.

Von den Flaschen-Mamas wurden 31 Prozent dafür angegangen, dass sie die Flasche geben statt zu stillen. Wie man es macht, macht man es falsch. Die Zahlen hätten Carmen Lazos Wilmking und ihre Mitstreiterinnen überrascht: 77 Prozent, also mehr als drei von vier befragten Müttern, gaben an, dass sie schon einmal für den Umgang mit ihrem Kind kritisiert wurden. Weitere 72 Prozent davon fühlten sich deshalb schon mal als schlechte Mutter. Das bedeutet zusammengenommen: 55 Prozent – mehr als die Hälfte – der Befragten fühlten sich wegen der Kritik durch andere schon mal als schlechte Mutter. Gleichzeitig wünschen sich 86 Prozent der Mütter mehr Toleranz und Unterstützung von Müttern untereinander.

Mehr Liebe, weniger Hass

Das Ziel verfolgen auch Carmen Lazos Wilmking und ihre Kolleginnen. „Wir sehen ein gesellschaftliches Problem, aber wollen es positiv angehen und zur Lösung beitragen“, so ihre Geschäftspartnerin Liz Sauer Williamson. Sie und Carmen Lazos Wilmking starteten daher die Kampagne #coolmomsdontjudge, um über das Mütter-Bashing im Internet und in der realen Welt aufmerksam zu machen. Ihr Ziel: eine öffentliche Debatte und hin zum “mom-loving“.